Ich habe meinen Turmbau beendet und Babel für immer den Rücken gekehrt. Es soll Menschen geben die auch Stürze aus höchster Höhe überlebt haben. Aber so wie ich mein Glück kenne wollte ich es nicht ausreizen. Warum ich das Risiko überhaupt einging? Es gibt viele schlechte Gründe die einen Menschen dazu treiben Gefahren auszublenden, Dummheiten zu machen und den falschen Menschen in den Hintern zu kriechen. Nicht wortwörtlich natürlich.Ich war mein Leben lang gelangweilt, von meiner eigenen Gewöhnlichkeit.
Ich war in der Schule früh auf den Weg des Außenseiters geraten. Nicht so, dass ich keine Freunde gehabt hätte. Aber so, dass ich nicht mitbekam wenn man sich Nachmittags traf. So das mir niemand erzählte wer eine Party feierte, und die wenigsten mir zutrauten Spaß haben zu können.
Ein Weg von dem man kaum je wieder abkommen kann. An jeder Biegung wartet jemand, der das Wechseln auf andere Pfade mit stiller Missachtung zu verhindern sucht.
In meiner Klasse machte Intelligenz zum Außenseiter, brachte Fleiß und Wissbegierde auf begaffbare Parallelpfade. Von jedem gesehen, von niemandem beachtet. Von keinem begleitet, von keinem herabgeführt.
Ich wollte raus aus der Isolation, wollte mich ins Getümmel stürzen, mich gesehen wissen. Mehr noch. Ich wollte herausstechen. Ich wollte nicht nur von einigen gesehen werden. Ich wollte von Jedem gesehen werden.
Und als ich nicht mehr Gewöhnlich war, nicht länger Ordinary, sondern besonders, Special, extraordinary, da wollte ich nichts anderes als zurück. Zurück zu Gewöhnlich. Zurück zu Untertauchen. Zu Camouflage.Denn irgendwann hatte ich das Prinzip durchschaut. Ich habe verstanden was hinter Besonders steht, ich habe es erlebt.
Du kletterst hoch und höher, kannst alle überblicken und wirst dabei von allen gesehen, erreichst das Ziel aller Träume. In deiner Vorstellung. Du kletterst und kletterst und gönnst dir keine Sekunde Pause, keine Sekunde nachdenken, reflektieren, zu verarbeiten. Du greifst höher und höher, bis du glaubst die Spitze schon sehen zu können, selbst mit deinen Kurzsichtigen Augen. Du glaubst dir stünde nichts mehr im Wege.Bevor ich begriff stellte mir die Uni immer als einen Neuanfang vor. Einen Platz, den zu überqueren neue Entscheidungen zulässt, neue Wege offenbart, neue Menschen auf neue Pfade führt. Auf endgültige Pfade.
Desswegen übertriebt ich meinen Einstand. Deswegen bekam ich zu viel. Deswegen begriff ich.Denn wer zu weit oben ankommt landet im Himmel.
Und im Himmel fällt das Atmen schwer, unendlich schwer. Die Luft wird dünn, viel zu dünn, Druck breitet sich auf den Trommelfellen aus, ein nicht mehr zu lösender Druck der nach und nach in den Kopf sickert, in die Gedanken die Nerven, die Glieder, Tag und Nacht, Mittag, Abend, Morgen. Nichts macht mehr einen Unterschied.
Und dazu kommt der elende Platzmangel. Auf Spitzen passen nicht viele Menschen. Die Konkurrenz ist groß, und einmal oben ist es unmöglich durch die drängenden Massen zurück nach unten zu kommen. Zumindest auf sicherem Weg. Denn wer sich einfach fallen lässt, wer Vertrauen darin hat,das irgendwer seinen Sturz abfangen wird, der ist ein gutgläubiger Idiot der die Gesetze der Physik nicht kennt. Man kann einen Körper, der von weit oben kommt und nach weit unten fällt nicht einfach so aufhalten. Dafür reicht die Kraft eines Menschen nicht aus. Nein, statt aufgefangen, abgefedert und gerettet zu werden wird derjenige der Thor genug ist vertrauensselig zu fallen nicht nur sich selbst in den Abgrund stürzen. Nein, zu allem Überfluss wird er bei dem verzweifelten Versuch gefangen zu werden andere mit sich reißen.
Einen, Zwei, Drei, Vier. Je nach dem wie viele er vorher auf seinen Pfad gelockt hat. Je nach dem wie viele ihm vertrauen den richtigen Weg zur Spitze gewählt zu haben.Meinem Pfad folgten viele. Sie alle schienen zu glauben ich wüsste was zu tun sei, ich könnte damit leben sie hinter mir zu wissen, ich hätte die nötige Balance, die nötigen Ressourcen auf der Spitze zu überleben, die nötige Devianz. Das ich wüsste was mich erwarten würde, das ich vorbereitet wäre.
Ich hoffe ich habe genug von Ihnen vergrault um die Auswirkungen meines Falls in Grenzen zu halten.
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Träumer
Teen FictionTräumer, der; 1. jmd., der sich wenig an der Wirklichkeit und mehr an seinen Wunschvorstellungen orientiert. 2. Jmd., der (oft) geistesabwesend ist. 3. ?