Kapitel 7

175 11 3
                                    

Als wir in Mystic Falls ankamen, war es schon dunkel und Liv war auf dem Rücksitz eingeschlafen.
Es war seltsam, die Kleinstadt nach all den Jahren wieder zu sehen und an den bekannten Häusern vorbei zu fahren.
Das Rathaus, die High School, die alte Brücke... ich müsste lügen, wenn mich nicht eine Gänsehaut überzog, als ich die Gebäude sah. So viel Zeit, so viele Erinnerungen. Und obwohl auch sehr viele gute dabei waren, überkamen mich nur die schlechten.
Die Tode, die Unglücke und die Tragödien. Alte Szenen, sie sich anfühlten als wären sie aus einem anderen Leben, spielten sich in meinem Kopf ab und bereiteten mir Kopfschmerzen.

„Wie kommt es, dass uns dieser Ort nichts als Unglück gebracht hat und wir  trotzdem immer wieder zurück kommen?" fragte ich mehr die Fensterscheibe der Beifahrertür als Damon, doch der hatte schneller eine Antwort parat.

„Es ist unsere Heimat. Und du musst zugeben es gab auch gute Momente."
Damon bog nun in die Zielstraße ein.
„Du hast Recht. Liv ist hier geboren." gab ich zu.
„Hier haben wir uns kennen gelernt." sagte er.
„Zweimal sogar." Ich lächelte jetzt leicht.

„Hier hat alles angefangen." murmelte Damon und parkte das Auto vor dem Salvatore Haus.
Keiner von uns rührte sich. Ich hatte nicht einmal die Kraft, das Haus anzusehen.

Damon starrte auf sein Lenkrad.
„Es wäre falsch, nur gute Erinnerungen zu erwarten und nicht die schlechten. Es waren ein paar aufregende Jahre und wir hatten auch einige wunderschöne Augenblicke."
„Stimmt schon. Normalerweise sehe ich auch immer nur die guten Seiten. Ich blende das Negative meist aus. Aber heute...heute kann ich das nicht. Seit ich Stefan kennen gelernt habe und über Vampire erfahren habe, wurde mein Leben kompliziert und gefährlich und ich will nicht, dass unsere Kleine das selbe durchmachen muss." Meine Stimme zitterte etwas - vielleicht aus Angst oder Erschöpfung.

Damon legte seine Hand auf meine und blickte mich nun an. Seine Augen ruhten sanft auf mir und er gab mir Hoffnung, ohne etwas zu sagen.
„Wenn deine Eltern nicht gestorben wären, hättest du Stefan wohl nicht kennen gelernt. Wenn wir von Katherine nicht verwandelt worden wären, wären wir beide längst tot. Wenn Klaus nicht gekommen wäre, hätten wir vielleicht nie mehr Zeit miteinander verbracht als nötig. Wenn Stefan nicht gegangen wäre, hätten wir uns wahrscheinlich nie ineinander verliebt."
Jetzt starrte er wieder durch die Windschutzscheibe, so als würde er weit in die Ferne schauen. Allerdings war die Ferne wohl eher zeitlich als räumlich.

Es war unglaublich, wie das Leben hätte laufen können, wenn einzelne Momente anders abgelaufen wären. Aber am heftigsten traf mich die Tatsache, dass ohne Katherine und ohne die Gegenwart von Vampiren Damon schon vor über hundert Jahren gestorben wäre.
Tausendmal hatte ich allein an diesem Tag den Vampirismus und seine Folgen wegen meiner Tochter verflucht und zur Hölle gewünscht - obwohl es der Grund war, weswegen Olivia überhaupt erst existierte.
Eigentlich hatte ich dem Vampir-Dasein alles zu verdanken. Mein Leben. Meine Freunde. Meine Tochter und die Liebe meines Lebens. Meine ganze Familie.

„Hätte ich dich nicht verloren, wüsste ich nicht, dass ich nicht ohne dich leben kann." flüsterte ich.
Unsere Blicke trafen sich und sie verzerrten sich zu einem traurigen Lächeln.
„Es wird alles gut werden." sagte Damon und klang so sicher, dass ich ihm glaubte - obwohl ich wusste, dass er sich keineswegs sicher war.
„Falls nicht, werde ich diese Stadt nie wieder betreten." entschied ich.
Damon lachte bitter auf.
„Falls nicht, werde ich diese Stadt in Schutt und Asche versetzen. Es ist sowieso ein Wunder, dass sie noch steht."

„Wohl eher ‚schon wieder' steht. Mystic Falls ist genauso untot wie Vampire."
Wir beide lachten und trotz der Situation fühlte es sich richtig gut an.
Es gab Hoffnung. Und wenn wir es nur stark genug wollten, dann würden wir es schaffen. Unsere Olivia Rosalyn Salvatore würde wieder menschlich werden. Ein normales Leben führen. Dafür würde ich kämpfen. Und wenn es das letzte war, was ich tun würde.

„Sollten wir nicht allmählich rein gehen?" fragte Damon und riss mich so aus meinen Gedanken.
„Du weißt schon... um hallo zu sagen." Damon zog einen Mundwinkel nach oben.

