~ Kapitel 1: Ich will sein, lieber allein ~

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Aus meinem schwarzen Kombi holte ich vom Beifahrersitz aus meinem Rucksack mein Portemonnaie. Ich knallte die Autotür zu und spazierte erschöpft von der Hitze zur Tankstelle, um mir im Schatten Abkühlung zu verschaffen. Als ich durch die elektrischen Türen trat, überraschte mich eine frische Brise der Klimaanlage. Geziehlt steuerte ich auf die Schlange vor der Kasse an. Als Zeitvertreib spielte ich mit meinem Portemonnaie in der Hand, bis ich an der Reihe war. „Ich habe die sechs getankt...”, murmelte ich nur halbstark vor mir. Die Kassiererin nickte nur müde, und tippte wild auf ein paar Knöpfe der Kasse. So wie sie aussah, hatte sie bestimmt eine anstrengende Schicht. „Sonst noch was?”, fragte sie und riss aus meinen Gedanken. Ich schüttelte nur den Kopf, und öffnete mein Portemonnaie, aus dem stach mein Personalausweis hervor. Rufus Barma. Das ist mein Name...
Nachdem ich bezahlte, verließ ich die Tankstelle. Zurück in meinem Kombi schnappte ich mir meine Landkarte, und machte mir ein neues Ziel aus. „Hm... Dort ist eine Ruine einer Kirche. Dort will ich hin.”
Mit einer flinken Handbewegung startete ich den Motor, während ich mich anschnallte. Meistens hörte ich Radio, da ich dort die lokalen Nachrichten hören wollte. Entspannt lauschte ich den Gesängen von irgendwelchen Bands, während ich die Fensterscheibe öffnete. Mein vom Schweiß verklebtes rotes rotes Haar wehte mit den Luftzug. In diesem Moment schweiften meine Gedanken ein wenig ab. Unglücklicherweise neigte ich dazu, mich in meinen Erinnerungen zu verlieren. Fast kam ich von der Fahrspur ab, doch ich konnte noch schnell umlenken. Die Klimaanlage in meinem Auto hatte einen Schaden, und die Hitze war wahrlich erdrückend. „I want to be someone else...”, trällerte ich vor mir, während meine Hand um das Lenkrad glitt. Anfangs waren die Straßen noch verdammt voll, doch je näher ich meinen Ziel kam, desto ruhiger wurde es. Wald umgab die Straße und der Geruch von Moos und Kiefer stieg mir in die Nase. Dieser Geruch brachte mir ein Gefühl von Nostalgie.
Früher als ich noch sehr klein war, rannte ich von Zuhause in den Wald meiner Nachbarschaft. Einmal verlief ich mich sogar, sodass ich nicht mehr zurück fand. Niemand suchte mich...

Nach ungefähr einer Stunde erreichte ich die Ruine, die noch relativ gut erhalten war. Weit und breit war keine Menschenseele sichtbar. Bevor ich mein Fahrzeug verließ, lehnte ich mich zurück und schloss für einen Moment die von Augenringe verhangenen Augen. Da ich die letzten Tage unterwegs war, hatte ich keine Zeit, meinen Körper Ruhe zu gönnen. Anders als geplant verfiel ich der Müdigkeit und schlief ein. In dem Moment wo ich meine Augen wieder öffnete, sah ich durch die Frontscheibe, dass ich nicht länger alleine hier war. Vor der Ruine stand mit wehenden weißen Haar ein junger Mann, der sich mit einen Lächeln zu mir drehte, als hätten wir uns gekannt. Sollte ich aussteigen oder weiterfahren? Meine Gedanken waren völlig durcheinander... Letztlich schnallte ich mich ab, stieg aus, doch ich schenkte den Mann keine Beachtung. An sowas wie Schicksal glaubte ich nicht. „Hi!”, rief er zu mir. Ich nahm die sanfte Art seiner Stimme auf, aber eine Antwort schenkte ich ihn nicht. Vorerst. Gerade als endlich Ruhe eingekehrte, sprach der Junge:„Bist du müde..?” Mein Hals war trocken wie die Sahara, jedoch antwortete ich diesmal:„Nicht mehr. Ein Kind wie du sollte nicht an solche Orte sein. ” Klang wohl doch ein bisschen zu eingebildet... Aus seinem Lächeln wurde ein Lachen. Man sollte sagen: Er krümmte sich vor Lachen. „Was ist so witzig?” Der Andere wischte sich die Tränen aus den Augen und erklärte sich:„Ich bin dort, wo ich halt gerade sein will. ” Mürrisch schüttelte ich meinen Kopf, durch dass meine roten Haare schwingten. Da ich den jungen Mann nicht länger belästigen wollte, wendete ich mich der Kirche zu, oder eher gesagt: ihren Resten. In ihr spiegelten sich die vergangen Jahre wieder. Die Steine von Moos bedeckt, erzählten ihre Geschichte, das Dach, das zerlöchert an der Spitze empor ragte, während es sich mit den Ästen der Bäume fusioniert, und diese Symbolik... All die Jahre hatte die Kirche hier gestanden. Langsam zerfiel es wieder in die Einzelteile, obwohl die Ruine doch einst ein so schönes Symbol war. Vielleicht spiegelte es den Kreislauf eines jeden Lebewesens dar.
Anfangs klein bis man heran wuchs in die Blütezeit. Egal wie groß die Festung doch sein mag, irgendwann zerfällt alles...
„He! Kommst du von hier?” Plötzlich tauchte vor mir das Gesicht des Jüngeren auf. Erschrocken zuckte ich bevor ich meine Antwort formulierte:„Nein...”
„Wie heißt du?”
„Rufus.”
„Wie alt bist du? Wo wohnst d-”
„Jetzt halt mal die Luft an! Was wird das, wenn es fertig ist?!”
Groß und geweitet blickten mich seine roten Augen an, als hätte er wirklich die Luft angehalten.
„Was willst du von mir eigentlich.?” Es klang wie ein schwerer Atem oder ein tiefer Seufzer.
„Weiß du, ich liebe es die Welt zu bereisen. Wie es aussieht verbindet uns das, und deshalb will ich mit dir mit! Bitte... Nur ein Stück auf deiner Reise”
Er war wirklich nervtötend.
„Nein. ”
„Nein? Ist das das neue 'Ja'? ”
Völlig entnervt packte ich seine Wange und zog kräftig dran:„Das heißt: Vergiss es!” Dann drehte ich mit einen Schwung herum, um den Fremden aus dem Weg zu gehen. Durch den lockeren sandigen Boden folgte ich meinen Fußspuren zurück zum Auto. „Mein Name ist übrigens Xerxes!” Vom weitem hallte seine Stimme, die anscheinend immer näher kam. Verfolgt er mich?!
Ohne weiter Aufsehen zu erregen, setzte ich mich in den Kombi. Im Blickwinkel spiegelte sich die Abendsonne, die sich mit dem Horizont verschmolz. Schon wieder überkam mich die Müdigkeit und es scheinte, dass Xerxes wieder Zuhause war. Hoffentlich. Die Möglichkeit zum Schlafen hatte ein Glück, in dem ich den Sitz zurück klappte. Vom Rücksitz schnappte ich mir eine Decke. Natürlich deckte ich mich damit nicht zu, da es ziemlich heiß war, sondern ich nutzte diese als Kopfkissen. Meine Augen fielen glatt von alleine zu...

Ein lautes Knallen! Von einem Moment zum Anderen schlug ich meine Augen auf. Herzrasen vernebelte meine Sinne und ließ mich kaum atmen. Schwungvoll schmiss ich die Autotür auf:„Xerxes!” Von der linken Seite blitzten mich verwundert dann zwei robinrote Augen an, wie bei einer Katze. Plopp! Etwas tropfte auf meiner Nase. „Regen..?” Erleichtert atmete ich aus.
„Was sollte es sonst sein? Ist halt ein Sommergewitter...”, erklärte Break und legte seinen Zeigefinger auf dem sandigen Boden. Mit dem zeichnete er kleine Strichmännchen.
Nachdem ich heftig seufzte, grummelte ich genervt:„Steig ein...”
„Echt jetzt?”
Aufgeregt wie ein kleines Kind sprang er auf und rannte zu der Beifahrer Seite. Das Knallen der Autotür schreckte mich auf, aber ich versuchte, dass nicht von außen zu zeigen. „Für ein Landstreicher bist du ganz schön jung, oder?” Kalt und emotionslos wie immer stellte ich meine Fragen, als hätte ich ihn verhört. Auf dieses Frage biss er sich ein wenig auf die Unterlippe. Jedenfalls soweit ich ihn in der Dunkelheit erkannte. Nach einer kleinen Pause erklärte er seine Situation. Irgendwie hatte ich im Gefühl, dass er nicht alles erzählte, aber ich wollte nicht weiter nachhaken. Also war Xerxes nur ein zwanzig Jahre alter Wanderer... Klang eindeutig ein bisschen zu enthusiastisch. Die Decke, welche ich unter meinen Nacken geklemmt hatte, schenkte ich den Anderen. Damit konnte er sich ein wenig abtrocknen und aufwärmen. Allmählich herrschte Stille zwischen uns und ich kam zur Ruhr. Zwar wusste ich nicht, ob Xerxes schon schlief, doch in umgab so ruhige Aura mit einer gleichmäßigen Atmung. Durch die ganze Aufregung war ich völlig erschöpft, sodass ich glatt einschlief.
Wie gewöhnlich prägte sich mein Rhythmus meines Schlafes aus unruhigen Passagen. Ich dachte an früher beim Schlafen. Anscheinend verbunden Xerxes und mich doch mehr als die Liebe zum Reisen. Jeder Mensch hat ein Kapitel im Leben, dass er nicht jedem vorliest.
Morgens früh wachte ich mit schweren Knochen auf. Völlig fertig streckte ich mich, um über jegliche Müdigkeit hinweg zu kommen. „Du bist schon wach?” Noch verschlafen, brachte ich diese Frage über meine Lippen. Von Xerxes konnte ich ein Nicken vernehmen und auf sein Gesicht zaubert er ein Lächeln, das förmlichst ansteckte. Als ich ihn von Kopf bis Fuß scannte, realisierte ich, dass er, oder wohl eher seine Kleidung, in einen misslichen Zustand waren. Fast wie ein knappes Kleid hing sein schwarzer Pullover herum. In diesem wirkte die schmale Gestalt glatt verloren. Abgesehen davon, war seine Jeans total abgenutzt, seine Schuhe eindeutig zu groß und eigentlich benötigte er eine Brille. Sein Haar reichte ihn bis zu den Schulterblättern, wenn er sie mal nicht in einem Zopf trug. Außerdem bedeckten sie einen großen Teil seines Gesichts. Durch seine blasse Haut wirkte er wie ein Gespenst oder wie eine Statue. Immer mit einen Grinsen im Gesicht vermittelte er mir indirekt, dass dieses nur eine Fassade oder Maske war. Xerxes zeigte ein solch mysteriöses Verhalten...
„Schnall die an.” Eigentlich sollte es wie eine Aufforderung klingen, doch durch meine genervte Stimmenlage wirkte es nicht so. Wie "befohlen", zog er den schwarzen Gurt um sich und ich fuhr los. „Wo geht es jetzt hin? ”, fragt mein Beifahrer aufgeregt wie eh und je.
„Shoppen.”
„Shoppen?”
„Ich will nicht mit dir durch die Gegend ziehen, wenn du aussiehst, wie ein Penner...”
„Autsch, das sind meine Lieblingssachen. ”
So langsam verringerte sich die Anzahl der Bäume. Stattdessen begrüßte uns ein blühendes Weizenfeld, welches so gelb erstrahlte wie die Sonne. Der seichte Wind brachte ihre Köpfe zum Neigen als hätten sie getanzt. Nicht nur der Weizen tanzte, sondern auch Xerxes...
„Die Musik ist Klasse!”
„Könntest du bitte aufhören! Ich kann mich so nicht konzentrieren!”
„Du fährst sowieso wie ein Raser.”
„Ich bin so kurz davor, dich raus zu schmeißen!”
Tja, die Fahrt fuhr so in der Art fort, bis wir die nächste Stadt erreichten. Ich versuchte mich, ein wenig an die Vergangenheit von Xerxes ran zu tasten:„Sag mal, seit wann reist du so alleine durch die Gegend?”
Unangenehmes Schweigen trat auf, bis dann mein Beifahrer sich entschied zu antworten:„Naja seit ein paar Wochen. Also nicht allzu lange, falls dich das beruhigt...”
Wahrscheinlich war das gelogen...

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Vielen Dank fürs Lesen! Ich entschuldige mich im Voraus wegen Rechtschreibung und Grammatik, weil ich leider zu wenig Zeit hatte, diese Geschichte zu überarbeiten. Wahrscheinlich wird es ein bisschen dauern, bis das zweite Kapitel fertig ist. Ich hoffe trotzdem, dass dabei Geduld bewahrt wird.

Die letzten Tage des Sommers Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt