Kapitel 6

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Auf dem Weg nach Mystic Falls gingen wir mit Liv noch einmal die allerwichtigsten Dinge durch, damit sie in unserer alten Heimat nicht sofort durchdrehte.
Damon erzählte ihr in Kurzfassung alles über die Gründung, sowie die uralte Geschichte wie die Menschen von den Vampiren erfuhren und ich knüpfte dort an, als sozusagen meine Geschichte begann. An dem Tag an dem ich Stefan kennenlernte und mein Leben zu dem wurde, was ich viele Jahre lang bedauert habe.

Jetzt allerdings war es wie eine Phase, auf die ich zurückblickte.
Wie eine Hippie- Phase oder eine Gothic- Phase, eben die Vampir-Phase. Zugegeben, war es stark geschönt und untertrieben, aber so könnte man es in etwa erklären. Es war ein Teil von mir. Ein wichtiger Teil, der mich zu dem Menschen gemacht habe der ich heute bin.

Damon spannte sich merklich an, als ich den Anfang mit Stefan erzählte (obwohl ich natürlich alle Details ausließ), aber um ihm klar zu machen, dass auch er damals noch keinerlei Gefühle für mich hatte, warf ich ein: „Das war zu der Zeit, als du Caroline gedatet hast und sie mit dir angegeben hat."

Damon warf mir einen leicht genervten, aber geschlagenen Blick zu, Liv hätte eine ganz andere Reaktion parat.
„Was? Also Dad war wirklich mit Caroline zusammen? Und ich dachte das wäre nichts gewesen. Das ist so...komisch."

„Wir waren nicht zusammen. Ich habe sie mehr oder weniger manipuliert, damit sie meine Freundin ist und ich so ganz unkompliziert an frisches Blut komme." sagte Damon ganz unverblümt und ich fragte mich, ob er wusste, dass er das soeben seiner Tochter sagte.

„Äh...Dad? Was zur Hölle? Die arme Caroline."
Damon lachte.
„Damals war Caroline noch eine echte Zicke. Erst als sie ein Vampir wurde, wurde sie einigermaßen erträglich." schmunzelte Damon.
„Da muss ich ihm Recht geben." stimmte ich ihm zu.
„Aber du brauchst dich gar nicht so zu verstellen, ich weiß ganz genau, dass ihr zwei euch längst vertragen habt und euch angefreundet habt."

„Ja, das stimmt schon. Aber sie hat mich auch lange genug gehasst."
„Dich gehasst, Dad? Kann ich mir gar nicht vorstellen." meinte Liv ungläubig.

„Es gab Zeiten, da habe selbst ich ihn gehasst." sagte ich.
„Es gab Zeiten da habe ich mich selbst gehasst." lachte Damon.
„Sagen wir es so Liv, ich bin wirklich froh dass du dieses Ich nie kennen gelernt hast und auch nie kennenlernen wirst."

„Es kommt mir vor, als würdet ihr von einem verqueren Paralleluniversum sprechen, so unwirklich klingt das gerade."
Damon und ich blickten uns nur vielsagend an. Vielleicht war es besser, wenn sie nicht alles von der Vergangenheit wusste.

Damon wechselte den Radiosender und ich sah jetzt wieder konzentrierter auf die Straße. Es war finster und ich konnte kaum etwas sehen. Wie ich doch meine Nachtsicht vermisste!
Damon gähnte. Das war eine dieser Dinge, an die ich mich nie gewöhnen könnte. Müdigkeit. Es war abgesehen von der Unsterblichkeit wohl das Erbämlichste, was der Mensch zu bieten hatte.

"Warum fahren wir eigentlich mitten in der Nacht und nicht morgen früh? Es war ein langer Tag und ihr solltet euch ausruhen." Liv, sorgte sich um unsere Ausdauer während sie natürlich hellwach war.

Ich wunderte mich zuerst nicht über diese Aussage, schließlich hat sie das schon oft gejammert, wenn Urlaubsfahrten zu lange dauerten. Dann allerdings fiel mir wieder ein, in welcher Situation wir uns befanden und ich fragte mich, ob Liv Witze machte.
Erst beim nächsten Gedankengang wurde mir klar, dass Liv das alles noch längst nicht verarbeitet hat und reflexartig handelte wie ein Mensch.

"Olivia, wir wollen dich an einem Stück nach Mystic Falls bringen und das geht nun mal nur bei Nacht, solange Bonnie keinen Ring für dich gemacht hat." erklärte Damon.

"Und warum habt ihr mir nicht einfach eure alten Ringe gegeben? Das wäre viel einfacher."

"Unsere Ringe wurden speziell für uns gemacht, die funktionieren bei dir nicht. Tageslicht-Ringe kann man nicht vererben." Mir war das nie so bewusst gewesen, aber als Damon das sagte, kam es mir logisch vor. Allerdings kam es bisher nie in Frage, dass ein Vampir seinen Ring vererben könnte. Entweder ein Vampir stirbt oder er lebt für immer mit diesem Ring.

"Das ist alles so kompliziert. Ich warte immer noch darauf, dass ich morgen aufwache und das alles nur ein verrückter Traum war." murmelte unsere Tochter niedergeschlagen vom Rücksitz. Darauf wussten wir auch nichts zu sagen. Wir haben alles dafür getan, um ihr dieses Leben zu ersparen.

Womöglich wäre es besser gewesen, sie von Beginn an in die ganze Geschichte einzuweihen, um ihr die Gefahren zu zeigen, damit sie sich selbst hätte schützen können. Aber nun war es zu spät, weder Liv noch Damon und ich konnten es jetzt ändern. Selbst Bonnie hätte keine Chance ohne die dunklen Mächte, an die sie sich seit Jahren nicht mehr heran traute.

"Glaubst du, er wird uns folgen?" fragte ich Damon leise, sodass es Liv nicht hörte. Ich wollte sie nicht unnötig beunruhigen und belasten.
Damon nickte nur.
"Mist." murmelte ich vor mich hin und beobachtete Liv unauffällig im Rückspiegel.
Sie hörte jetzt Musik mit ihrem iPod und hatte ihre Augen geschlossen. Anscheinend wollte sie jetzt Zeit für sich haben und das alles verkraften.

Damon lachte leise. Fast lautlos.
"Elena, du hast doch nicht wirklich gedacht, wir wären ihn los? Nach alldem was wir in den letzten Jahrzehnten durchgestanden haben? Nach all den Katastrophen und Feinden, die uns Jahrelang nicht losgelassen haben, glaubst du dieser Vampir verschwindet so schnell wie er gekommen ist?"

Ich schwieg und überlegte. Klar, es war dumm von mir, so etwas zu hoffen. So viel Glück hatten wir nicht.
"Aber er wird uns bis Mystic Falls nicht weiter stören, er bleibt unauffällig. Da bin ich mir ganz sicher."
"Wie kommst du darauf? Wieso sollte er wissen wo wir hinwollen?"

"Ein Vampir der noch nie von Mystic Falls gehört hat, den gibt es nicht. Außerdem wird er sicher irgendwann gelauscht haben. Durch meine menschlichen Sinne konnte ich das natürlich nicht erkennen. Oder er hat sich längst über uns informiert." meinte Damon. Anschließend fluchte er im Flüsterton noch etwas darüber, dass er jetzt am liebsten wieder seine alten Sinne und seine alte Stärke hätte, denn so würde er sich um einiges wohler in seiner Haut fühlen. Er hätte viel mehr Kontrolle.
Ich ignorierte sein Geschimpfe, denn ich kannte ihn gut genug, um zu wissen, über dieses Thema keinen Streit anzufangen.

"Überschätzt du den Vampir da nicht etwas? Was, wenn er nur zufällig auf Liv getroffen ist und er dann weitergezogen ist?"

"Baby, du weißt es doch auch aus eigener Erfahrung: um jemanden zu beißen oder auszusaugen, braucht es keinerlei Vorgeschichte, keinerlei Gründe. Oft reicht zur falschen Zeit am falschen Ort. Aber um jemanden zu manipulieren und zu verwandeln, jemandem sein Blut zu geben, dazu braucht es viel mehr. Sei es Rache oder Hass, irgendeine persönliche Bindung. Und darum geht es hier. Es ist noch lange nicht vorbei, es hat gerade erst begonnen."

Delena ∞ All we need is usWo Geschichten leben. Entdecke jetzt