Kapitel 9

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Rihanna ~ Impossible

Mittwoch, 30.August

Seit zwei Tagen ignorierte ich Justin und das zurecht, wie ich fand. Es kostete mich viel Kraft, mich im Deutschunterricht nicht zu ihm umzudrehen oder in den Pausen nicht seinen Gesichtsausdruck zu sehen. Doch ich wusste, dass es besser so war. Denn wenn ich Justin nicht anschaute, bewahrte ich mich davor, an die Stunde im Bryant Park zu denken. Ich war der festen Überzeugung, dass wir einen Moment geteilt hatten, der für uns beide irgendwie magisch war. Dass er ebenfalls diese Harmonie zwischen uns gespürt hat, als er meine Umarmung erwiderte. Ich war den kompletten Weg zurück zur Schule immer in Gedanken daran, wie sich seine Arme perfekt um meinen Körper wandten und wie sein Duft mir meinen Verstand raubte. Doch diese Glückseligkeit, die mich durchlief, wurde augenblicklich ausgelöscht. Genau dann, als Justin an der Eingangstür zum Schulgebäude stand und mir mit diesem kalten Blick zu verstehen gegeben hat, dass es in ihm keinerlei Gutes hervorgerufen hat. In diesem Moment war etwas in mir zerbrochen. Ich erinnerte mich genau an seine dunkelbraunen Augen, die wortwörtlich schwarzen Löchern glichen. Justins Worte schwirrten mir seitdem ununterbrochen im Kopf umher. Das, was eben war, bleibt unter uns. In diesem Augenblick wollte ich ihn fragen, wieso. Ich wollte wissen, wieso es niemand erfahren sollte. Was war an der Vorstellung so schlimm, dass er mir geholfen hat? Doch in den paar Sekunden, in denen ich ihn anstarrte, wurde mir etwas bewusst. Ich hatte Justin bereits einmal meine Schwäche sehen lassen und das würde mir nicht noch einmal passieren. Wenn er diese Distanz zwischen uns haben wollte, würde ich ihm nicht im Weg stehen. Deshalb antwortete ich auf seine Worte mit all der Kälte in der Stimme, die ich aufbringen konnte. Ihm ins Gesicht zu sehen, brachte ich nicht über mich und darüber war ich wütend. Wütend auf Justin und auf mich. Nach meinem Abgang und dem Abstand, den ich somit von Justin hatte, drängte sich der Alltag wieder in den Vordergrund. Ich war so durcheinander, dass ich mehrere Sekunden brauchte, um mich daran zu erinnern, was für Unterricht ich hatte. Luke und Louisa sahen mir beim Betreten des Raumes mit einer Mischung aus Skepsis und Erleichterung entgegen. Alles, was ich zustande brachte, war ein leichtes Heben meiner Mundwinkel. Lou fragte mich, was passiert war und ich versprach, ihr alles zu erklären, wenn wir bei mir wären. Als Luke mir einmal seine Hand auf meine Schulter gelegt hat und mich sanft anlächelte, breitete sich ein neues Gefühl in mir aus. Eine Mischung aus Scham und schlechtem Gewissen. Dabei war mir nicht ganz klar, weshalb. Doch als ich Lou darauf ansprach, als wir Montagnachmittag Hausaufgaben bei mir machten, hatte sie eine Vermutung. Sie meinte, dass ich Angst davor hatte, wie Luke reagieren würde, wenn er die Situationen mit Justin mitbekam. Ich hatte ihr jede einzelne Begegnung mit Justin erzählt. Als ich sie fragte, weshalb das Luke irgendwie stören sollte, meinte Louisa, dass er sich hintergangen fühlen könnte, da er mich anscheinend sehr mochte. Ich tat ihre Theorie allerdings ab. Dieses komische Gefühl musste von Justins Worten kommen.

"Emmachen, willst du noch etwas Obstsalat, bevor du losgehst? Es ist noch etwas übrig.", holte meine Mutter mich aus meinen Überlegungen und deutete auf die Schüssel, die auf dem Tisch stand. "Nein, iss nur. Ich muss leider sofort los, ich hatte Louisa gestern versprochen, ihr noch eine Brezel aus der Bäckerei mitzubringen.", winkte ich ab und gab meiner Mutter zum Abschied einen Kuss auf die Wange. Mein Vater hatte die halbe Nacht durchgemacht und konnte deshalb noch schlafen. Der Glückliche. "Grüß sie von mir.", rief meine Mutter noch, kurz bevor die Haustür ins Schloss fiel. Als ich auf den Bürgersteig trat, blickte ich Richtung Himmel, der von großen grauen Wolken bedeckt war. Hoffentlich begann es nicht zu regnen, da ich keinen Regenschirm dabei hatte und mein weißes, mit einem breiten Ledergürtel versehenes, Sommerkleid sonst wie ein Sack an mir herunter hingen würde. Kurz überlegte ich, noch einmal rein zu gehen, doch nach einem Blick auf die Uhrzeit sprintete ich zur Bäckerei. Nachdem ich eine Brezel ergattern konnte, bog ich auf unseren Schulhof ein und betete, nicht auf Justin zu treffen. Leider schien Gott zu wissen, dass ich nicht an ihn glaubte, und ignorierte meinen Wunsch, da ich tatsächlich nur Justin vorfand. Ich seufzte innerlich und verfluchte Lou dafür, noch nicht da zu sein. Missmutig trat ich zur alten Eiche, seinen Blick auf mir deutlich bewusst. Doch statt ihn zu beachten, kramte ich mein Handy hervor und beschäftigte mich damit, auf Insta durch verpasste Beiträge zu scrollen. "Wie lange willst du mich noch ignorieren?", seufzte Justin genervt. Weshalb war er denn jetzt genervt? Er hatte am aller wenigsten Grund dazu, schließlich war er derjenige, der nicht wollte, dass jemand von unserer harmlosen Umarmung erfuhr. Ich musste mich beherrschen, ihn nicht anzuschnauzen und blickte weiterhin auf mein Telefon. "Verdammt, rede mit mir!" Wow, Geduld besaß der Typ wohl nicht. Ich schüttelte trotzig meinen Kopf, was Justin dazu veranlagte, mit seiner Hand mein Kinn zu umfassen und mich dazu zwang, ihn anzusehen. "Emma, antworte!" Ich konnte ihn nur geschockt anstarren, war wie gelähmt. Meine Atmung ging schneller, mir wurde augenblicklich kalt. Der Druck seiner Hand wurde stärker, so langsam war es unangenehm. Merkte er nicht, dass er mir wehtat? Ich musste wie ein verschrecktes Reh wirken, was seinem Jäger voller Panik in die Augen sah. Justins Augen kamen mir noch nie so kalt und dunkel vor. Der Ausdruck vor zwei Tagen war nichts im Vergleich zu diesem. "Du tust mir weh.", wisperte ich und hätte mich für diese Schwäche schlagen können. Doch im Moment konnte ich nicht anders.  Augenblicklich verschwand Justins Hand und er taumelte etwas zurück. "Oh Gott, Emma. Es tut mir leid.", sagte er leise, kratzte sich am Nacken und wandte seinen Blick von mir ab, während ich ihn nur weiter anstarren konnte. "Bekomm dein Temperament in den Griff, anstatt meinen Hals.", sagte ich monoton und quetschte mich an ihm vorbei. Mir war es total egal, dass ich mich mit Lou treffen wollte, ich konnte nur daran denken, von Justin wegzukommen.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Nov 13, 2018 ⏰

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