Die Hitze raubte mir fast die Luft zum Atmen. Trotz geöffnetem Fenster fühlte es sich an, als könnte ich jeden Moment ersticken. Mein Reisegefährte ließ sich davon nicht stören und schlief friedlich weiter. Aus dem Augenwinkel erkannte ich sein engelsgleiches Gesicht, das so unschuldig und ruhig wirkte, als wäre er tot. Ich sah diesen Augenblick als ein Vorteil an, ein wenig Ruhe zu haben. Anderseits wäre es nicht das Gleiche gewesen, wenn er nicht mitgekommen wäre. Ich schüttelte den Kopf und konzentrierte mich wieder auf die Straße vor mir. Um die Stille zu vernichten, schaltete ich das Radio an. Für gewöhnlich liefen dort nur die Titel der neusten Musik. „Wie nannten sie diese gleich? ”, ging es mir durch den Kopf. Heute vernahm ich einen Song, welchen ich früher als Kind unglaublich gerne gehört hatte. Diese depressive Aura verschaffte mir eine Gänsehaut. Wer kannte nicht dieses Gefühl, wenn man ein Lied hörte und mit der Melodie vor deinen Augen sich ein Bild immer und immer wieder abspielte. Es war kein Film in deinem Kopf sondern deine Erinnerungen. Mein Großvater hatte mal das Gedächtnis mit einer Kamera verglichen. Welche Ironie es war, als er sich nicht mal mehr an seinen Namen erinnern konnte.
Zurück am Lenkrad bemerkte ich wie sich etwas, oder besser gesagt jemand, streckte. Xerxes guckte mich an, wobei seine Augen zusammengekniffenen waren.
„Und? Gut geschlafen?”
„Eher so lala... Am Besten lässt es sich in einem Bett schlafen...”
Für einem Moment schwieg der Weißhaarige. Er zog die Knie auf den Fahrersitz. Dann umarmte er seine Beine, als wären sie ein Plüschtier gewesen. Zwar hätte ich ihn gerne länger beobachtet, aber mein Blick wendet sich wieder der staubigen Straße zu.
Nach einer Weile fragt Break:„Du siehst immer so nachdenklich aus... Worüber denkst du nach? ”
Ich bangte mit dem Gedanken, ihn über seine Vergangenheit auszufragen. Nur zu gerne hätte ich gewusst, von wo er kommt, oder warum er nicht Zuhause geblieben ist.
„Ich frage mich nur, wie weit wir noch vom Meer entfernt sind... ”, brummte ich. Von meiner Antwort schien Break nicht gerade überzeugt, aber er nickte trotzdem. „Ja, hoffentlich gibt es dort auch Eis!” Das Lächeln konnte ich mir nicht verkneifen. Manchmal waren seine Gedanken so primitiv und einfach wie die eines Kindes. In der Ferne sah ich einen Parkplatz. Ich bremste mein Auto und biegte auf den Platz. Kein anderes Auto stand dort und weit und breit konnte man kein Anderes sehen. Naja, wenigstens hatte ich dann freie Platzwahl. Mein Fahrzeug kam zum Stehen, dann ging prompt die Beifahrertür auf. Springende läuft Xerxes über den staubigen Parkplatz aus Sand. Jedesmal wenn seine Füße den Boden verließen, stieg eine Staubwolke hoch. Ich war überrascht von seiner Euphorie, schließlich war ein Parkplatz wirklich nichts Besonderes.„Warum so aufgeregt?”, fragte ich mit rauer Stimme. Die Sonne hat ihren Job getan, und spürte das Verlangen zu trinken. Ich machte mich auf den Weg zum Kofferraum. Beim Berühren des Autos, hinterließ ich Fingerabdrücke auf dem Lack. Ohne der Beihilfe des Drecks würde das nicht funktionieren. Ich musste fast reinkrabbeln, um eine Flasche Wasser zu erreichen. Meine Hände tasteten durch den dreckigen Staub bis zu erlösenden Flasche. Ich war noch nie der saubere Typ, der sein Auto ständig wusch. Im Gegenteil eigentlich hielt ich gar nichts von diesen Fahrzeugen. Mit dem Wasser in der Hand vernahm ich Xerxes' Stimme. Durch die räumlichen Unterschiede verstand ich ihn nur sehr schlecht.
„Was hast du gesagt?”, fragte ich auf eine Antwort wartend. Anscheinend verstand der Weißhaarige mich besser als ich ihn. Ich konnte seine Schritte verfolgen. Grinsend platzierte er sich vor mir. Wie es mir schien, machte es ihm nichts aus, auf dem staubigen Boden zu sitzen.„Ich sagte, ich finde es so schön erfrischend hier draußen! ”, wiederholte Break sich. Er senkte seinen Blick zum Boden, doch sein Grinsen hat er dabei nicht verloren. Und er hatte recht; Die untergehende Sonne leistete gute Arbeit.
Ich wischte meine schmutzigen Hände in meiner Hose ab und nahm einen Schluck aus der Flasche. Mein Wegbegleiter meldete sich fürs Erste nicht. Das war die ideale Gelegenheit, ein wenig Ruhe zu kriegen. Fast schon angestrengt fokussierte ich meine Augen auf den Wald, der den Parkplatz umgab. Nur das Rauschen der vertrockneten Bäume lag mir in den Ohren. Die unerträglichen Temperatur hatten der Natur ihre Pracht genommen. Ich ignorierte die Wahrheit, dass es sich bei diesem "Wald", um eine ausgetrocknete Ansammlung von Bäumen handelt. Aus diesem Grund stellte ich mir diesen in voller Blüte vor. Der Geruch von faulendem Holz, Wasser und Pilzen stieg mir in die Nase. Welch angenehmes Gefühl verbreitete sich in mir für einen Augenblick.
Ich sah mich selbst, klein wie ich war; kurze rote Haare mit zu großen Klamotten. Die Knie waren mit Dreck übersät wie auch meine Kleidung. In meine kleine Hand legte ich einen Stein. Er war nicht wertvoll, aber ich packte ihn trotzdem in meine Jackentasche.
Wenn ich jetzt so an den kleinen Jungen zurückdachte, tat er mir schon irgendwie Leid...Aus dem Augenwinkel sah ich eine kleine Regung des Weißhaarigen. Damit hatte er meine Aufmerksamkeit wie bei einer Katze, die eine Maus sah.
„Rufus? Hast du eigentlich kein Zuhause?”, fragte er. Seine langen weißen Haarsträhnen fielen in sein Gesicht. Flink strich er sie zurück hinter seinem Ohr. Ich musste mir das Grinsen verkneifen wegen der Geste.
„Ich denke, wir haben das gleiche Zuhause. ”
„Häh? ”
„Wir beide sind Bewohner des Planeten. ”
„Ach so... Das meinte ich nicht.”
Damit war auch diese Konversation beendet. Er ging nicht weiter auf das Themengebiet ein und ich war einverstanden. Manchmal wollte ich einfach einige Dinge für mich behalten. Nur Narren würden alles über sich verraten... Jedenfalls dachte ich so darüber.
„Bist du durstig?”, unterbrach ich die Stille. Eifrig nickte Xerxes, wobei sein Haar sich mit dem Kopf bewegte. Dann warf ich ihm eine Flasche zu, welche er natürlich fing. Wir, die vor der gesamten Welt fliehen wollten, saßen zusammen im Abendrot. Solch ein Bild hätte man festhalten sollen; aber nicht wie die typischen digitalen Bilder. Dieses Erinnerungsstück wäre schwarz und weiß sowie früher. Ich hing wirklich sehr an die alten Traditionen.
Ich zog ein gutes Buch immer einem mobilen Telefon vor.Mein Schweiß kühlt ab durch eine kalte Brise. Leise und kaum hörbar rutschte mir ein leises Seufzen über die Lippen, als wäre ich mit den Gedanken woanders gewesen. Und das stimmte ja auch.
Ich spielte mit dem Gedanken, für immer unterwegs zu sein. Nie wieder zur Heimat zurückkehren. Aber könnte ich das wirklich übers Herz bringen?
„Du wirkst so nachdenklich, Rufus! Es wirkt so, als würden deine Gedanken einen Marathon laufen, aber deine Worte gehen nur...”, ließ Break seine Bedenken freien Lauf.
„Netter Vergleich...”, brummte ich. Aus meinem verschwitzten Nacken holte ich meine langen roten Haare.
Die Worte waren ungewöhnlich weise für jemanden wie Xerxes. Vielleicht birgt er etwas Tiefgründigeres in sich, als ich vorher zu denken vermochte.„Was ist mit dir? Wo ist dein Zuhause?” Die großen Augen von Break verrieten mir, dass ich einen Nerv getroffen hatten...
Hatte er überhaupt eine Heimat..?
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Die letzten Tage des Sommers
Fanfiction„Schon seit ich klein war, hasste ich es an einem Ort gebunden zu sein. Ich will frei sein und die Welt erkunden. Auch mit 26 Jahren bereiste ich die Flecke dieser Welt, an die noch kaum ein Mensch seinen Fuß gesetzt hatte. Plötzlich nahm mein kümme...