Kapitel 2

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Ich schließe die Haustür und mache meinen Mantel bis oben hin zu. Mit zügigen Schritten gehe ich zur Bahn Haltestelle. Der kalte Herbstwind zerzaust meine mühsam zurechtgezupfte Frisur. Als ich ankomme, sehe ich genervt dass ich die Bahn  verpasst habe. Zum Glück kommt die Nächste in fünf Minuten. Ich lehne mich an das kalte Sicherheitsgeländer, hinter meinem Rücken höre ich die Autos rasen. Meine Hände habe ich in meinen Jackentaschen vergraben, um sie wenigstens ein bisschen zu wärmen. Ich lasse meinen Blick über die Passanten schweifen , von Asiatischen Touristen die fröhlich alles fotografieren was ihnen vor die Linse kommt, bis hin zu weinenden Kleinkindern ist alles dabei. Freddy sitzt mit seinem Kumpel auf den besprühten Warteplätzen, die zwei belegen alle Plätze und machen sich breit. Eine ältere Dame möchte sich setzen, ich kann nicht verstehen was die zwei sagen aber freundlich scheint es nicht zu sein. Die Dame macht ein erschüttertes Gesicht und geht. Die Beiden lachen und äffen die Frau nach. Mit einem dieser Idioten war ich zusammen, wie konnte ich nur so doof sein? Freddy steht auf und läuft an mir vorbei zum Zigaretten Automat. Ich höre wie das Wechselgeld scheppert und ziehe schnell mein Handy aus der Tasche um nicht von ihm angequatscht zu werden. Noch zwei Minuten dann kommt meine Bahn. Eine Rauchfahne schlägt mir entgegen als er direkt vor mir stehen bleibt. Angewidert drehe ich den Kopf weg. „Mit wem schreibst du denn da?", fragt er mit kühler Stimme als befürchte er Konkurrenz. „Geht dich nichts an!", sage ich schroff. Er schaut mich wütend an und zischt: „Wen es dieser Marco ist dann bring ich ihn um!" „Verschwinde Freddy.", zische Ich zurück, „ Wir sind nicht mehr zusammen und werden es auch nicht mehr sein!" Freddy schaut mich noch einmal wütend an und geht, auf halbem Weg dreht er sich noch einmal um und brüllt: „Ich bring ihn um!" Ich hoffe inständig er macht seine Drohung nicht wahr. Endlich kommt meine Bahn und ich bin froh als ich, zwischen mehreren Leuten eingequetscht, im Fenster das Kino erspähen kann. Zwar treffe ich mich gleich nicht mit Marco sondern mit Luis, trotzdem muss ich mich unbedingt davon überzeugen dass es Marco gut geht, schließlich ist er mein bester Freund. Hey ,alles okay bei dir ? Nach kurzer Zeit piept mein Handy. Ja. Warum fragst du? Erleichtert schreibe ich ein Wollte es einfach nur wissen. Dann ist ja alles gut! 

Die Dame neben mir schaut mich misstrauisch an, erst jetzt merke ich dass es die alte Dame von eben ist.

Ist sie jetzt etwa eine Station zurückgelaufen, nur wegen den beiden Jungs? Gut vermutlich hatte sie ihre Gründe. Wahrscheinlich hat sie mich gesehen als Freddy mit mir geredet hat und denkt jetzt automatisch dass alle Jugendlichen böse und gemein sind. Bei der nächsten Station steigt sie aus, ich schaue auf meine Uhr, ich bin schon ziemlich spät dran. Zum Glück bin ich bei der nächsten Station da. Die Bahn hält und ich springe förmlich aus dem Zug. Auf dem großen Platz vor dem Kino suche ich die Gegend nach Luis ab. Als ich ihn nicht entdecke beschließe ich schon mal rein zu gehen. Dort steht er mit zwei Kinokarten in der Hand und lächelt als er mich entdeckt. Ich umarme ihn und wir stellen uns an der Popcorn-Schlange an. Kurz darauf halte ich eine Popcorn tüte in der Hand und wir suchen den richtigen Kinosaal und setzen uns auf unsere Plätze. Der rote Stuhl ist super gemütlich und ich würde am liebsten noch eine halbe Ewigkeit hier neben Luis sitzen bleiben. Außerdem hätte ich bei einem Dauer grinsen Wettbewerb bestimmt den ersten Platz belegt. Ich kann mich gar nicht so richtig auf den Film konzentrieren einerseits wegen Luis andererseits weil ich Angst um Marco habe. Ich will mich gerade nah vorne Lehnen um mir Popcorn zu angeln als ich mit Luis Kopf zusammen stoße. „Aua, dein Kopf ist hart", sagt er lachend und grinst. Ich lache und gebe ein „deiner aber auch" zurück. Er küsst mich auf die Wange und steckt sich ein Popcorn in den Mund. Als der Film endet hätte ich gerne noch länger dort gesehen. Umhüllt von dem verführerischen Duft nach Popcorn, der Kino Atmosphäre und natürlich Luis.

Der Weg nach Hause wird langweilig und öde. An meiner Bahnstation biege ich nicht in meine Straße ab, sondern gehe weiter bis zu Marcos Haus. Hier soll ich mich mit Marcos Onkel treffen und mit ihm über meine Probleme reden. Ich drücke auf den Klingelknopf und warte bis mir die Tür aufgemacht wird. Marco öffnet mir und umarmt mich. Ich betrete den bekannten Flur und hänge meine Jacke auf. Im Wohnzimmer ist es angenehm warm und gemütlich. Marcos Onkel kommt aus der Küche und stellt eine Schüssel mit Plätzchen auf den Tisch. „Hi!", sagt er und gibt mir die Hand.  In der darauf folgenden Stunde und viele Kekse später habe ich im alles erzählt und fühle mich jetzt ziemlich befreit und erleichtert. Ich verabschiede mich von Marco und seinem Onkel und gehe nach Hause. Ich mache meine Jacke bis oben hin zu und beschleunige meine Schritte als ich die drei Jungs bemerke die auf der anderen Straßenseite rum lungern. Ich höre wie sie die Straßenseite wechseln, ohne mich umzudrehen gehe ich weiter. Der Wind ist eiskalt und schneidet mir ins Gesicht. Jemand packt mich an der Schulter und dreht mich zu sich um. Ich starre in Freddys wütendes Gesicht und würde am liebsten weglaufen. „Du warst ja doch bei ihm!" stellt er fest und lächelt kalt. „Ganz schön frech die junge Dame", sagt er und streicht mit seinem Finger über meine Wange, ein Schauer läuft mir den Rücken runter und ich  zucke zurück. „Lass das!", schreie ich ihn an, ich weiß nicht woher ich den Mut dafür nehme. Er nimmt mein Gesicht zwischen seine Hände, kalte Hände und eine Geste von der eigentlich etwas beruhigendes Ausgehen sollte. „Du gehörst mir! Hast du das verstanden?", sein Atem stinkt nach Alkohol und seine Frage lässt keine Wiederrede zu. Als ich nicht antworte, brüllt er mich an: „ Hast du das verstanden?" Adrenalin pumpt durch meinen Körper und mein Herzschlag rast. Ich spucke ihm ins Gesicht, drehe mich um und renne so schnell ich kann nach Hause.

Drei Jungs und IchWo Geschichten leben. Entdecke jetzt