Der Wind schmeckte wie immer salzig, welcher sanft durch meine roten Haare wehte. Ich fröstelte etwas, da es erst 7:30 Uhr am morgen war, aber das war mir egal.
Wie immer am Tag vor dem grossen "Fest", musste ich einen klaren Kopf bekommen. Ich wusste zwar selber nicht warum ich da dann schon so früh aufstehen und zum Meer hinabgehen musste, aber ich musste es einfach tun, ich brauchte es.Ich musste die kalte, erfrischende Luft an meinem Körper spüren, der Gesang der Möwen hören, das Rauschen der Wellen, welche geschmeidig immer wieder über den Sandboden in meine Richtung krochen.
Es wird einen schönen, sonnigen Tag geben in Distrikt 4. Alle Fischer werden in ein paar Minuten schon auf See gehen um ihr Fisch-Glück im Wasser zu suchen. Auch wenn das Kapitol es mit uns gar nicht mal so schlecht meinte, im Gegensatz zu Distrikt 12 zum Beispiel, hatten auch einige hier es nicht immer leicht. Bevor Finnick in die Spiele musste, arbeiteten meinen Vater als Fischer und meine Mutter auf dem Markt um die gefangenen Fische dann verkaufen zu können. Unsere Familie war nie arm gewesen, da mein Vater schon immer bekannt gewesen war für seine guten & schmackhaften Fische & sonstige Meerestiere. Aber so wie in jedem Distrikt gibt es auch den Saum. In manchen ist er grösser, in anderen kleiner.
Ich erinnere mich noch ganz genau, wenn ich mit meiner Mutter mit auf den Marktplatz ging. Wie immer solche aus dem Armenviertel über den Platz streiften, auch wenn es ganz klar war dass sie kein Geld für irgendetwas hier hatten. Ich war erst etwa 7 Jahre alt und starrte diese Leute immer an, ich musste sogar zugeben dass ich Angst vor ihnen hatte. Aber bloss weil meine Mutter immer sagte ich solle niemals mit ihnen reden, sie könnten mir ja etwas stehlen!
Für eine lange Zeit glaubte ich ihr das sogar.
Bis ich 14 Jahre alt war.
Es war damals ein kalter, regnerischer Tag gewesen und genau an diesem musste ich in das Zentrum vom Distriktes um ein paar Einkäufe zu erledigen. Ich nahm mit Absicht die eher menschenverlassene Gasse, da ich es leid war immer so angestarrt zu werden von den Leuten & dann immer das gleiche zu hören wie: "Schau mal, Mama! Die kleine Schwester von Finnick Odair!" , "Das ist die Schwester von Finnick, welche er selber als Karriero ausbildet!" oder "Ist das nicht die kleine Odair?"
Nur um es mal klar zu stellen: klein war ich mit einer Körpergrösse von 1.70m garantiert nicht mehr!Natürlich habe ich es mit der Zeit angefangen zu ignorieren, aber an diesem regnerischen, trüben Samstag hatte ich einfach keine Lust auf diese Leute. Allgemein keine Lust auf Menschen.
Also ging ich mit meiner schwarzen Regenjacke, die Kapuze halb übers Gesicht gezogen, durch die regendurchströmten Gassen des Distrikt 4.
Das Regenwasser spritzte in alle Richtungen, wo ich auch nur hintrat. Die Tropfen prasselten auf meine Kapuze der Regenjacke und ich hielt den Blick immer zu Boden gerichtet, damit mein Gesicht nicht auch noch nass wurde.
Die Fischer heute hatten es sicher nicht leicht, auf dem Ozean würde es sicher nicht gerade besseres Wetter sein.Ich wusste nicht was der Grund war, vielleicht war ich zu sehr in Gedanken versunken gewesen, oder vielleicht weil ich meinen Blick die ganze Zeit zu Boden gerichtet hatte, aber irgendwann spürte ich, wie ich in jemanden hineinlief.
"Oh, tut mir leid!", hörte ich eine leise, ängstliche Stimme sagen. Mein Blick schnellte auf und ich zuckte etwas zurück als ich sah, wer vor mir stand.
Es war zu 100% Jemand aus dem Saum, ich sah ihre abgewetzten Kleidungsstücke; eine dunkelbraune, eher schmutzige Hose um die ein schwarzer, abgetragener Gurt geschnürt war, da wohl die Hose für sie sonst 3 Nummern zu gross war. Als Oberteil trug sie ein olivengrünes Hemd, darüber eine alte, dünne Stoffjacke. Natürlich war alles vom Regen durchnässt, wie auch ihre schwarzen, schulterlangen Haare.
Sie zitterte vor Kälte, aber auch vor Angst. Ich sah Panik in ihren hellgrünen Augen.
"Kein Problem.", brachte ich nach einem langen Schweigen heiser heraus. Das Mädchen musste etwa in meinem Alter gewesen sein, vielleicht auch noch ein Jahr jünger.
Unauffällig sah ich mich kurz in der Gasse um, sie war alleine. Warum war ein 13-jähriges Mädchen durchnässt und voller Angst alleine?
Naja, ich war ja zurzeit auch alleine, aber das war etwas anderes. Finnick und meine Eltern warteten ja zu Hause auf mich.
Das schwarzhaarige Mädchen betrachtete mich unsicher. Wovor hatte sie angst? Meinte sie, ich würde sie irgendwo verpfeifen? Würde sie schlagen, weil sie aus dem Armen-Viertel kam?
"Ich...tu dir nichts." Meine Stimme war rau, sogar ebenfalls etwas unsicher, aber ich meinte es ehrlich.
Ich wusste selbst nicht warum ich überhaupt mit ihr redete, sie zu beruhigen versuchte.
Vielleicht war es wegen ihrem ängstlichen Blickes, vielleicht aber auch weil sie in meinem Alter war.Das Mädchen mit den grünen Augen lächelte ganz vorsichtig. Ich versuchte das Lächeln zu erwiedern, aber ich war noch nie eine gute Lächlerin gewesen. Natürlich habe ich seit Finnick's Sieg in den Hungerspielen über hundert Mal für die Kamera gelächelt, aber das war mehr als die Hälfte eh nur ein Fake gewesen.
Die Schwarzhaarige getraute sich nun mich genauer anzusehen und sie zog kurz überrascht die Augenbrauen hoch, schien sich aber dann für die Reaktion zu schämen und sah wieder zu Boden.
Sie erkannte mich.
Sie wusste wer ich bin.
Ich war das Mädchen welches nicht ins normale Karriero-Training ging, weil es zu schlecht für sie war (was natürlich nicht stimmte). Die kleine, arrogante Schwester von Finnick Odair.
Dabei kannten die meisten mich gar nicht, aber sie nannten mich trotzdem arrogant & hochnäsig.
So waren die meisten Menschen auf dieser Welt; Sie kennen dich nicht, urteilen aber über dich als würden sie sie dich von A bis Z kennen. Es können auch nur Gerüchte sein, es ist für sie die Wahrheit.Aber das Mädchen schien nicht von der Sorte zu sein. Jedenfalls glaubte ich das.
"Wie heisst du?", fragte ich sie nach einem langen, unsicheren Schweigen.
Das mir unbekannte Mädchen sah etwas verwundert hoch. Als hätte sie mit einer solchen Frage nicht gerechnet.
"Ayla.", sagte sie leise und mit heiserer Stimme. War sie erkältet? Kein Wunder bei den durchnässten Kleidern.
"Melody.", antwortete ich und hielt ihr vorsichtig die Hand hin. Man mag es nicht glauben aber ich bekam sogar ein freundliches, ehrliches Lächeln auf die Reihe.
Und Ayla erwiederte es.
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Melody Odair - 73. Hungerspiele
Fanfiction,,Du bist stark, Mely. Du schaffst das. Du wirst gewinnen." •~• Ich habe noch nie an Schicksal geglaubt. Naja, ich glaube generell nicht an viele Sachen. Aber wenn ich an eins glaube, dann daran, dass das Kapitol verdammt unfair ist. Jedes Jah...