11

1.3K 40 6
                                    

„Raf mein bester, schön dich wieder mit fittem Rücken in meinen Armen halten zu können!" begrüßte Joshi Raphael herzlich, als dieser die Wohnung betrat.
Raphael lachte und nachdem er seine Taschen in sein Zimmer gebracht hatte gesellte er sich zu Joshi, der ihn schon erwartungsvoll ansah.
„Na los, erzähl schon" forderte er Raphael auf.
„Die Reha war super, Schwester Ursula war besonders nett." scherzte er.
Joshi verdreht lachend die Augen und boxte ihm an die Schulter.
„Nein jetzt mal im Ernst, es war echt entspannt."
„Entspannt? Du hast auf längeren Zeitraum mit Donna Mercedes Unor zusammen in einer Wohnung gelebt und sagst es war entspannt?!" Joshis stimme erhob sich.
Raphael atmete tief aus.
„Ich weis nicht Joshi, es ist schwierig. Donna ist wundervoll, sie hat die Schönheit und die Intelligenz einer Göttin und sie weis dies gefährlich gut einzusetzen. Zwischen uns ist etwas, aber das ist auch etwas was sich dagegen stellt. Da ist etwas, was sie verheimlicht, irgendein Geheimnis. Jeder in Hamburg kannte sie und jeder war verblüfft sie wiederzusehen." Raphael erzählte Joshi von der Begegnung beim spazieren gehen mit Gorbatschow, von dem Treffen mit John und Gazo und Donnas Abgang, und von den Leuten vor dem Fitnessstudio in deren Auto sie damals in Berlin gestiegen war, als er mit Farido unterwegs war.
Joshi hörte gebannt zu.

Als Raphael abends im Bett lag starrte er an die Decke. Irgendwie war es so still. Er nahm sein Handy und tippte eine Nachricht an Donna.
<Ich vermisse dich>
Wenige Sekunden später kam eine Antwort.
<Herr Ragucci hat Sehnsucht? Morgen Abend 20 Uhr Italiener in der Stargarderstraße. Schlaf gut>
Raphael schmunzelte.
<Alles klar Chef, wird gemacht. Träum von mir.>
Damit legte er sein Handy beiseite und schloss die Augen.

„Hey" begrüßte Raphael Donna und küsste sie auf die Wange. Sie sah toll aus mit ihrer schulterfreien Bluse, die perfekt mit der Farbe ihrer Augen harmonierte.
Nachdem sie satt, zufrieden und leicht angeheitert von dem exzellenten Merlot waren, standen sie vor dem Restaurant.
„Italiener war eine gute Idee gewesen." sagte Raphael.
„Ich habe nur gute Ideen. Nochmal vielen Dank, du musst nicht immer die Rechnung bezahlen." erwiderte Donna. Raphael winkte ab und griff ihre Hand. Seine Augen leuchteten auf.
„Ich habe einen Plan, komm mit." sagte er und zog sie solange hinter sich her bis sie vor einem Zaun standen. Er lies ihre Hand los, zog sich am 2 Meter hohen Zaun mit seinen starken Armen hoch und lies sich auf der anderen Seite wieder runter. Donna schaute ihn perplex an.
„Was hast du vor?"
„Nicht schnacken Prinzessin, komm rüber. Über solche Zäune klettern um auf private Grundstücke zu kommen ist doch für dich nichts neues." lachte er.
Donna zögerte nicht lange und schon stand sie neben Raphael.
„Sogar bei sowas siehst du sexy aus." sagte er leise.
„Jetzt zeige ich dir mal was an Sommerabenden wie diesen meine Lieblingsbeschäftigung als Jugendlicher in fünf Haus war."
Er zog die weiter bis Donna erkannte was er vorhatte: sie standen vor dem Becken eines geschlossenen Freibad.
„Na los worauf wartest du?" fragte Raphael. Donna beobachtete ihn einen Moment zu lange, wie er sein Shirt auszog und sein Oberkörper zum Vorschein kam.
Diese starke, tätowierte Körperi,seine dunkle Stimme und diese wundervollen, warmen Augen...
Sie war nie ein Fan von braunen Augen gewesen, sie erschienen ihr so dunkel und matt, doch seitdem sie das erste mal in Raphael's Augen geschaut hatte, wusste sie, dass braune Augen auch voller Wärme, Energie und Anmut sein können. Wenn die Sonne in sie schien, wirkten sie wie goldener Honig. Donna liebte Honig, in Tee auf Brot, überall. Viktor hatte ihr immer den Kosenamen ‚včela' , Biene auf Tschechisch gegebenen. Sie erinnert sich an den letzen Sommer, als sie mit Ben auf dem Balkon saß, sie frühstückten und das Glas Honig stand offen auf dem Tisch. Wenig später als sie das Geschirr in die Küche bringen wollten, entdeckte Donna eine Biene im Honig Glas. Sie war in der süßen Masse, die sie am meisten liebte und der ihr Lebensinhalt, ihr Auftrag der Natur war, ertrunken. Donna bekam Gänsehaut. So müsste es auch sein wenn Menschen sich verlieben, dachte sie.

„Erde an Donna?" Raphael wackelte mit der Hand vor ihrem Gesicht, er stand bereits nur noch in boxershorts vor ihr. Donna began nun ebenfalls sich auszuziehen und schon sprangen sie ins Becken.
Sie platschten rum, schwammen ein paar Bahnen und ließen sich treiben, bis ihnen kalt wurde und sie ,beschlossen sich auf den Rasen zulegen.
Sie lagen eng aneinander, Raphael spürte Donnas weiche, karamellfarbene Haut und legte langsam seinen Arm um sie.
„Damals, als wir uns das erste mal bei ersguterjunge gesehen haben, warum bist du da so erbost davon gestürmt?" fragte Raphael.
„Ich sag mal so, wir haben in vielen Dingen einfach unterschiedliche Ansichten, da kann es schon mal hitzig werden. Und wie du ja weist, bin ich auch noch jüdisch, ist klar das da das Thema Israel angesprochen wird, das ist nunmal ein kompliziertes Thema, dem ich komplett neutral gegenüber stehe, er ist da sehr passionierter, was vollkommen in Ordnung ist. Wir verstehen trotzdem gut, ich glaube auch wenn wir es beide nicht so gern zugeben, haben wir durch unsere Diskussionen schon viel voneinander gerlernt." Kicherte sie.
„Ich finde Religionen echt spannend. Es ist sowas schönes, wird jedoch leider oft missbraucht. Meine Familie ist nicht sehr streng christlich, meine Mutter hat trotzdem immer für uns gebetet. Erst war das nicht so mein Ding, jetzt finde ich es aber schön." erzählte Raphael.
„Vermisst du deine Familie?"
„Ja sehr. Wien generell. Ich liebe Berlin und die Vielfalt, und könnte mir zurzeit nicht vorstellen an einem anderen Ort zu wohnen, aber in Wien sind meine Familie und meine Freunde. Jedesmal, wenn ich nach Wien fahre fühle ich mich so willkommen und so ruhig, so frei von allen Sorgen. Vorallem jetzt wo meine Schwester schwanger ist, würde ich am liebsten jedes Wochenende hinfahren, zum Glück kommt sie mich in 2 Wochen besuchen. Und du?"
„Ob ich meine Familie vermisse? Naja... Ben und Milán sind meine Familie und die sind hier bei mir." überlegte Donna.
„Und deine Eltern?"
„Meine Mutter war 21 als mit meinem großem Bruder schwanger wurde und 22 als sie mich bekam. Es war wohl noch zu früh für  sie. Obwohl für sie gab es diesbezüglich wohl nie den richtigen Zeitpunkt, immer nur  den falschen. Sie war und ist ein sehr bekanntes Model und Designerin, sozusagen die tschechische Heide Klum, da ist man eben viel unterwegs.
Sie wollte das ich so werde wie sie, ein bekanntes Model, in die Fußabdrücke der Mutter treten. Aber das war mir zu langweilig, ich wollte meine eigenen Fußabdrücke machen. Modeln macht mir auch Spaß, aber hauptberuflich nicht. Ich suche mir lieber aus wofür ich meinen Körper hergebe.
Naja und mein Vater ist ein Unternehmer und wohnt in Israel. Die ganze Beziehung ist eher distanziert, ich dachte immer ich muss mich dafür schlecht fühlen, aber nur weil sie meine Eltern sind heißt es nicht das ich sie bedingungslos lieben muss." versuchte Sie erläutern.
Raphael nickte. „Das stimmt, Familie kann man sich nicht aussuchen. Ich hatte als ich jung war auch ein sehr angespanntes Verhältnis zu meinem Vater. Meine Eltern waren auch sehr jung als sie mich bekamen, mein Vater war damals noch Student. Er mich trotzdem mit ganzen Herzen geliebt und versucht mir alles zu ermöglichen, das habe ich zwar erst später begriffen. Vorher erschien er mir immer viel zu streng und zu kritisch. Ich hatte das Gefühl ihn nie zufrieden stellen zu können und nie an seine Erwartungen heranzukommen. Er wollte jedoch immer nur das Maximum aus mir herausholen."
Donna nickte verständnisvoll und lies ihre Finger vorsichtig über seinen Arm wandern. Es entstand ein Moment angenehme Stille und sie sahen hoch in den Sternenhimmel Berlins.
„Sternschnuppe" flüsterte Raphael.
„Sicher das es kein Flugzeug war?"
„100% sicher."
„Na dann wünsch dir mal was schönes."
Raphael drehte sich auf die Seite und sah Donna an. Er strich ihr seicht durch die dunklen Haare. Sie lag noch immer in Unterwäsche da, dunkelrot  natürlich zwei passende Teile und mit spitze besetzt. Anderes hätte man es von Donna auch nicht erwartet.
Donna streckte ihren Arm vorsichtig aus und lies ihre Hand zu Raphael's Nacken wandern. Langsam aber sicher zog sie Raphael zu sich, so nah an ihr Gesicht, dass sie seinen Atem auf ihren Lippen spürte. Der darauffolgende Kuss schmeckte nach Melancholie und Honig.
„Wunsch ist schon in Erfüllung gegangen." hauchte Raphael nachdem sie sich voneinander lösten. Donna strahlte ihn an und zog ihn erneut zu sicher für weitere immer forderndere Küsse.

Nach einigen weiteren Küssen schlenderten sie zu Joshis und Raphael's Wohnung. Dort angekommen leerten sie eine Flasche Weißwein, Donna ihren Kopf auf Raphael's Brust und er seinen Arm um ihre Schulter gelegt. So schliefen sie nebeneinander ein, bis Raphael wach wurde und Donna in sein Bett trug. Er legte sich daneben, küsste auf die Stirn und schlief neben ihr ein.

Rabenschwarz Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt