Ich hätte ja meinen heißgeliebten, alten VW-Bus benutzt, um in die Stadtmitte zu fahren, aber er war einfach zu langsam. Also schnappte ich mir den Porsche von Mom und sauste durch die Viertel. Zweimal hätte ich fast einen Unfall gebaut, aber ich hatte für die anderen Fahrer nichts anderes übrig als einen mit einem pinken Nagel lackierten Mittelfinger.
Mein Kopf kochte vor Wut und ich schlug immer wieder auf die Tasten des Radios ein, weil sie scheiß Musik spielten, wie Baby, go out with me tonight oder One-Night-Stand with Channing Tatum.
Zum Glück hatte ich diese blöden fünfzig Dollar für ein Ortungssystem für Handys hingeblättert, sonst könnte ich Mom nicht immer höchstpersönlich die Hölle heiß machen. Aber der hat nur ergeben, dass sie sich in ihrem ehemaligen Junggesellinnenapartment befand. Im Bett, mit einem Schwarzen Zwanzigjährigen.
Ich bog in die Rover Street ein und hielt mit einer Vollbremsung vor ihrem Haus. Ohne zu Parken zückte ich den Schlüssel und schloss den Porsche ab und das Haus auf. Mit einem Tempo von gefühlten 100 km/h stürmte ich das Treppenhaus nach oben und stieß diese scheiss Jungesellinnentür ihrer scheiss Junggesellinnenbude auf.
Das Erste, was ich dachte, war: "Fuck." Denn ich rutschte auf dem nassen Boden im Flur aus und legte mich voll auf die Fresse. Ich stöhnte schmerzerfüllt auf und verfluchte Mom. Dieses nasse Etwas war roter Wein, der nichtnur meine Nase zum Bluten gebracht hat, sondern auch meine weiße Shorts ruiniert hat.
"Aaargh!", schrie ich und rannte ins Schlafzimmer. Und da lag, wie erwartet, meine Lieblingsmom im Bett mit einem Schwarzen. Ich weckte den Mann mit meinem Geschrei, aber Mom war schon wach. Ihre Augen und Wangen waren mit Wimperntusche verschmiert, ihre Haare standen wirr vom Kopf ab. Sie musterte mich eingehend und ohne einen Mucks. Wir lieferten uns einen stummen Kampf mit giftigen Blicken und der Mann war offensichtlich verwirrt. Er schnappte sich seine Klamotten und verschwand ohne ein Wort in den Hausflur.
"Du bist eine beschissene Mutter!" Die letzten zwei Wörter schrie ich. Sie zuckte zusammen und griff nach dem Glas Wein, dass auf ihrem Nachttisch stand. Er war bestimmt schon abgestanden, aber sie exte ihn vor meinen Augen. Ich konnte es nicht fassen, was sie sich da erlaubte. Ich schlug ihr das Glas aus der Hand und es zersprang in tausende, kleine Glassplitter. Sie musterte mich immernoch, aber jetzt aus zusammengekniffenen Augen.
"Du hast bestimmt noch von letzter Nacht zwei Flaschen Cherryvodka intus. Schlaf deinen Rausch aus, du Möchtegern-Teenie.", zischte ich sie an.
So hatte ich noch nie mit ihr geredet. Wir waren immer eine Vorzeigefamilie gewesen, bis Dad unseren Alltag durch seinen Tod völlig aufmischte. Die ganzen Nächte die sie feiern war, waren die schlimmsten. Sorge, Wut und Angst sammelten sich in mir die letzten Monate. Und nun ließ ich die Bombe platzen.
"Du gehst immer weg, ohne etwas zu sagen. Das ist... kacke!", fügte ich hinzu und mein Gesicht war ganz heiß. Mom griff nach der Whiskeyflasche, die auf dem Boden stand und trank einen großen Schluck. Sie verzog das Gesicht zu einer Grimasse und las angeekelt die Aufschrift der Flasche.
"Als du an Dad's Trauerfeier nach San Francisco abgehauen bist, bin ich dir auch nicht hinterhergefahren und hab dir was vorgeworfen.", erwiderte Mom mit kratziger Stimme und sah mich kritisierend an.
"Ich muss mir sowas nicht anhören und ansehen. Wie meine angekotze und vollgesoffene Mom einem Fremden einen Blowjob verpasst. Ich bin weg!", sagte ich und lief aus dem Zimmer, raus in den Hausflur und aus dem Haus.
Mom stand oben am Fenster und blickte böse auf mich herunter.
Sie sah wie eine dieser Assibratzenmütter aus, die in Realityshows vorkamen.
"Warum fährst du meinen Porsche? Lass ihn gefälligst hier stehen!", rief sie fassungslos.
"Ich denk nicht mal dran!", schrie ich und öffnete die Fahrertür.
"Fröhlichen, beschissenen Valentinstag!", rief Mom noch und beugte sich soweit über die Reling, dass aus der Flasche in ihrer Ellenbeugen ein bisschen Alkohol nach unten tropfte.
"Heute ist Muttertag, man!", verbesserte ich sie wütend und schlug die Fahrertür etwas zu fest zu. Ich steckt den Schlüssel ins Zündschloss und sauste die Rover Street runter.
Ich wusste nicht mehr, was ich tun sollte. Das Mom das Thema San Francisco angesprochen hatte, wunderte mich sehr.
Als Dad's dreitägige Trauerfeier war, restaurierte ich den alten VW-Bus von Dad und fuhr die Küste rauf bis nach San Francisco. Ein kleiner Teil meines Ersparten ging für Hotels, Essen und Tanken drauf. Und Autolackfarben. Ich verbrachte drei Tage in San Francisco auf einem Autocampingplatz zwischen Farben, Hippies und Marihuana. Einige von den Hippies bemalten den VW-Bus mit mir in den buntesten Farben und schönsten Mustern. Und an jedem Abend rauchten wir Joints in meinem Bus.
Diese Menschen, dieses Zeit, alles in San Francisco hatte mich vergessen lassen, warum ich dort hingekommen war. Ich hatte 200 Dollar und all meine Aufopferung für den Bus gegeben und eine aufgebrachte Mutter und einen schönen Bus voller Erinnerungen bekommen.
Als ich zuhause ankam, zog ich mir ein neues paar Shorts an und versuchte verzweifelt, die Rotweinflecken aus der Shorts zu kriegen. Ich rubbelte und wischte und kratzte. Und damit machte ich alles nurnoch schlimmer. Der Fleck wurde größer und rosa. Wirklich toll gemacht, Leslie.
Ich probierte es mit Fleckenteufel, Seife und was sich sonst so alles in einem Badschrank finden ließ. Nach einer halben Stunde gab ich auf und musste mir eingestehen, das meine geliebten Shorts hin waren.
Mit meinen rosa Shorts in der Hand stapfte ich in Willows Zimmer. Sie lag auf ihrem Bett und las einen Liebesroman. Auf ihrem Nachttisch sammelte sich ein Berg aus verrotzten Taschentüchern an. Willows Augen waren rot und ein bisschen angeschwollen. Mit trüben Blick sah sie von ihrem Buch auf. Ich hielt meine versauten Shorts in die Luft und machte ein gequältes Gesicht. Willow grinste leicht schadenfreudig.
"Ich glaube, wir beide könnten gerade eine fette Shoppingtour vertragen."
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Summer Road Trip
AdventureLeslie hat die Schnauze voll von ihrem Leben. Sie will etwas erleben und sich der traurigen Stimmung von Zuhause entreißen. Sie restauriert den alten VW-Bus ihres verstorbenen Vaters und macht sich auf ein Abenteuer ins Ungewisse. Sie macht mit alte...