7

94 6 1
                                    

Stöhnend schlug ich meine Augen auf. Ich ertastete mein Handy auf dem Schreibtisch, nahm es in die Hand und wischte über den Bildschirm, um den Anruf anzunehmen, der mich aufgeweckt hatte: ,,Ja?'' - ,,Ich bin's.''' Ich setzte mich langsam auf und gähnte kurz: ,,Sven? Was gibt's?'' Lachend darüber, dass ich noch geschlafen hatte, erzählte er mir stolz, dass er heute noch einmal raus gehen dürfe.

Wir verabredeten uns für 15 Uhr im Park, also hatte ich noch ungefähr 2 Stunden Zeit. Langsam stand ich, nachdem wir aufgelegt hatten, auf. Ich lief ins Bad und betrachtete mich im Spiegel. Meine Haare waren total durcheinander. Deshalb fuhr ich kurz mit meiner Hand durch und nahm mir anschließend meine Zahnbürste aus dem blauen Becher. Während ich mir fleißig die Zähne putzte, dachte ich nach.

Ob Sven wohl irgendwann wieder normal zur Schule kommen würde? Bekommt er überhaupt ein gutes Zeugnis, wenn er die ganze Zeit fehlte? Ich glaubte ich würde es nicht überleben, wenn er die Klasse wiederholen müsste. Klar, wir könnten uns in den Pausen sehen, aber ohne ihn ist es in den Stunden total langweilig. Und er hat mir früher immer in Mathe geholfen, oder mich Hausaufgaben abschreiben lassen. Ich vermisste ihn.

Mein Rucksack lag in einer Ecke. Ich nahm ihn und packte ihn mit Trinken voll, da Sven und ich, wenn wir nicht gerade zur Eisdiele liefen, uns meistens nur trafen um dann Stundenlang rum zu sitzen, ohne einmal aufzustehen. Nur bei besonderen Ausnahmen. Wie halt zum Beispiel die Eisdiele.

Gut gelaunt zog ich mir neue Anziehsachen an und benutzte Deo. Als ich dann endlich komplett fertig war, warf ich mir meinen Rucksack über und rannte nach unten. Wie immer war niemand da. Auch an einem Samstag mussten sie Arbeiten. Auch an Sonntagen waren meine Eltern kaum hier. Aber warum auch? Sie verpassten anscheinend gerne alles, was mit mir zu tun hatte.

Ich zog mir meine Schuhe an und verschwand aus dem Haus. Was ein schönes Wetter. Es war ungefähr 22°C, die Sonne schien, es wehte kein Wind, es waren keine Wolken am Himmel. Also das perfekte Frühlingswetter. Das verschaffte mir direkt bessere Laune. So war es immer, bei schönem Wetter. Und bei schlechtem Wetter war ich auch automatisch schlecht drauf.

Ich überquerte die Straße, die zum Park führte und sah auch schon direkt Sven auf dem Rasen stehen, doch er war nicht alleine. Neben ihm stand ein weiterer Junge, sie sahen aus, als würden sie sich streiten. Ich lief zügiger auf die beiden zu, um ihm helfen zu können, doch kurz bevor ich bei ihnen ankam, schubste Sven ihn weg und der Unbekannte lief davon. Verwirrt tippte ich meinen besten Freund auf die Schulter: ,,Was war das denn?'', fragte ich. Sven drehte sich erschrocken um: ,,Alter! Erschreck mich doch nicht so'', er sah kurz dem Jungen hinterher um sich zu vergewissern, dass er weg war: ,,Das war der Ex-Freund von meiner neuen Bekanntschaft. Der tickt nicht ganz sauber, total deppert ist der. Egal, vergessen wir das.'' Sven setzte sich auf den Rasen.

Immer noch ziemlich verwirrt über diese Situation, setzte ich mich ebenfalls. Er war ziemlich aufgewühlt, das kannte ich kaum von ihm. ,,Wirklich alles okay?'' - ,,Ja, ist nicht der Rede wert.'' Der blonde öffnete seinen Rucksack und holte etwas quadratisches heraus. Ich musste erst drei mal hingucken, bevor ich erkannte, was es war: ,,Hier, den hab ich gestern bei mir Zuhause gefunden, als ich mir ein paar Sachen besorgt hatte. Weißt du noch? Wir haben ihn früher immer geschaut. Ich will ihn dir schenken'', grinste Sven und überreichte mir den Film, den er in der Hand hielt. Ich nahm ihn an mich: Jurassic Park.

Ja, wie bereits erwähnt, wir liebten früher beide Dinos. Ich grinste ebenfalls und bedankte mich. Mir war klar, dass wir ihn nicht mal so eben zusammen gucken könnten. Dafür hatte Sven viel zu wenig Zeit. ,,Wie war es am Donnerstag?'' - ,,Seltsam. Herr Mattson war ziemlich schlecht drauf. Gestern war er nicht mal in der Schule, angeblich krank.'' Der grünäugige legte seinen Kopf schief. Ich wusste ja auch nicht, was bei ihm los war. Vielleicht war er wirklich krank.

,,Weißt du was noch am Donnerstag passiert ist? Lina hat sich zu mich gesetzt.'' Sven schaute zu mir und zog seine Augenbrauen hoch: ,,Die Lina?'' Ich schüttelte lachend meinen Kopf: ,,Ja, Sven. Die Lina.'' - ..Na und was wollte sie von dir?'' Ich zuckte mit den Schultern: ,,So genau weiß ich das nicht mal. Nach 5 Minuten ist sie traurig aufgestanden. Ich hatte total die Schuldgefühle. Vielleicht hätte ich sie ja aufhalten können zu gehen, weißt du?'' Mein bester Freund nickte. Sagte dann aber: ,,Du kennst sie doch gar nicht wirklich. Ich glaube nicht, dass sie auf dich gehört hätte, wenn du sie aufgehalten hättest.'' Und mal wieder hatte er Recht. So wie eigentlich fast immer.

Wir redeten noch über seine Freundin, über die Schule und über seine Klinik, bevor er gehen musste. Ich blieb aber noch sitzen, wollte noch das schöne Wetter genießen. Doch dazu kam es nicht wirklich. Zwanzig Minuten nachdem Sven weg war, sah ich zwei Leute, die ich niemals zusammen erwartet hätte.

My Teacher. (boyxman) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt