Kapitel 2

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„Hallo, kannst du mich hören. Hallo, aufwachen." Eine leise Stimme sprach zu mir, sodass ich aufwachte. Ein Junge schaute mich an, während ich mich aufsetzte.

„Geht es dir gut?", fragte er mich. Mein Hals war jedoch zu trocken um einen Ton heraus zu bekommen, somit nickte ich nur. Er half mir auf die Beine und stellte sich dann vor.

„Ich bin Marian und du bist?"

Ich signalisierte ihm, dass keinen Ton rausbekomme, woraufhin er direkt loslief um etwas zu trinken zu suchen.

„Hier, ich habe eine Cola gefunden." Dankend nahm ich die Dose an und trank sie leer.

„Vielen Dank. Das war echt nötig. Freut mich wenigstens eine lebende Person hier kennenzulernen. Ich heiße Emily. Ich saß in Reihe 35. Um mich herum konnte ich niemanden entdecken, der auch nur ansatzweise wach oder am Leben war."

„Wir sollten gleich mal weiter hinten schauen, vielleicht finden wir dort noch jemanden."

„Na los, dann komm."

Überall im Gang lagen Gepäckstücke verteilt. Manche Passagiere hingen tot in ihren Sitzen. Dieser Anblick war einfach nur schrecklich.

„Emily komm her, ich hab jemanden gefunden", rief Marian mir zu. Ich beeilte mich und kam schließlich bei ihm an. Neben Marian stand ein Mann mit Schürfwunden im Gesicht und jeder Menge blaue Flecken. Außerdem beklagte er sich über Schmerzen im Brust- und Rippenbereich. Sein Name war Harold und er war 43 Jahre alt.

Gemeinsam mit Harold fanden wir noch 6 weitere lebende Passagiere, denen es den Umständen entsprechend gut ging. Harold und Marian liefen in Richtung Notausgang und versuchten die Tür zu öffnen. Nach 10 Minuten war es geschafft und die Tür sprang auf. Marian war der Erste, der hinaustrat. Er guckte ganz erstaunt zu mir herüber und signalisierte mir, auch auszusteigen. Also wagte ich den Schritt raus. Meine ersten Worte beschrieben die Lage wirklich perfekt.

„Ach du scheiße. Wir sind ja mitten im Nirgendwo! Hier werden wir nie wieder herauskommen." Während ich Marian anstarrte, ließ ich meinen Tränen freien Lauf. Er kam zu mir rüber und nahm mich in den Arm. So hatte ich mir meinen Work and Travel Ausflug nicht vorgestellt.

„Lasst uns einen Weg hier raus finden", warf Harold in die Runde. Alle waren einverstanden und somit kämpften wir uns durch den Urwald im Nirgendwo. Immer wieder dachte ich darüber nach, wie es wäre nun in Australien zu sitzen, einen Smoothie zu schlürfen und auf das Meer zu schauen. Mir fiel plötzlich auf, dass ich doch mein Handy in der Jackentasche verstaut hatte. Somit fischte ich es heraus, doch zu meinem Bedauern hatte ich keinen Empfang.

Seit Stunden liefen wir jetzt durch den Wald oder besser gesagt Dschungel. Es dämmerte bereits und ich war hundemüde. Den anderen ging es genau wie mir. Niemand wollte mehr weiter, also beschlossen wir, uns einen Schlafplatz zu suchen. Das gestaltete sich allerdings etwas schwierig. Zum einen musste der Platz versteckt sein, da wir nicht wussten, welche Tiere hier lebten und zum anderen durfte es nicht sehr weit weg vom Pfad liegen. Wir suchten und suchten.

Einige Zeit später rief Harold uns zu sich. „Kommt alle her, ich habe einen geeigneten Platz gefunden."

„Super, dann können wir uns endlich ausruhen", entgegnete Marian. Zu unserem Glück hatten wir beim Verlassen des Flugzeugs noch Proviant und Schlafsäcke gefunden.

Wir breiteten all unsere Sachen aus und Marian machte ein kleines Feuer. Er merkte mir an, dass ich mich unwohl fühlte. Die Dunkelheit, Krabbeltiere und die ganzen Geräusche machten mich wahnsinnig.

„Du kannst dich gerne mit deinem Schlafsack zu mir legen, wenn du dich nicht wohl fühlst", bot Marian mir leise an. Dankend legte ich meine Sachen zu ihm und fühlte mich schon gleich ein wenig sicherer. Alle außer Harold schliefen bereits. Er las noch ein Buch. Währenddessen unterhielten Marian und ich uns. Ich erfuhr, dass er ebenfalls auf dem Weg war,in Australien ein Work and Travel zu absolvieren. Marian ist 24 Jahre alter Student, kommt aus Frankfurt und wollte unbedingt neue Erfahrungen sammeln.Insgeheim fand ich ihn schon gutaussehend, aber das musste ich ihm ja nicht auf die Nase binden. Irgendwann fielen uns dann doch die Augen zu. Mein letzter Gedanke galt meiner Familie. Ich hoffte, sie machten sich nicht allzu viele Sorgen.

Flug mit TurbulenzenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt