In meinen Ohren rauscht das Wasser. Ich weiß nicht ob es mein Blut ist, oder doch eine Erinnerung an unseren Familienurlaub damals. Der gelbe helle Sand, der sich wie Karamell an den Füßen anfühlt. Das durchsichtige türkise Wasser, wo ich meine Füße durchschimmern sehen konnte. Das herzzerreißendste war allerdings, dass diese Momente niemals wieder vorkommen werden. Unsere Familie ist zerstört. Die Harmonie, ausgelöscht. Dumpfe Tritte, tiefe Stimmen, die Tür wird aufgerissen und ich werde aus meiner Zelle hinaus geschliffen. Meine Knie reißen bei der Berührung mit dem harten Boden auf, und eine kleine Menge von hellrotem Blut sammelt sich an. Fließ. Fließ endlich! herrsche ich stumm meinen Körper an, aber wie immer hört mir keiner zu. Meine Stimme, meine dumpfe Stimme, geht in meinem Gehirn unter. Wohin werde ich gebracht? Ich weiß es nicht. Ich weiß garnichts. Ich bin dumm. Ein wie immer greller weißer Raum, mit einer schwarzen Liege. Daneben ein Tisch. Spritzen. Ganz viele Spritzen. Rot. Blau. Gelb. Grün. Alle Farben. Blau, die Farbe der Treue. Grün, die Farbe der Hoffnung. Gelb, die Farbe des Neides, Rot. Rot, die farbe der Liebe. Die Farbe von Blut. Von meinem Blut. Von meinem Blut, welches langsam meiner Wade hinunter rinnt. Von meinem Blut, welches damals an meiner Vene entlang floss. An meiner Pulsader. Die beiden Männer die mich eben getragen haben werfen mich auf die Liege. Eine dicke Frau, anscheinend Krankenschwester, kommt in den Raum und drückt mir den Kopf auf ein Kissen. Aus dem Augenwinkel sehe ich wie die Männer in ihren blauen Uniformen den Raum verlassen. Blau, die Farbe der Treue. Sind die Aufgaben die sie erfüllen Treu? Ist es gut, Menschen achtlos hinter sich her zu schleifen? Mein Blick, er gilt wieder der fetten Krankenschwester hinter dem Tisch, die mit etwas Watte eine Spritze reinigt. Die Rote.... Sie kommt mir mit ihr immer näher, ich will weg. Ich bin gefangen. Einer unbekannten Substanz ausgeliefert. Schnell schlüpfe ich unter ihrem gebeugten Arm hindurch. Die will mir doch nicht alle diese Spritzen geben, oder?! Ich rappele mich auf, und stelle mich in eine Kampfposition. Die Frau dreht sich um und mustert mich abschätzig, dann fängt sie an zu schreien.
"Setz dich hin verdammte Scheiße!" Brüllt sie mit der ganzen Kraft die ihre Stimme hat, doch ich schüttele stumm den Kopf. Ich werde sie nicht anbrüllen. Ich will meine Stimme nicht hören. Ich stürze mich auf sie, sie fällt, kreischt. Ruckartig greife ich eine Spritze von dem Tisch und ramme sie ihr in ihr auge. Ich drücke die Nadel rein, und ihr schreien droht mir mein Ohr zu betäuben. Blut. Es sickert ihr aus dem Mund, aus der Nase. Aus dem Auge. Überall Blut. Meine Hände, voller Blut. Ich springe auf und will rennen. Will weg. Nicht mehr gefangen sein. Ich will fliegen. Frei sein. Denn ich bin ein Vogel. Ein Vogel in meinem Käfig. Mit Wucht reiße ich die Tür auf, kann die Alarmsirenen hören, und sehe die Männer auf mich zu rennen. Die Männer mit den blauen Anzügen. Ich renne in die andere Richtung. Schubse Menschen beiseite. Springe über eine Theke die mir den Weg versperrt, und renne durch die Ausgangstür. Blut. An meinen Händen klebt Blut. Ich atme die kalte Winterluft ein, und es ist mir egal das ich ein Krankenhemd anhabe. Ich bin frei. Ich bin ein Vogel. Doch im selben Moment wirft sich einer der Männer auf mich, drückt mir eine Maske auf mein Gesicht, und schleift mich hinter sich mit. Ich atme, atme das Gift ein. Ich habe verloren. Bin hilflos. Und das letzte woran ich denke ist die Farbe, die mich beinahe gerettet hätte. Die Farbe, dessen Serum in der Spitze steckt.
Grün, die Farbe der Hoffnung.