1. Kapitel - Louis' POV

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"Louis Schatz?", rief meine Mutter, wahrscheinlich vom Wohnzimmer aus, welches zwei Räume weiter lag. "Was ist?", rief ich zurück, doch bekam als Antwort nur, dass sie meine Zimmertür aufstieß und sich auf mein Bett setzte. Ich drehte meinen Rollstuhl so, dass ich statt auf den Bildschirm meines Computers zu starren, meine Mum anschauen konnte.

"Ich bin gerade von Yoga wieder gekommen und dort habe ich mich mit Bell unterhalten.", sagte meine Mutter mit einem breiten Grinsen. "Und das interessiert mich weil ... ?", fragte ich daraufhin mit einem sarkastischen Unterton.

Sie schaute mich verletzt an und schüttelte leicht den Kopf. "Was haben wir nur falsch gemacht, dass du so grummelig geworden bist?" Ich schnaubte auf. Mich geboren.

"Also, Bells Sohn hatte doch Probleme mit seinem Kniegelenk und Schwimmen hat ihm wohl geholfen.", fuhr meine Mutter wieder relativ enthusiastisch fort. Wie oft wir dieses Thema schon diskutiert hatten. Ich konnte nicht schwimmen und so hatte eine Schwimmtherapie wenig Sinn für mich.

"Ich weiß, was du denkst und genau das habe ich ihr auch erklärt, aber sie meinte, es gäbe ja auch Therapien im Wasser, bei denen man selber nicht schwimmen muss. Und ich habe auch schon ein bisschen recherchi...." Ich unterbrach sie mitten im Satz, indem ich mich genervt wieder umdrehte und demonstrativ meine Kopfhörer aufsetzte.

Natürlich hatte ich keine Musik an, aber das brauchte meine Mutter auch nicht zu wissen. Es war jedenfalls gut genug erkennbar für sie, dass sie gar nicht erst weiter reden brauchte und wortlos verließ sie mein Zimmer.

Bevor sie die Tür entgültig schloss, murmelte sie noch etwas wie "Denk darüber nach." und ging dann wieder in Richtung Wohnzimmer.

Ich wandte mich wieder meinem Videospiel zu, doch die Gedanken blieben an Mums Recherchen hängen. Wir hatten schon jede erdenkliche Möglichkeit ausprobiert und jede Gymnastikart versucht, aber das unlösbare Problem, was meine Beine darstellten, blieb.

Ich konnte meine Beine spüren und auch bewegen, aber sie waren schwach. Sie konnten mein Gewicht nicht halten und so konnte ich nicht stehen oder geschweige denn laufen.

Als Kind entwickelte ich mich ganz normal und kroch über den Boden, aber richtig krabbeln konnte ich nie. Das fanden meine Eltern ja schon komisch, aber als ich mit ein einhalb Jahren immer noch nicht laufen konnte, wo jeder andere an meinem Alter schon durch die Weltgeschichte flitzte, schleppten sie mich zu Arzt und bis heute konnte kein Mediziner der Welt eine Antwort auf mein Problem geben.

Die Sache mit dem Wasser wiederum war, dass ich aufgrund etlicher Artztermine und Krankenhausaufenthalte und generell wegen meinen Beinen, nie schwimmen gelernt hatte.

Eine normale Wassertherapie in flachem Wasser hatte ich auch schon versucht, aber immer, wenn ich auch nur etwas unter Wasser geriet, bekam ich Panik und musste gerettet werden. Keiner konnte mir je die Angst vor dem Wasser nehmen.

Irgendwie war ich ja nun auch neugierig, was meine Mutter da heraus gefunden hatte, denn sie würde mir nie etwas vorschlagen, wovon sie wusste, dass ich panische Angst bekam und meine Mum kannte mich schon sehr genau.

Plötzlich wurde ich von einem lauten Game Over aus meinen Gedanken gerissen. Vor lauter Nachdenken, hatte ich mich gar nicht mehr auf mein Spiel konzentriert. Ups. Dabei war ich gerade so weit gewesen.

Ich machte den Computer aus und rollte rüber zu meinem Bett, auf das ich mich mit einem kräftigen Ruck hievte. Ich drehte mich auf die Seite und nahm mein Handy in die Hand, weil ich sah, dass meine Benachrichtigungs-LED leuchtete.

Harry hatte mir geschrieben, ob ich raus kommen wollte, mit den Jungs ein paar Körbe werfen wie wir es früher oft gemacht hatten, aber seit längerem hatte ich einfach auf nichts mehr richtig Lust.

Therapist >> Lilo AUWo Geschichten leben. Entdecke jetzt