- T.H.R.E.E -

79 5 4
                                    

Ich kam einfach nicht drauf.
Inzwischen hatte es schon geklingelt und wir mussten uns gezwungenermaßen ins Gebäude begeben.

Philipp. Warum kam mir sein Name nicht bekannt vor, aber sein Gesicht. Ich ging alle Bar's durch in denen ich in den Ferien war, aber nirgendwo tauchte da sein Gesicht auf.
Als Kaja mich fragte, ob alles in Ordnung wäre schob ich das Ganze erstmal auf meine Blackouts nach dem Trinken und nickte.

Die ersten Stunden hatte ich Englisch. Natürlich mit meinem Lieblingslehrer Herrn Kern.
Dann in der dritten hatten wir das Vergnügen mit der besten Lehrerin an der Schule, Frau Menzen und dann war erstmal Pause.
Wir setzten uns auf die Mauer gegenüber von dem Schulgebäude. Die war in irgendeinem komischen Blauton gestrichen worden. Eklig bunt.
Ich hielt die ganze Zeit über nach Philip Ausschau, aber ich sah nur seine Brüder.
"Wie heißen eigentlich Philips Brüder?", fragte ich.
Kaja schaute mich überrascht  an. Normalerweise interessierten mich ihre Boys nix und das wusste sie auch.
"Also der etwas größere heißt Fred und der andere-"
"-George", warf ich grinsend ein. Ja Harry Potter, das liebte ich.
"Nein",lachte sie, "Kilian".
Ich nickte und nach einer kurzen Pause:
"Kilian ist aber schon ein ziemlich hässlicher Name", behauptete ich.
Kaja zuckte nur mit den Schultern. "Genauso hässlich wie der Vater. Boar den musst du mal sehen. Ich glaube der hatte in seiner Pubertät ganz schlimme Akne. Verstehe gar nicht, wie da so gutaussehende Jungs bei rauskommen können."

Da musste ich ihr Recht geben. Sie sahen echt richtig gut aus. Sie hatten alle Dunkle, braune Haare und auch dunklere Augen, welche Farbe genau konnte ich bisher noch nicht erkennen.
So wie ich das auf dem Spielfeld erblickt hatte war Philipp der Größte, danach kam Fred und danach Kilian.

Mit dem Klingeln wurden wir aus unseren Gedanken gerissen und die wurden dann direkt in den Geschichtsunterricht mit Frau Lars umgeleitet. Da muss mal noch anmerken: nicest Person on earth!"

Nachdem es läutete und somit endlich, um 3:05Uhr der Unterricht beendet war verabschiedete ich mich von Kaja und machte mich mit meinem Fahrrad auf den nach Hause weg.

Bevor das Auto mich erfasste dachte ich gerade daran mir zwei Aspirin mit nem ordentlichen Schluck Berentzen runter zu spülen und wie ironisch das wäre.

Ich spürte einen enorm heftigen Schmerz in meiner Schulter  und dann wurde ich durch den Zusammenprall vom Rad gerissen. Jetzt schmerzte mein Kopf. Er schmerzte mehr als der schlimmste Kater je geschmerzt hatte.
Warum war es hier so hell? Sterbe ich jetzt?

Das letzte was ich dachte, bevor ich ohnmächtig wurde war, dass ich Glück gehabt habe nüchtern zu sein.

"...müsste, ja. Gedulden sie sich ein wenig."

"...dumm? Ich glaub es nicht!"

Ich hörte immer mal wieder Stimmen, aber ich konnte nie zuordnen wem sie gehören, weil ich von dem ganzen Morphin-Zeug (ich glaubte daran das es so  hieß) so benebelt war, dass ich es nicht mal schaffte eine Hand zu heben und schlief immer wieder ein.

Doch ein paar mal hatte ich klare Momente und ich hörte ein paar Ärzten mit Elli über meinen Zustand sprechen und dann war einmal Kaja da. Ich glaubte ihre Tränen auf meiner Hand zu spüren, aber als ich sie trösten wollet, kickten die Schmerzmittel wieder richtig in.
Aber ich öffnete nie meine Augen. Ich wusste nichtmal ob ich das konnte, aber ich probierte es auch nicht aus, denn es war angenehm Menschen zu lauschen, die nicht wussten, dass man einem zuhört. So komisch das auch klingt.

Ich war wach. Komplett da. Und ich hörte eine Männerstimme. Sie hörte sich wütend an und ich hatte sie schon mal hier an meinem Krankenbett gehört.
Sie war relativ tief und angenehm. Sau angenehm. Diese Stimme brachte mich dazu die Augen öffnen zu wollen, aber ich riss mich vorerst zusammen. Vorerst.

"...Bruder. Er hat manchmal seine Momente und ja, er hat dich fast umgebracht, aber ich hoffe, dass du ihm vielleicht verzeihen kannst, wenn du aufwachst."
Fast hätte ich nach Luft geschnappt, aber das hätte mich verraten.
Der Typ da redete mit mir!
"Und ich hoffe auch, dass du bald auffwachst. Allein schon wegen deiner Freundin. Die heult sich hier jeden Tag die Augen aus."
Es entstand eine kurze Pause.
"Warum...warum rede ich überhaupt mit dir?"
Das war der Moment, wo ich die Augen einen Spalt öffnete.
Ich sah wie eine männliche Person sich von dem Stuhl erhob und sich die Haare raufte.
Jetzt dreh dich doch um,man.
Doch das einzige, was ich noch zu erblicken bekam war ein Rücken und  dunkle,braune Haare.

Ich war leicht verwirrt. Warum redete eine fremde Person mit mir und...Moment.
Der Bruder der Person, die mich angefahren hat spricht mit mir. Warum? Was zur Hölle.
aber er wünscht sich, dass ich aufwache. Ein leichtes Ziehen in der Magengegend.
Ich öffnete die Augen nun ganz und lächelte der Decke entgegen.
Er wünscht sich, dass ich aufwache.

Nachdem ich fünf Minuten weiter dümmlich an die Decke gegrinst hatte, fiel mir ein, was er über Kaja gesagt hatte.
Ich wollte nicht, dass sie sich Sorgen um mich machte. Das musste sie schon zu oft. Mehrmals wegen einer halben Alkohol Vergiftung, dann vor ein paar Jahren hatte ich allen Ernstes versucht mich umzubringen, ist aber in einem Desaster in Form von Armgebrochen, geendet.
Ich war damals das reinste Wrack und Kaja hat mich wider aufgebaut. Dafür bin ich unendlich dankbar und für immer etwas schuldig.
Wir beide wissen zwar, dass ich immer noch zu viel saufe, aber ich bin auf einem "guten Weg", wenn man die Worte des Therapeuten so übernehme kann.

Plötzlich verspürte ich den dringenden Drang(hahaha lol, den dringenden Drang) auf die Toilette zu gehen.
Also stand ich auf und machte mich mit meiner Infusion am Arm auf den Weg. Da sie privat versichert war konnte sie in ihren Räumlichkeiten auf die Toilette gehen. Unnötig as fuck.
Sie hätte auch auf dem Flur aufs Klo gehen können, dann für  ein bisschen weniger Geld.
Naja.
Als  ich dann entspannt wie schon lagen nicht mehr auf dem Klo saß, hörte ich, wie jemand rein kam...und kurze Zeit später wieder mit hastigen Schritten rausging....und eine Minute später wieder reinkam. In Gesellschaft.
Ich hörte Elli aufgebracht reden.
"Jaja, ich habe das Bett so vorgefunden und-"
"Miss, haben sie schon mal auf der Toilette nachgeschaut?"
Miss?
Ich  zog mir schnell die Hose hoch, spütle ab und ging zum Waschbecken. Just in dem Moment ging die Tür auf und ein Mann in weiß trat ein. HInter ihm konnte ich das Gesicht einer aufgelösten Elli sehen.
Fragend schaute ich den Arzt an.
"Wie fühlen sie sich, Frau Kanz?" Ach, wie ich meinen Nachnamen hasste. Ich meine. Nancy Kanz.
"Ich fühle mich gut.  Ich konnte ohne Schmerzen aufstehen. Ich bin nur etwas müde."
Ich gähnte. Plötzlich war ich richtig  schlapp.
Der Arzt nickte. "Das liegt vermutlich an den Schmerzmitteln mit denen wir sie vollgepumpt haben", er lachte kurz auf.
Ich grinste kurz. Ich mochte Morphin. Könnte ich mich dran gewöhnen. Aber schnell verwarf ich den Gedanken. Jetzt nicht auch noch mit Drogen anfangen!

Ich schleppte mich in Richtung Toilettenausgang. Ich wollte mich einfach nur noch hinlegen. Oh mein Gott. Warum war ich denn wieder so müde, ich wollte wach bleiben.
Als der Arzt mich stützen wollte ließ er auf meinen Blick hin von mir ab.
Als ich bei Elli ankam überlegte ich kurz was ich machen sollte.
Dann umarmte ich sie. Nach kurzem Zögern umarmte sie mich zurück und das tat gut.
Als ich kurz davor war in ihren Armen einzuschlafen zog mich er Arzt sanft von Elli weg, aber ich war zu schwach um zu protestieren.
In meinem Bett angekommen schlief ich sofort ein. Ich merkte noch wie Elli mir die Decke überlegte.


Sober✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt