Kapitel 6

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Als wir mit Essen fertig waren, räumten wir alles auf und dann zogen wir uns um, da wir noch etwas Fußball hinterm Haus spielen wollten und dafür war ein Jumpsuit eindeutig ungeeignet.
Ich band meine schwarzen Haare zu einem Pferdeschwanz und als ich aus dem Bad kam, hielt Emma die Kamera ihres Handys auf mich und ich winkte einmal, da ich keine Ahnung hatte, was sie vorhatte.
Sie grinste und beendete das "Video".
„Was hast du gemacht?", fragte ich sie lachend. „Ein TikTok", antwortete sie grinsend und hielt mir ihr Handy hin.
Es sah sehr lustig aus, wie ich plötzlich ins Bild marschierte.
Ich hab weder Insta noch TikTok oder Snapchat und auch kein Twitter oder Facebook. Bis jetzt habe ich es auch nicht gebraucht. Liv hatte Insta und TikTok und wenn wir was schauen wollten oder ich etwas wissen wollte, reichte es mir immer völlig aus, bei ihr zu schauen.
Ich bin sowieso nicht so der Markenklamotten-und-Schminki-Schminki-hier-und-teures-Handy-und-Handtäschchen-dort-Typ, was aber auch garantiert dadurch bedingt war, dass ich mit vier Jungs in der Familie aufgewachsen war und zudem auch noch das Sandwich-Kind bin.
Ich habe ein Handy, dessen Marke eigentlich niemand kennt, was mich aber nicht stört. Es funktioniert und ich komme gut damit klar, mehr brauch ich nicht, außer Spotify, davon bin ich abhängig. Ich glaube ohne Spotify würde ich nicht überleben.
Wir machten dann noch eins zusammen und Emma postete es mit dem Hashtag #vår utvekslingsstudent was auf Englisch "unsere Austauschschülerin" hieß, wie sie mir erklärte.
Ich fand es total krass, dass Emma mit neun Jahren schon ein I Phone besaß und auch so ohne weiteres auf TikTok und Insta unterwegs war.
Dann gingen wir raus, um Fußball zu spielen.
Als wir eine viertel Stunde gespielt hatten, kam plötzlich Liv auf mich zugerannt. „Lou, hey Lou!", schrie sie und winkte wie verrückt.
„Was ist denn passiert?", fragte ich sie verwirrt auf Deutsch. „Nichts, darf ich mich nicht freuen, wenn ich meine beste Freundin sehe?", schmollte sie etwas. „Doch klar", antwortete ich schnell und umarmte sie. „Darf ich vorstellen, dass ist Emma, die kleine Schwester, meiner Austauschschüler", fuhr ich, nun wieder auf Englisch, fort.
Liv riss kurz die Augen auf und wollte etwas sagen, doch sie überlegte es sich plötzlich anders. Was ich nicht sah, war, dass Emma hektisch versuchte, mit Handzeichen zu zeigen, dass sie nichts sagen sollte. Dann stellte Linnea sich mir vor und währenddessen unterhielten sich Emma und Liv hinter mir angeregt, aber ich konnte nicht verstehen, was sie sagten und ich dachte mir auch nichts dabei.

Ich unterhielt mich etwas mit Lin - Linneas Spitzname - , die wirklich nett war. Schließlich tauschten wir Nummern aus und kurz darauf kamen auch Emma und Liv wieder zu uns.
„Weißt du eigentlich schon das Beste?", fragte mich Liv da plötzlich. „Wenn du mir sagst, was das Beste ist, kann ich dir sagen, ob ich es schon weiß oder nicht." „Wir sind Nachbarn", jubelte sie los und zeigte auf das Haus neben dem von Emmas Familie. „Da wohnen wir." „Wie cool", freute ich mich und umarmte sie wieder.
Wir setzen uns zu viert auf einen Baumstamm, der im Garten lag und unterhielten uns etwas bis eine, mir sehr bekannte Stimme auf Deutsch rief: „Lou, Liv huhu!" Es war Fabi und neben ihm standen Jacob, Finn und die Austauschschüler der drei.
Wir winkten ihnen zu und sie kamen zu uns. Wir machten eine kurze Vorstellungsrunde und danach wusste ich, dass Jacobs Austauschschüler Luca hieß und die beiden gegenüber von Liv und uns wohnten. Finns Austauschschüler hieß Nils und der von Fabi Sven. Finn und Fabi wohnten zwei Straßen weiter, aber auch nebeneinander, was voll der Zufall war.
Tja, die Einzige, die ihre Austauschschüler nicht vorstellen konnte, war ich, aber ich hatte ja Emma, die für mich inzwischen schon wie eine kleine Schwester war, aber eine liebe und kein bisschen nervige kleine Schwester und ich wusste schon, dass ich sie, wenn ich wieder daheim sein würde, total vermissen würde.
„Sag mal Liv, hast du eigentlich dein Einrad dabei?", fragte Finn plötzlich. „Ne, aber frag doch Lou, so wie ich sie kenne, hätte sie sogar ihr Trampolin mit eingepackt, wenn es gegangen wäre", lachte Liv und ich streckte ihr die Zunge raus.
Als Liv das Trampolin erwähnte, fiel mir wieder ein, dass mein Trainer sich bald mal melden müsste, wie es jetzt hier in Norwegen weitergeht.
Klar hatte ich mein Einrad dabei und natürlich hätte ich auch total gerne mein Trampolin mitgenommen, aber das ging ja schlecht, schon das mit dem Einrad war kompliziert gewesen.
Naja, bald würde ich wohl wieder ein Trampolin haben.
„Jap, klar hab ich es dabei." „Cool, willst du es nicht mal holen?", fragte Jacob. „Och nö, muss das sein?" „Ne, irgendwann wirst du es uns schon noch zeigen, oder?", fragte Nils und ich nickte.
Ich hasse es, etwas vor anderen zu zeigen, genauso, wie über mein Asthma oder meine Allergien zu reden. Irgendwann gingen die Jungs dann wieder und kurz darauf sind auch Liv und Lin wieder rübergegangen.
Emma und ich gingen rein und nachdem wir uns mal wieder umgezogen hatten - Sportsachen sind zum rumlümmeln nicht gerade bequem - setzten wir uns aufs Sofa im Emmas Zimmer und Emma las mir Kommentare unter unseren TikTok vor:

OMG, sie hat so schöne schwarze Haare und diese grünen Augen!!! Krass 😍❤

Emma, deine TikToks sind wie immer echt der Hammer, du übertriffst dich mal wieder selbst😍😍😍😘

So ging das dann die ganze Zeit weiter...

Irgendwann kam auch Anne wieder. Sie hatte noch eingekauft, weshalb sie etwas später kam. Der Rest des Tages verlief ziemlich unspektakulär.
Abends brachte ich Emma ins Bett und bevor ich selbst oben im Bett verschwand, setzte ich mich noch kurz mit Anne zusammen und wir unterhielten uns etwas. Danach legte ich mich auch hin.
Ich war kurz vor dem Einschlafen, als es zaghaft an meiner Tür klopfte. „Ja?", murmelte ich. Emma kam barfuß zu mir getapst und fragte mich schüchtern: „Ich kann nicht einschlafen, kann ich bei dir schlafen?" „Klar", erwiderte ich, hob meine Decke an, Emma kuschelte sich an mich und bevor ich bis drei zählen konnte, war sie eingeschlafen. Ich musste lächeln und schlief schließlich auch ein.

Meine beste Freundin, die Twinstars und ich *wird überarbeitet*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt