Ohne den Blick von den gigantischen Häusern abzulassen, meinen Mund aber schließend, folge ich dem Vierzehnjährigen in die Stadt. Jeff zeigt mir eine kleine Seitengasse, die ungestört, aber so bevölkert ist, dass ich mir gefahrlos ein Opfer aussuchen kann. Zwei Straßen weiter gibt es ein Krankenhaus, das bald abgerissen werden soll. Klischee – ich weiß –, aber perfekt für meine Zwecke. Während ich mich in besagter Seitengasse nach einem Opfer umsehe, geht sich Jeff the Killer „nur mal schnell was zu Futtern holen". Weg ist er. Wie er sich mit seinem Aussehen auf die Straße wagt, ist mir unverständlich. Aber egal. Ich warte. Und warte. Und warte. Als endlich jemand durch die Gasse kommt, werde ich fast wahnsinnig vor Gier. Die Suche nach dem „perfekten Opfer" habe ich vor etwa zwanzig Minuten aufgegeben. Ich will jetzt einfach nur töten. Vor zwei Jahren noch, als ich noch an meinen Regeln festgehalten habe, hätte ich nicht im Traum gedacht, dass ich einmal so werde. Nicht nur ein Sozio-, nein, jetzt auch noch ein Psychopath. Schade um meinen gesunden Menschenverstand. Argh, was fasele ich denn da vor mich hin? Er entwischt mir noch! Das Opfer ist ein Junge, vielleicht so alt wie Jeff, vielleicht etwas jünger. In der Tasche meiner Weste greife ich das Messer, das mir der kleine Killer geborgt hat. Dann geht es los. Mit weichen Bewegungen folge ich dem Jungen und ein Schauer von Vorfreude schüttelt mich. Ich halte ihm mit meiner linken Hand den Mund zu und ziehe ihn zu dem Krankenhaus. Meinem Spielplatz. Leise lächelnd ziehe ich mein Opfer in einen Raum und lege es auf den OP-Tisch. Spätestens jetzt ist es kein normaler Mensch mehr. Es ist ein Objekt. Ein verängstigtes Objekt. Beide Hände binde ich unten am Tisch irgendwo fest, dann konzentriere ich mich nur noch auf das kleine Herz, das irgendwo dort in dem zerbrechlichen Körper schlägt. Noch. Wie zerbrechlich der Körper ist, werde ich bald herausfinden. Ich verspüre das dringende Bedürfnis, über dieses kleine Herz zu lecken. Mit dem Messer fahre ich langsam vom Bauchnabel nach oben bis zur Kehle. Das T-Shirt zerreißt. Ich mache eine kleine Wunde unterhalb seiner Rippen und tunke meinen Finger in das dunkelrote Blut, das daraus hervorquillt. Ablecken. Ich muss es ablecken. Ah, das schmeckt himmli- Nicht ablenken lassen! Das Messer macht einen kleinen Einschnitt in die Wange. Dann kann ich mich nicht länger zurückhalten. Das Wimmern dieses kleinen Objekts tut gut. Ich grinse. „Dann lass uns anfangen..." Meine Hand führt das Messer präzise. Von Schulter zu Schulter. Von Ohr zu Ohr. Vom Mittelfinger den Arm hinauf bis zur Schulterwunde. Die andere Seite genauso. Vom Haaransatz zur Nasenspitze. Wie in Trance – na ja, wohl eher Ekstase – mache ich einem unsichtbaren Muster folgend Schnitte. Vom Fußrist zum Knie. Dann endlich – als krönenden Abschluss – öffne ich die Bauchdecke. Von unter dem Kinn bis nach unten kurz über der Hüfte. Ich schiebe meine Hand in den Schnitt. Hebe die Haut ein Stück an. Das Fleisch ist so heiß. Ich bewege meine Hand hinauf, dorthin, wo das Herz sitzt, und schließe die Augen. Es fühlt sich so gut an. Schon so lange ist es her, seitdem ich jemanden umgebracht habe. Chris. Meine Finger umschließen das kleine Herz. Es pocht. Langsam und vorsichtig hebe ich es heraus. Es dauert nicht mehr lange, bis mein Opfer stirbt. Wieder einmal kann ich es nicht lassen. Ich hebe das noch schlagende Herz zu meinem Mund und lecke einmal darüber. Mmmh, ihr könnt euch nicht vorstellen, wie toll das Gefühl ist, jemandes Leben in der Hand zu halten. Wortwörtlich. Das Gefühl, über ein warmes, pochendes Herz zu lecken. Der Geschmack von Blut... Ich habe das Gefühl, langsam dem Wahnsinn zu verfallen. Und es gefällt mir. Langsam quetsche ich das Herz und ritze dann mit dem Messer etwas hinein.
Hehe. Blut quillt aus dem Herz und tropft auf den Boden. Ich lecke meine Finger ab und lege das Herz wieder dahin zurück, wo es war – jetzt allerdings nicht mehr schlagend.
Einige Minuten später stehe ich wieder in der Seitengasse von vorhin und warte auf Jeff, der auch schon bald mit einem Burger in der einen und einem Getränk in der anderen Hand auftaucht. Aus einem McDonalds-Sackerl zieht er einen weiteren Burger und hält ihn mir hin. Ich lehne dankend ab. Zu frisch ist noch der rostige Geschmack des warmen Blutes.
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John Cleaver/Creepypasta Fanfiction (German) [discontinued]
FanfictionJohn Cleaver, Soziopath und Killer (Protagonist in "Ich bin kein Serienkiller" von Dan Wells) hat aufgehört, Dämonen zu töten und nimmt sich stattdessen Menschen vor. Doch wie es das Schicksal will, trifft er auf andere einzigartige Killer - die Cre...