Das Essen, eigentlich war es nur ein Appetitanreger, bestand aus Delikatessen, die keiner der Jugendlichen je gesehen hatte. Danach verließ sie Präsidentenfamilie schweigend den Raum, auch während der gesamten Mahlzeit hatten sie kein Wort gesagt, und derselbe Mann, der sie eben noch hier hinein geführt hatte, ging den Schülern und ihren Aufsehern wieder voraus.
"Ich glaube, jetzt kommt der eigentliche Sinn dieser Reise", flüsterte ein Mädchen hinter Leah nervös. Rebekah und einige andere, die das Mädchen gehört hatten, nickten, sie alle waren dieser Meinung. Und dann starrten alle nur noch auf den Boden und die Gespräche verstummten langsam, jeder wusste wie viel davon abhing, in ein paar Minuten zu beweisen, gut zu sein. Das war dieser Moment, der den Rest ihres Lebens bestimmen würde.
"Geht es dir gut, du siehst ein bisschen blass aus", fragte Rebekah.
"Nein, alles okay. Ich bin nur ein bisschen angespannt". Rebekah nickte beruhigt und konzentrierte sich wieder auf den Weg. Schließlich hielten sie vor einer breiten Eisentür, weil der Mann, der ihnen den Weg zeigte, erst noch den richtigen Schlüssel finden musste. Endlich, nach einer gefühlten Ewigkeit, fand er ihn, und konnte aufsperren. Was sie drinnen fanden überraschte Leah nicht. Mit etwas ähnlichen hatte sie gerechnet. Sie standen inmitten einer Waffenkammer.
"Hier findet ihr alle Sachen, die ihr brauchen werdet. Jeder legt sich bitte einen Schutz an, seine Waffen darf er sich selbst aussuchen. Wenn alle fertig sind, gehen die ersten fünf durch die Tür dort hinten. Die anderen warten, bis die fünf wieder zurückgekommen sind, dann gehen die nächsten fünf", erklärte der Mann bevor er den Raum, gemeinsam mit den Aufsehern verließ.
"Was soll ich nur für Waffen nehmen? Hier ist so wenig Auswahl. Ein Messer, und was noch?", Leah musste Rebekah zusehen, die verzweifelt hin und her rannte, ratlos, mit was sie sich am besten verteidigen würde können. Alle hier hatten jetzt, so kurz davor, Angst. Draußen würde sie gegeneinander kämpfen müssen, und nur die Besten würden auf die Offiziersschule kommen. Der Traum von allen Kriegern. Denn Offiziere hatten das Recht auf eine Familie, auf ein Privatleben, was der Rest nicht von sich behaupten würde dürfen. Deshalb war es für alle so wichtig, zu gewinnen, wenn sich schon so weit gekommen waren, überhaupt hier sein zu dürfen. Überhaupt die Chance zu bekommen.
"Beruhig dich doch bitte, Bek, du gewinnst nichts, wenn du dich verrückt machst, nimm einfach die blaue Pistole dort drüben", meinte Leah zu ihrer beste Freundin und hielt ihr die Pistole hin. Eine echte Pistole war nicht erlaubt bei den Wettkämpfen, man sollte schließlich niemanden umbringen, es war ein Elekro-Schocker, ein ziemlich starker. Trotzdem sah Rebekah sie zweifelnd an, während sie zögernd die Waffe annahm. Sie wusste, dass sie ideal für sie war. Rebekah war sehr schlecht im Nahkampf und so musste sie nicht zu nahe an ihre Gegner heran, aber die Waffe hatte auch einen großen Nachteil, sie konnte damit nur zwei Schüsse abgeben.
"Wer will als erster gehen?", fragte ein Mädchen, das Leah nur vom Sehen kannte. Sofort meldeten sich ein paar, die es nicht mehr aushielten noch länger zu warten.
Als sie zurückkamen bluteten sie alle, einige hinkten und sahen dabei sehr niedergeschlagen. Nur ein Junge grinste stolz von einen Ohr zu anderen, der Gewinner von diesem Kampf, und zukünftiger Offizier.
Leah beschloss als nächstes hinauszugehen, weil sie das Warten satt hatte. Auf keinen Fall wollte sie gegen Rebekah kämpfen, weil die Beiden auf die Möglichkeit hofften gemeinsam auf die Offiziersschule zu dürfen. Sie hatte sich für einen roten Stab entschieden, er war ungefähr zwei Meter lang und fühlte sich sehr leicht an. Außerdem hatte sie ein Messer mit, falls ihr ein Gegner zu nahe kommen würde, als dass sie den Stab benutzen würde können.
Mit hocherhoben Kopf und einen siegessicheren Lächeln trat sie hinaus, größtenteils um ihre Gegner zu verängstigen. Sie traten auf einen weitläufigen Rasen mit einer Tribüne auf einer Seite, auf der die Präsidentenfamilie saß, und knappe einhundert anderer Zuseher. Brav klatschten sie, als sie ihrer ansichtig wurden und warteten gespannt darauf, ihre Fähigkeiten bewundern zu dürfen. Sieger wurde in so einen Kampf derjenige, der als Gewinner unter den fünf Konkurrenten hervorging, außer der Präsident erhob Einspruch. Dann konnte es keinen, oder auch zwei Sieger geben. Wenn alle sehr schwach waren, oder zwei so stark, dass es beide verdient hatten, auf die Offiziersschule zu gehen.
Sie gingen in ihre Aufstellung in einen Kreis und warteten auf das Signal von einem Schiedsrichter, der eigentlich nur die Aufgabe hatte, dafür zu sorgen, dass niemand getötet wurde. Sonst gab es keine Regeln. Sieger war der, der die schwarze Fahne, die in der Mitte des Kreises auf einer hohen Stange gehisst war, feierlich dem Präsidenten überreichen konnte.
"Jetzt kämpft", brüllte der Schiedsrichter und alle stürmten gleichzeitig auf die Fahne zu. Strategisch die Sache anzugehen, war keine so gute Idee, man wollte sie kämpfen sehen und nicht denken. Leah nahm sich ein schlaksiges großes Mädchen vor, Anna, ging in die Offensive und wollte ihr mit dem Stab die Beine wegziehen um sie zum Stolpern zu bringen. Sie sprintete auf sie zu und hob den Stab, als versuchte sie Anna an der Schulter zu treffen. Im letzten Moment änderte sie die Richtung, aber Anna reagierte schnell. Sie wehrte ab, indem sie ein Schwert hochriss, und Leah den Schwung nahm. Mit einer geschickten Drehung brachte sie sich außer Reichweite von Leah um den nächsten Angriff zu planen. Währenddessen kämpften auf der anderen Seite des Kreises zwei Jungen und ein anderes Mädchen. Leah schnellte vor, führte wieder ein perfekt durchgedachtes Täuschungsmanöver durch. Sie umklammerte ihren Stab an einer Seite und streckt ihn so von ihren Körper weg, als versuche sie Anna zu durchboren. Anna duckte sich, wie Leah es erwartet hatte und sie selbst führte den Stab keine Sekunde zu spät zum Boden und sprang über Anna. Wie ein Athlet in der Disziplin Hochsprung. Sie landete hinter der perplexen Anna, schlang ihren Arm um den Hals ihrer Gegnerin und zog sie auf den Boden. Gleichzeitig zog sie ihr Messer, um es Anna in ihren Bauch zu rammen. Mit so einer Verletzung wäre sie unfähig gewesen, noch weiter im Kampfgeschehen mitzumischen. Nur leider machte ihr das blonde Mädchen da einen Strich durch die Rechnung. Kaum hatte Anna die Situation eingeschätzt, zielte sie auf Leahs Gesicht und traf sie genau am Kinn. Den kurzen Moment des Schmerzes, in dem Leah ihren Griff lockerte, nutzte sie dann aus, wieder auf die Beine zu springen. Nachdem Leah es ihr gleichgetan hatte umkreisten sie sich wieder.
Diesmal war es Anna, die zuerst angriff. Sie zog ein Messer und warf. Noch während sie das tat zog sie ein zweites, das dem ersten nur einen Wimpernschlag später folgte. Leah schaffte es zwar dem ersten Messer auszuweichen, das zweite aber traf. Dann spürte sie den Schmerz. Bis zum Haft steckte das Messer in ihren Oberschenkel. Triumphierend kam Anna jetzt näher, in Gewissheit des Sieges, zumindest über diesen Zweikampf. Ein Messer im Bein, damit war es beinahe unmöglich weiter zu kämpfen. Anna hob ihre Hand und stieß Leah damit fest gegen die Schulter. Er war so hart, dass sie nach hinten kippte, auf den Boden, und einen schmerzerfüllten Stöhner ausstieß. Kaum drehte Anna ihr aber den Rücken zu, um sich den anderen zuzuwenden, rappelte sich Leah wieder auf.
"Anna", schrie sie und schlug ihrem Gegenüber den Stab so fest in die Seite, dass sie zur Seite stolperte. Was sie dann sah, ließ sie niedergeschlagen auf den Boden sinken. Ein Junge übergab dem Präsidenten gerade die Flagge. Ihr Kampf war also umsonst gewesen. Der Junge hatte sich bestimmt gefreut, dass sie abgelenkt gewesen waren und er nur mit zwei anderen Kämpfern hatte fertig werden müssen. Wie dumm hatte sie nur sein können, die anderen einfache zu vergessen und ihre Aufmerksamkeit nur auf Anna zu lenken.
Die Menge klatschte wieder artig, die Frau des Präsidenten gratulierte ihm und der Schiedsrichter trug seinen Namen auf eine Liste ein. Während all dem saß Leah nur betäubt auf dem Boden, ihre eigene Familie konnte sie vergessen. Alles war umsonst gewesen. Außer natürlich der Präsident fand, dass sie auch gut genug gewesen war, um Gewinnerin zu werden.
Und dann stand er tatsächlich auf.

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Leah
Fiksyen RemajaEine neue Ordnung bestimmt das Leben der Menschen. Europa hat sich verändert, ein Präsident in der Rolle eines Diktators schafft es die Menschen zu beherrschen, dank seiner loyalen Krieger und der zahlreichen modernen Technologie, die die Menschen z...