Ich habe mich unterbewusst so gesträubt, Mystic Falls zu betreten, dass ich wahrscheinlich die ganze Nacht im Auto geblieben wäre.
„Ja. Wäre vernünftig."
Im Rückspiegel sah Damon, dass Liv noch immer schlief und lächelte sanft.
„Noch ist sie unsere kleine Tochter. Harmlos und wundervoll und...anstrengend wie ein Teenager. Morgen wird sie ein Vampir sein." Es lag bedauern in seiner Stimme, was ich nie erwartet hätte. Nicht von Ihm. Aber ich konnte es nachvollziehen.
„Sie wird immer unsere Tochter sein." sagte ich.
„Ich könnte sie nicht weniger lieben. Selbst wenn sie schlimmer wäre als ich." stimmte er zu.

„Oh Gott. Könntest du dir vorstellen für immer 13 zu sein?" fragte ich entsetzt und ich fand es auf eine Schräge Weise sogar etwas belustigend. Ich hatte offenbar heute eine Grenze erreicht bei der ich meine Emotionen nicht mehr im Griff hatte.
Trotzdem: Ewig jung zu sein war eine Sache. Ewig ein Teenager zu bleiben eine ganz andere. Ich war immerhin 18 gewesen, hatte meinen ersten Kuss, mein erstes Mal und die High School als Mensch erleben können. Stefan war 17 und galt in seiner Zeit schon als erwachsen. Damon war sogar schon über 20 gewesen. Und Caroline schien nichts verpasst zu haben, was sie als Mensch nachholen wollte.

Aber Liv war erst 13. Lang anhaltende Freundschaften, die erste Liebe, der erste Kuss, die erste Beziehung...das hatte sie noch vor sich. Und das Alter kann man auch nicht besonders gut verheimlichen. Wenn man 20 Jahre lang aussieht wie 20, sind die Leute neidisch und fragen nach der Marke der Cremes.
Wenn man aber 20 Jahre lang aussieht wie 13...dann werden Leute misstrauisch.

„Für immer 13. Sie würde niemals eine anständige Beziehung haben." seufzte Damon traurig.
„Sie könnte schon. Es wird schwierig, aber es wäre möglich."
„Mit dreizehn?" Damon schauderte.
„Damon, ich weiß als du jung warst, war es anders. Aber heutzutage sind die Teens aufgeklärter. Ich hatte mein erstes Mal auch mit 14." Ich zuckte mit den Schultern.
„Zu meiner Zeit," warf Damon ein, „wurden junge Mädchen noch mit alten Männern verheiratet. Zumindest teilweise."
„Na also. Sie wird einen Jungen in ihrem Alter finden. Und wenn sie sich sicher ist..."
„Elena!" unterbrach er mich und ich stockte.
„Was?" fragte ich unschuldig.
„Wir reden hier nicht von uns. Oder irgendeinem Mädchen. Wir reden von unserer Tochter. Unserem kleinen Baby. Mir wird schlecht bei dem Gedanken, dass sie ..." er presste seine Faust vor seinen Mund, so als ob ihn wahrhaftig speiübel wäre.

„Sicher, der Gedanke ist nicht schön aber eines Tages wird sie auch Sex haben. Das können wir nicht verhindern. Sei doch nicht so prüde!" meinte ich.

„Eines Tages." wiederholte Damon abschätzig.
„Elena, denk mal zurück...als wir zusammen in diesem Haus waren. Wie wir beide übereinander hergefallen sind."

Sofort wurde mir ganz heiß bei der Erinnerung.
„Du warst immerhin 18. Und jetzt schau dir Olivia an und setzte sie an deine Stelle."
Ich drehte meinen Kopf nach hinten, wo Olivia so friedlich schlummerte, dass ich mich in die Zeit zurück versetzte als sie noch in meine Arme gepasst hat und noch einen Mittagsschlaf brauchte.

Sofort durchzuckte es mich und nun erschaudertet es mich auch.
„Wir müssen das verhindern, Damon."
„Ich weiß!"
„Liv muss das Heilmittel bekommen."
„Ich weiß."
„Sie ist doch unser Baby!" Ich war jetzt hysterisch und aufgebracht.
„Elena, ich weiß. Aber um überhaupt irgendwas zu erreichen, sollten wir jetzt wirklich mal aussteigen."

Verwundert schaute ich nach links und nach rechts, so als ob mir das Auto erst jetzt aufgefallen wäre.
„Hm... du hast wohl Recht. Trägst du sie rein? Ich will sie nicht aufwecken." fragte ich träge. Es war ein langer Tag und es würde ein noch viel längerer kommen.
Er nickte nur und öffnete jetzt endlich die Fahrertür.


Hallo ihr Lieben! Nach einer Ewigkeit endlich wieder ein Kapitel! Manchmal brauche ich wirklich einen Tritt in den A**** damit ich wieder weiß wie sehr ich das Schreiben doch eigentlich liebe.
Ich wollte in diesem Kapitel Catharina einbauen und hatte schon gedanklich einen genialen Dialog vorbereitet nur um dann zu merken dass Katerina Petrova in der Serie nicht mal ansatzweise die 14 jährige und „engelsgleiche" Catharina ist, die ich beschreiben wollte. The Struggle is real. (Jeder der die Bücher kennt weiß was ich meine)

Ich hoffe, das Kapitel hat euch trotzdem gefallen. Mir hat es jedenfalls Spaß gemacht, es zu schreiben.

Delena ∞ All we need is usWo Geschichten leben. Entdecke jetzt