2. Kapitel - Louis' POV

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Keine Woche verging und alles war geregelt. Meine Mutter hatte sich richtig ins Zeug gelegt so schnell wie möglich eine neue Wohnung zu finden, alles mit der Versetzung von der Arbeit zu klären, das Visum für die Staaten zu bekommen und die Flüge zu buchen. Selbst bei der Therapie war ich nun schon angemeldet. Mum klärte sogar mit den Ärzten ab, ob es irgendetwas zu beachten gab und schrieb sich eine Menge Tipps und Kontakte für den Notfall auf.

Irgendwie ging mir das alles viel zu schnell. Noch nicht einmal richtig Zeit mich von meinen Freunden zu verabschieden hatte ich, denn die arbeiteten alle immer und ich musste Zuhause viele Formulare ausfüllen und meine Koffer packen. So kam es dann auch, dass ich Harry und Niall erst wieder sah, als fest stand, dass ich am nächsten morgen fliegen würde.

Nebenbei hatte ich ihnen gegenüber schon erwähnt, dass ich wegziehen würde, doch richtig darüber gesprochen hatte ich mit den beiden noch nicht. Erst heute hatte ich ihnen eine Nachricht geschickt, dass morgen mein Flug gehen würde und sie meinten, dass sie auf jeden Fall noch vorbei kommen würden.

"Louis?", rief meine Mutter mich, kurz nachdem es geklingelt hatte. ""Schatz? Harry und Niall sind da." Ich rollte rüber zu meiner Tür, drückte den Knopf, damit sie sich öffnete und schaute direkt in die Gesichter meiner zwei besten Freunde.

"Hey ihr zwei. Kommt rein.", bot ich an, deutete mit meinem Kopf in mein Zimmer und rollte voraus. Sie waren schon lange nicht mehr hier gewesen. Beide setzten sich auf mein Bett und eine Zeit lang schauten wir uns alle verlegen an. Es kam mir vor, als hätten wir uns irgendwie entfremdet, seit wir uns nicht mehr jeden Tag in der Schule sahen.

Wir kannten uns schon seit dem Kindergarten, waren zusammen in einer Klasse und haben alles zusammen gemacht, doch dann war die Schulzeit vorbei und Niall ging studieren und Harry in die Lehre. Alles hatte sich verändert. Die beiden waren etwas weiter weg gezogen, in ihre eigenen Wohnungen und wurden selbstständig. Nur ich wohnte noch bei meinen Eltern und hockte den ganzen Tag in meinem Zimmer herum.

"Also gut. Du hattest uns geschrieben, dass du morgen fliegst. Wohin genau geht es denn? Wie lange bist du weg?", begann Harry nun zu sprechen und beide sahen mich sowohl interessiert, als auch ziemlich traurig an.

"Ich werde an die Ostküste Floridas ziehen. Das sind glaube ich fünf Stunden Zeitverschiebung von hier. Ich habe absolut keine Ahnung wie lange ich weg bleiben werde. So lange, wie die Therapie halt dauert. Das kann ein paar Monate sein, es kann sich aber auch über Jahre hinwegziehen, meinte meine Mutter.", begann ich zu erklären und gerade mit dem letzten Satz schienen die beiden sich nicht zufrieden zu geben.

"Gott, Lou! Wir werden dich vermissen." Niall war den Tränen nah, das sah ich deutlich. Er zog irgendwas aus seinem Rucksack und hielt es mir hin. "Das haben Harry und ich gemacht, als du uns erzählt hast, dass du irgendwann bald weit wegziehen wirst. Dass es schon so bald ist, hätten wir aber beide nicht gedacht ... und ehrlich gesagt auch nicht gehofft."

Gerührt nahm ich das kleine eingepackte Geschenk entgegen und riss das bunte Papier weg. Zum Vorschein kam ein buntes farbenfrohes Fotoalbum, auf dem vorne mit krakeliger Schrift - die nur von Harry stammen konnte - unsere Namen geschrieben waren.

Langsam klappte ich es auf und schaute mir die Fotos an. Es waren nur Fotos von uns dreien. Chronologisch geordnet vom Kindergarten bis heute. Ich sah ganz genau, wie sorgfältig die beiden die Fotos ausgesucht hatten, denn auf keinem einzigen sah man meinen Rollstuhl.

Es gab viele Bilder nur von unseren Köpfen, einige auf denen wir saßen und ein paar wo wir standen und ich von den beiden gestützt wurde. Sie wussten genau, dass ich es nicht mochte, wenn man so offensichtlich sah, dass ich behindert war und so sah ich auf jedem Foto ganz normal aus. Kein Rollstuhl und keine Krücken weit und breit, das einzige was auf jedem Foto auffiel, war, dass wir alle immer ein breites Strahlen im Gesicht hatten.

Therapist >> Lilo AUWo Geschichten leben. Entdecke jetzt