Kapitel 2

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Maroon 5 ~ Cold (feat. Future)

Sonntag, 20. August

"Louisa Emilia Fourcade! Wach endlich auf! Die russische Revolution wartet auf uns!", brüllte ich der Schlafmütze ins Ohr. Es war Sonntag, 9:00Uhr morgens. Ich war seit einer Stunde wach und habe die Hälfte damit verbracht, schon ein paar Informationen für unser Referat rauszusuchen und Frühstück zu machen. Doch Lou schlief immer noch wie ein Stein. Dieses Mädchen war unfassbar. Neben uns könnte eine Bombe einschlagen und sie würde nicht aufwachen. Nach weiteren 3 erfolglosen Versuchen war ich es leid, es auf die nette Art zu probieren. Schnell rannte ich ins Badezimmer und füllte einen kleinen Becher mit Wasser. "Du hast noch eine einzige Chance. Wach jetzt auf, denn sonst landet das Wasser in deinem Gesicht.", sagte ich zur Schlafmütze, als ich zurück in meinem Zimmer war. "5...4...3...2...1...", zählte ich langsam runter und drehte den Becher um. Ein lautes Platschen und ein erschrockener Schrei waren die Folge. "Ist das dein Scheiß Ernst? Es ist 9:00Uhr morgens!", motzte Lou mich nach einem Blick auf den Wecker an. "Richtig, wie schön, dass du es auch schon bemerkt hast.", gab ich sarkastisch zurück. "Jetzt zieh dich an, ich will heute noch fertig werden." "Nagut. Gib mir 10 Minuten.", sagte sie mürrisch und schlurfte ins Bad.
"Wollen wir das Handout nach der PowerPoint-Präsentation ausgeben, oder davor?", fragte ich Lou am Ende. Inzwischen hatten wir eine halbe Stunde gearbeitet. Jetzt machten wir nur noch den letzten Schliff. "Davor ist besser. Da können sich alle Notizen machen und es meckert keiner rum, wenn sie ein Wort nicht verstanden haben. Glaub mir, ich weiß, worauf es ankommt.", versicherte mir Lou. Meine Mundwinkel zuckten leicht nach oben. "Sagt diejenige, die bei allen Referaten einschläft.", lachte ich. "Nur bei denen, die wirklich langweilig sind.", verteidigte sie sich. "Jaja, wie du meinst.", erwiderte ich immer noch glucksend.

Nach dem Frühstück beschlossen wir, in den Bryant Park zu gehen. An einem Sonntag war der Verkehr in Manhattan einigermaßen erträglich und wir brauchten zu Fuß nur sieben Minuten. Im Park angekommen, breiteten wir eine Decke aus, auf die wir uns legten. Ich blickte gen Himmel, lauschte dem Zwitschern der Vögel und unterhielt mich mit Lou über Gott und die Welt. "Wie geht es deiner Schwester?", fragte ich Lou nach einiger Zeit. Da sie nichts erwiderte, drehte ich mich vorsichtig in ihre Richtung. Lou hatte die Lippen zusammengepresst und blickte sturr gerade aus. Ihre 3 Jahre ältere Schwester Anna lag seit einem Monat im Krankenhaus. Es gab bei der Geburt ihres Kindes Komplikationen, was Anna sehr zugesetzt hat. Bei ihr wurde eine seltene Gebärmuttererkrankung festgestellt, die sie viel Blut verlieren lies. Seit diesem Tag gab es ständig neue Probleme die auftraten und die Ärzte meinten, dass es 2 Monate dauern würde, bis Anna ohne Risiko nach Hause gehen konnte. Ihrer Tochter Pauline ging es gut, Anna's Freund Martin kümmerte sich um sie. Doch Lou nahm es immer noch sehr mit, da Anna mehr als nur ihre Schwester war. "Ihr Zustand ist immer noch unverändert. Martin ist total fertig. Pauline hält ihn ganz schön auf Trab, so als würde sie wissen, dass jemand fehlt...", erzählte Lou schließlich zögernd. Ich schloss sie in eine Umarmung. Ich konnte es nicht ertragen, sie traurig zu sehen. Wir blieben einige Minuten still so sitzen, bis ich mich von ihr löste und aufstand. "Ich sehe mal nach, ob es hier irgendwo etwas zu trinken gibt. Bin in 10 Minuten wieder da.", sagte ich und lächelte Lou leicht an. "Tu das. Bis gleich.", erwiderte sie und ließ sich zurück auf die Decke sinken. Ich lief zur Mitte des Parks und kam an einem kleinen Kiosk an. Wie nicht anders zu erwarten, war er geschlossen. War schließlich Sonntag. Na toll.

Genervt verdrehte ich die Augen und wirbelte auf dem Absatz herum, um wieder zu Lou zu gehen. Leider bemerkte ich die Person vor mir zu spät und lief genau in diese hinein. Unsere Körper prallten aneinander und ich spürte eine eiskalte Hand auf meinem nackten Oberarm. Ich blickte nach oben und sah in zwei dunkelbraune Augen, die mich anstarrten. "Du schon wieder. Dir macht es wohl Spaß, in mich hineinzulaufen, oder?", feixte Justin und zog seine Hand zurück. Auf meinem Arm blieb eine leichte Kälte zurück. Es war Mitte August und mir war kalt. Bevor ich antwortete, musterte ich ihn. Seine Haare waren leicht gewellt und vom Wind etwas zerzaust. Doch es sah alles andere als schlecht aus... "Ich kann mir zwar Besseres vorstellen, aber wenn es dir damit besser geht...", erwiderte ich dennoch und löste meinen Blick von seinem. Ich trat einige Schritte zurück und wollte anschließend an ihm vorbei. Doch Justin machte mir einen Strich durch die Rechnung und versperrte mir den Weg. Ich seufzte lautstark und sah ihn genervt an. "Was ist?", brummte ich. "Was wolltest du hier? An einem Sonntag hat der Kiosk nicht geöffnet.", antwortete er und heftete seinen Blick wieder auf mich. Ich sah ihn verwirrt an. Was interessierte es ihn, was ich wann, wo, wie mache? "Dasselbe könnte ich dich fragen. Aber da es mich nicht interessiert, wünsche ich dir noch einen schönen Tag und gehe jetzt.", sagte ich falsch lächelnd und drängelte mich an ihm vorbei. Dabei streifte seine Hand erneut meinen Arm. Ich erschauderte. Der Junge sollte sich echt mal eine Jacke überziehen. "Wir sehen uns!", rief Justin mir hinterher. Wovon träumte der nachts? Ich entfernte mich von ihm und schaute noch ein einziges Mal verstohlen über meine Schulter. Er sah mir nach und als er erkannte, dass ich mich zu ihm umgeschaut hatte, legte sich ein Grinsen auf sein Gesicht. Schnell richtete ich meinen Blick wieder nach vorne. Der sollte bloß nicht auf falsche Ideen kommen.

"Emma, hast du eine Uhr?", fragte mich Lou betont ruhig, als ich an unserer Decke ankam. "Ja, wieso?", gab ich etwas verwirrt zurück. "Benutz' sie dann auch. Du bist schon wieder zu spät. Und etwas zu trinken hast du auch nicht dabei. Große Klasse.", schnaubte sie angesäuert. "Sorry, die Gegend war so spannend." "Pffhhh.", streckte Lou mir die Zunge raus. Ich tat es ihr gleich und pflanzte mich neben sie. Mein Augenrollen hielt ich zurück, Lou schien mal wieder einen ihrer schlechten Tage zu haben. Kaum hatten wir es uns wieder einigermaßen bequem gemacht, fing es tatsächlich an, zu regnen. "Och nö. Und das an einem Sonntag.", meckerte ich. "Das Wetter stellt sich wahrscheinlich schon auf Montag ein.", grummelte Lou. Wir packten schnell unsere Sachen zusammen und rannten zu einer Busstation. Auch wenn wir nur sieben Minuten bräuchten, wer läuft schon gerne durch Regen?

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Mögt ihr Regen?

(Das Hinweisen auf Rechtschreib- und Grammatikfehler ist erwünscht)

my hidden demons Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt