"We can't sit right here"

146 2 0
                                    

Als ich den Raum betrete, kommt mir ein Schwall von abgestandener Luft entgegen. Ich rümpfe die Nase und öffne alle Fenster. Sie beschlagen so wie meines heute früh. Ich gebe ein angewidertes Geräusch von mir und setze mich dann in die hinterste Bank in der Fensterreihe. Ich hatte zwar die vollkommen freie Wahl zwischen all den Tischen, da ich einer der ersten bin, die die Aula verlassen haben, aber ich entscheide mich lieber hinten zu sitzen. Musik ist mir um ehrlich zu sein relativ egal. Da habe ich bisher noch nie aufgepasst, sondern eher Musik gehört - passt ja auch besser zum Fach, oder?
Nach und nach füllt sich der Raum. Viele von den Schülern, die reinkommen, kenne ich vom Sehen her, aber ich kenne niemanden gut genug. Daher bleibt der Platz neben mir auch frei. Viele kommen zu zweit rein. Die Mädchen tuscheln und zeigen sich gegenseitig ihre neu gemachten Nägel oder irgendwelche Bilder auf den Handys. Die Jungs kommen laut und lachend in den Raum oder starren vollkommen desinteressiert hinein. Alles ist also wie immer. Ich rutsche auf meinem Stuhl ein Stück weiter nach unten und mache es mir bequem.
"Hallo!", ruft dann eine Stimme von draußen. Ich setze mich wieder auf und sehe eine junge Frau in den Raum spazieren. Die Lehrerin hat braunes, schulterlanges Haar. Es fällt in großen Locken über ihre Bluse. Sie trägt einen grauen Rock, den man, so weit ich weiß, Bleistiftrock nennt. In diesen hat sie ein weißes Hemd gesteckt, welches nicht ganz straff aber auch nicht ganz locker an ihrem Körper hängt. Über ihrer Brust sind einige Rüschen. Sie sieht sehr hübsch aus in diesem Outfit und ist bestimmt nicht älter als dreißig.
"Ich bin Jolie. Ihr nennt mich bitte alle Miss Jolie. Das ist mein Vorname, aber ich will das so! Mensch, hab ich euch überhaupt schon begrüßt? Guten Morgen!" Die Klasse antwortet im Chor 'Guten Morgen'. Manche setzen zu spät ein, manche zu früh, es hört sich grauenhaft an. Miss Jolie rümpft die Nase und sieht sich im Raum um. Sie nickt, streicht ihre Bluse glatt und spricht dann weiter: "Das hört sich nächstes Mal aber hoffentlich etwas besser an. Nun gut, ich hab mich umgesehen, einige Gesichter hier kenne ich schon: Madeleine, Nicole, Bella, Daniel." Sie zeigt auf die Schüler, welche stolz lächeln und sich freuen, dass die Lehrkraft sie erkannt hat.
"Gut. Falls ich das nicht schon gesagt hab: Nennt mich bitte Miss Jolie. Ich werde euch duzen also duzt ihr mich auch. Zuerst ein paar organisatorische Angele-"
Die Tür wird aufgerissen und ein Junge mit braunem, gelockten Haar betritt den Raum. Er könnte wirklich Miss Jolies Sohn sein. Die Haare, die Augen - die beiden ähneln sich.
"Oh, Mister Harry Styles. Wie schön, dass sie sich zu meinem Unterricht ermutigen konnten." Harry verdreht dreist die Augen und will gerade auf einen der freien Plätze gehen, als Miss Jolie ihn am Arm festhält. "Nicht so schnell, junger Mann. Könnt ihr bitte alle einmal aufstehen?"
Genervt rücke ich meinen Stuhl ein Stück zurück und seufze. Dann stelle ich mich hin und sehe nach vorn. Plötzlich zeigt Miss Jolie auf mich und ich ziehe die Augenbrauen hoch: "Ich?", frage ich schnell und drehe mich um. Hinter mir ist jedoch nur der Schrank. Als ich mich wieder zurückdrehe, sehe ich wie Miss Jolie nickt und mich mit einer Geste nach vorn bittet. Ich kratze mich nervös am Hinterkopf und schlucke den Kloß in meinem Hals hinunter. Harry beäugt mich, während in den Gang so langsam wie möglich entlang laufe.
"Und da haben wir das erste Paar," sagt Miss Jolie und rückt mich und Harry zusammen, "Ihr zwei werdet zusammen sitzen. Wisst ihr, Kinder, ich mag es nicht, wenn am Anfang der Sekundarstufe zwei alle nur mit ihren früheren Freunden aus der zehnten Klasse zusammensitzen. Deshalb mische ich das Ganze etwas auf und jeder von euch bekommt einen neuen Sitznachbarn." Die Klasse stöhnt genervt auf und die Mädchen tuscheln miteinander. Einige Rufe wie 'Muss das sein?' und 'So ein Kindergarten!' werden ignoriert.
Sie fragt mich auf normaler Lautstärke, die das Murmeln der Klasse nicht übertönen kann: "Wie heißt du denn?"
"Ich bin Louis, Louis Tomlinson, also Mister Louis Tomlinson.", antworte ich und sehe ihr dabei in die Augen. Diese sind hellgrün und ich fühle mich, als würde ich einer Katze direkt ins Gesicht starren. Ich schaudere bei dem Gedanken ein wenig. Sie spricht weiter: "Weißt du, Louis, wenn man hinten sitzt und auch wenn man zu spät kommt," dabei sieht sie Harry wütend an, "hat man meist keine Lust auf Unterricht und Schule. Daher möchte ich, dass ihr zusammen sitzt und zwar da, wo ich euch gut unter Kontrolle habe." Sie schenkt uns ein freundliches Lächeln, welches mich dazu brachte, ihr ins Gesicht schlagen zu wollen. Aber ich schlage keine Frauen, erst Recht nicht solche mit diesen grünen Augen. Die haben bekanntlich sieben Leben.
Miss Jolie bringt uns zu unserem Platz und führt das dann mit der gesamten Klasse fort. Harry und ich sprachen kein Wort miteinander. Er sah mich nicht mal an, als ich aufstand, um meinen Rucksack holen zu gehen. Mittlerweile wäre es mir sogar lieber, wenn er mich auf diesen dummen Like ansprechen würde, anstatt mich die ganze Zeit über anzuschweigen. Das werden interessante zwei Jahre, falls sie uns so lange zusammen sitzen lässt und nicht in zwei Wochen den nächsten Stundenplan entworfen hat.
"So, es sollten jetzt alle einen fremden Nachbarn haben, nicht wahr?" Viele nicken, ich eingeschlossen und ich werfe einen Blick zu Harry. Er sitzt nur teilnahmslos da und starrt nach vorn. Sein Kiefer sieht angespannt aus, als würde er sich auf die Zunge oder auf die Zähne beißen. Ich starre schon wieder auf seinen Kiefer. Ich brauche wirklich Hilfe.
"Dreht euch nun bitte zu euren Partnern und unterhaltet euch ein wenig. Stellt euch vor mit Namen, was euer Leistungskurs ist und redet etwas über eure Hobbys."
Mutig drehe ich mich als erstes zu Harry und sehe ihn an. Sein gesundes Haar hängt ihm teilweise im Gesicht und ich muss mich zusammenreißen, es ihm nicht hinters Ohr zu streicheln. Natürlich nicht, weil ich gay bin oder Harry unbedingt anfassen will, sondern weil ich es hasse, wenn meine Haare im Gesicht kitzeln. Harry scheint das aber nicht zu stören. Er starrt weiterhin nach vorn und redet kein Wort mit mir. Er macht nicht die geringste Anstalt sich überhaupt zu mir zu drehen.
Nachdem wir gefühlte Stunden geschwiegen haben, murmle ich: "Ich bin Louis. Wir haben uns mal auf der Party von Liam gesehen, beim Flaschendrehen. Vielleicht hast du mich aber auch gar nicht angesehen, so wie jetzt. Ist mir aber auch egal. Meine Leistungskurse sind Mathe und Englisch. Hobbys habe ich nicht wirklich, vielleicht lesen, wenn das gilt. Willst du mir auch was erzählen?", frage ich, nachdem ich mit meinem kleinen Vortrag über mich selbst fertig bin. Da Harry aber nicht antwortet, drehe ich mich genervt weg und murmle: "Dann eben nicht, meine Fresse."

Hurt me. {Larry Stylinson Fanfic.}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt