Anpassung.
Seine beste Fähigkeit war es, sich allem anzupassen. Er war gut darin, nicht aufzufallen, es sei denn, er wollte es. Vermutlich war das einer der Gründe, weshalb sein Chef ihm so sehr vertraute. Sein Geschäft erforderte sehr viel Diskretion. Und Diskretion war seine Perfektion. Selbst in diesem Moment war er perfekt mit seiner Umgebung verschmolzen. Er hatte sich dem durchschnittlichen Tempo der anderen Menschen um ihn herum angepasst und lief langsam, aber unauffällig, durch die Straßen von Chicago. Währenddessen dachte er darüber nach, wie sehr er die Menschen um ihn herum hasste. Und wie sehr er diese verdammte Großstadt hasste. An einigen Tagen bildete er sich ein, die Abgase von den zu vielen Autos zu schmecken. Wieder an anderen Tagen ließ ihn das Gefühl nicht los, dass die Menschen in dieser Stadt Maschinen waren. Für ihn und seine Arbeit war das ein Vorteil - die Menschen hier waren leichter zu manipulieren als in seiner Heimat. Diese Stadt hatte ihm also auch gleichzeitig so viel gegeben.
Er brach erst aus dem Menschenstrom aus, als er in die Straße bog, in der sich seine protzige Wohnung befand. Sie war teuer, besonders dafür, dass er so wenig Zeit in ihr verbrachte. Trotzdem war sie sein ganzer Stolz, seine einzige Sache, die ihn von den meisten Menschen in dieser Stadt unterschied. Bevor er die Wohnung gekauft hatte, hatte er genau deshalb lange gezögert. Im Endeffekt war er allerdings froh gewesen, auf seinen Chef gehört zu haben, und diese Wohnung mit ihren riesigen Fenstern gekauft zu haben.
Fast schon sehnsüchtig schloss er seine Eingangstür auf und trat hinein. Es roch nach einer Mischung aus vergammelter Pizza und Alkohol. Sofort verstärkte sich sein Gefühl, endlich angekommen zu sein. Zeitgleich nahm er sich vor, die Pizzakartons samt Reste endlich zu entsorgen. Demnächst. Zielstrebig ging er in sein Wohnzimmer und nahm die Flasche Wasser, die noch vom Vortag auf dem Tisch stand. Gierig nahm er einen Schluck und sah dabei aus seiner Fensterwand direkt auf die hässliche Stadt. Heute hatte er genug von ihr. Hastig zog er die Vorhänge zu, was sich als der größte Fehler seines Lebens herausstellte. Und auch als letzter Fehler, den er in seinem nur noch kurzen Leben beging. Denn so sah er die Gestalt nicht, die sich hinter ihm aus dem Schatten der Tür gelöst hatte.
Er hörte den fremden Mann auch nicht kommen. Erst als sich etwas Spitzes durch seinen Rücken grub, bemerkte er, dass er nicht länger alleine in seiner Wohnung war. Im ersten Moment fragte er sich, wie jemand in die hochgesicherte Wohnung ohne jegliche Spuren zu hinterlassen, hereingekommen war. Besonders ohne, dass er das gemerkt hatte. Im nächsten Moment jedoch überkamen ihn die höllischen Schmerzen und er konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Mit einem widerlichen, schmatzenden Geräusch zog der Fremde die Stacheln des Morgensterns wieder heraus. Der angepasste Mann fiel zu Boden, er wimmerte. Obwohl die Stacheln nicht mehr da waren, fühlte es sich an, als wenn sie tief in seiner Wirbelsäule stecken würden.
„Richte ihm schöne Grüße aus", hörte er verschwommen eine raue Stimme sagen. Sein Bewusstsein war zu benebelt, um die Stimme seines Mörders zu erkennen. Die Schmerzen verengten sein Sichtfeld immer weiter und ließen ihn vergessen, wie viel Angst er gerade haben sollte. Die qualvollen Schmerzen lähmten ihn, sodass er nicht nach seiner Waffe greifen konnte. Statt in Panik auszubrechen, kniete er nur auf dem blutbesudelten Teppich und verließ langsam das Leben.
Sein Gegenüber schien den Prozess jedoch beschleunigen zu wollen. Erneut ließ er seinen Morgenstern auf sein Opfer sausen. Dieses Mal schrie der Angepasste sich die Kehle aus dem Leib. Doch als die Spitzen sein Gehirn durchbohrten, verwandelte sich das Schreien in ein Wimmern.
Zu viele Schmerzen.
Sein Tod trat wenige Sekunden später ein.
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Caity Lotz als Olivia
Casey Deidrick als Marc
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Murder - You can't hide [Pausiert]
Mystery / Thriller*derzeit pausiert* Olivia ist eine junge, idealistische Polizistin, die gegen das organisierte Verbrechen von Chicago kämpft. Durch den grausamen Mord an Raphael bietet sich nach Jahren endlich die Möglichkeit für sie, den Banden, die für diesen und...