3 Besichtigung

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Draußen auf dem Flur brachte Kimberley kein Wort raus. So etwas ist ihr noch nie passiert. Noch nie hatte sich jemand für sie entschieden oder sie jemandem vorgezogen. Dieses Gefühl war toll. Welches Gefühl? Sie hatte es geschafft, drei Jahre lang nichts zu fühlen. Und jetzt? Taddl durfte sie nicht verletzlich machen. Das würde sie nicht schaffen. 

"Also. Was zeigst du mir zuerst?" fragte er und grinste frech. "Sekretariat." Antwortete sie knapp und ging in die Richtung des Verwaltungstraktes. Die Ziegelsteinwände und blass-grün gestrichenen Wände strahlten tatsächlich Geborgenheit und Vertrautheit aus. Die Schülerarbeiten an den Wänden verstärkten dies auch noch. Als sie an einer Arbeit ihres besten Freundes vorbeigingen, eine überdimensionale Skulptur einer Schere, die die Wand aufschnitt, was definitiv eine Omage an Claes Oldenburg sein soll, musste sie lächeln. Der einzige Mensch, der sie verstand unb bei dem sie aus ihrer Blase hinauskonnte. 

Im Verwaltungstrakt angekommen erklärte sie ihm knapp die einzelnen Räume. "Lehrerzimmer, Sekretariat, Büro des Schulleiters." "Hoffentlich verbringe ich diesmal nicht so viel Zeit dadrin." Sagte er und grinste schelmisch. Da war es wieder! Er hatte es geschafft, nochmal ein Lächeln von ihr zu bekommen! "Heißt das du hast oft Ärger in der Schule gehabt?" Sie sah wirklich süß aus, wenn sie rot wurde. "Na ja. Regeln sind nicht meine Lieblingsgrenzen."  Diesmal war es ein Kichern. Ein sehr schönes Geräusch. "Na dann. Zeig ich dir mal die Grenzen des Schulgeländes." Jetzt musste er lachen. Ganz schön schlagfertig die Kleine.

Kimberley und Taddl besichtigten also die ganze Schule. Die Turnhalle, Chemieräume und die Cafeteria. Sie verstanden sich wirklich gut und Kimberley vergaß für diese Zeit ihr Leben in ihrer eigenen Welt, in der kein anderer Platz hatte und in der sie alleine mit ihren Gedanken war. 

"Dann sollten wir langsam mal zurück in den Unterricht." Sagte sie nachdem sie einen Eistee in der Cafeteria getrunken hatten. "Ach ja. Beim Einhalten der Regeln hilfst du mir wirklich gut." Sie gingen also zurück zum Klassenraum und quälten sich durch den ersten Schultag. Viel Organisation, wenig Hausaufgaben, wenig Stoff. Sie hasste solche Tage. Was sollte sie denn jetzt am Nachmittag tun?

"Wir sehen uns dann morgen." Sagte er und lächelte. Süßes Lächeln, dachte sie und machte sich auf den Weg nach Hause. Taddl musste in eine andere Richtung, sodass sie alleine war. Sie sah von weitem das Mädchen schon, welches sehr aufgebracht aussah. Plötzlich kam sie auf sie zu und sagte:" Jetzt pass mal auf! Du bist ein nichts ! Dich hat noch niemand bemerkt und so soll das gefälligst auch bleiben!"

Taddl lässt mich wieder atmenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt