Erwachen

1.2K 77 3
                                    

Cas schlug seine Augen auf, doch kniff sie sofort wieder zusammen.
Die Sonne schien zwar nicht hell, und war unter einer Wolkendecke, doch für Castiel war es trotzdem unerträglich.
Langsam, um sich daran zu gewöhnen, öffnete er seine Augen und ließ sie dieses mal auch offen.

Es war früh am Morgen, bemerkte der Engel sofort. Er setzte sich langsam auf und sah sich um. Er war in einem Wald und um ihm herum standen überall Bäume.
Sie alle hatten schon ihre Blätter verloren, nur die Nadelbäume strahlten noch in einen schönen, kräftigen grün.
'Das heißt wohl, dass es schon Winter ist', dachte Cas.

Nachdem er alle optischen Eindrücke verarbeitet hatte, ließ er die gefallenen Blätter durch seine Finger gleiten und spürten das weiche Moos, auf welchem er saß.

Plötzlich begann er zu lachen, er lachte, weil er sich so freute, es geschafft zu haben.
Er hatte sich erinnert, weil es so verdammt wichtig war.
Er begann zu weinen, er war noch nie so glücklich.
Er sprang auf  und berührte jeden Baum, an welchem er vorbeilief.

Die Schöpfung wirkte auf ihn noch nie so schön, wie in diesen Moment.
Er schrie so laut er konnte in den Himmel.
„Danke, Vater."

Und er weinte wieder und ließ sich auf die Knie sinken.
Er sah auf den Boden, doch er hatte sein Ziel ganz klar vor Augen.

Sein Gesicht war in Castiels Kopf eingebrannt, und es war schöner als alles, was ihn die Natur bieten konnte.

Castiel lief los, er wurde von alleine geleitet, denn er spürte Dean.
Denn obwohl Dean seine Gefühle wegesperrt hatte, waren sie noch da, und Castiel konnte alles fühlen.
Seinen Schmerz, seine Liebe, seine Sehnsucht nach dem Engel.
Jede Faser seines Körpers schrie nach Castiel, und der Engel spürte, dass Dean gar nicht so weit weg war.
Er wollte sich beeilen.

Dean wachte wie jeden Morgen viel zu früh auf.
Er hatte wie immer zu wenig geschlafen, und die Ruhe die ihm vergönnt war, war geplagt von Alpträumen.
Er zog sich einen Bademantel über und lief in die Küche.

Sam saß komischerweise auch schon da.

„Guten Morgen Sammy? Was machst du denn schon auf?"

„Ich wollte dir mal wieder was gescheites zum Essen machen. Übrigens gute Arbeit gestern mit den Vampiren", antwortete Sam und deutete vor sich auf den Tisch.

„Danke", sagte Dean knapp. Er wusste, warum Sam das genau heute machte. Eigentlich hatte er keinen großen Hunger, sowie seit einem halben Jahr.
Er aß nur noch, weil er sonst zusammenklappen würde.

Er lief zum Tisch und setzte sich seinen Kleinen Bruder gegenüber.
Er schenkte sich Kaffe ein und trank es.
Er wollte aufstehen und gehen doch Sam sagte.

„Dean, bitte ess etwas."

Dean sah wie sein Bruder leidete und das wollte er nicht.
Also ging er zurück und schnappte sich ein Brötchen.
Wie jedes Mal, wenn er das Essen schluckte, tat es im Hals weh.

„Dean, bitte. Ich weiß was heute ist.
Bitte rede endlich mit mir," bittete ihn Sam.

„Ich kann nicht, Sam," krächzte Dean leise und sah weg. Er wollte den Schmerz in Sams Augen nicht sehen.

Stattdessen nahm er die Zeitung.
Sein Blick fiel sofort aufs Datum.
Der 17. Dezember.
Genau sechs Monate ist es her.
Er hatte sechs Monate durchgehalten ohne Castiel.

Er starrte auf die Zeitung, doch nahm er kein einziges Wort in sich auf.
Er wollte bloß nicht, dass Sam mit ihn redete und er wollte ihn auch nicht anschauen.

„Dean, ich sehe, dass sich deine Augen nicht bewegen", sagte Sam.

Als Dean nichts erwiderte seufzte der Jüngere.
Er nahm all seinen Mut zusammen.
Seit der Jäger-Bestattung hatten die beiden kein Wort über Cas verloren und Dean war diese absolut leere Hülle geworden.

„Wir müssen reden, Dean. Du bist so kaputt", meinte Sam.

„Du hast Recht, ich bin kaputt. Und niemand, der lebt, kann da was daran ändern", meinte Dean.

„Bitte Dean. Ich will dich nicht verlieren."

„Das hast du schon. Ich bin innerlich tot", sagte Sams großer Bruder.

Die Worte trafen Sam so hart, wie ein Schlag ins Gesicht.

„Nein, ich hol dich wieder zurück.
Irgendwann.
Verdammt Dean, Cas hätte das so nicht gewollt", den letzten Satz schrie Sam nur so heraus.

Als er Cas Namen erwähnte sah er kurz Schmerz aufblitzen. Doch so schnell wie dieser gekommen war, waren die Augen schon wieder leer.
Doch dieser kurze Blitz gab Sam Hoffnung.

„Erwähne ihn nicht", knurrte Dean bedrohlich.

Sam wollte grad etwas sagen, als Dean plötzlich zuckte.

„Verdammt was war das?",fragte er mehr sich selbst.

„Dean, was ist denn?", fragte Sam besorgt.

„Nichts Sam, ich geh kurz an die frische Luft."

Sam nickte kritisch, doch er ließ es zu.

Dean lief schnell nach außen. Dabei strich er sich über seine Brust, die gerade schmerzhaft gestochen hatte.

„Was ist das?", fragte sich Dean murmelnd.

Er stand vorm Bunker und sah sich um.
Irgendetwas fühlte sich anders an, so extrem anders.
Es war, als würde ihn irgendeine geheime Kraft in den Wald ziehen wollen.

Er schüttelte den Kopf, doch da hörte er es.

„Danke, Vater."

Es war die Stimme von Cas.

„Scheise, jetzt werd ich doch noch verrückt", murmelte Dean leise vor sich hin. Seine Stimme so deutlich zu hören war so schwer für ihn, da er wusste das es Einbildung war und es nur seiner Erinnerung entsprang.

Er lief zurück in den Bunker, wo Sam ihn besorgt musterte doch Dean wandte ihn den Rücken zu und hielt sich an den Arbeitsflächen fest.
Seine Handknöchel taten langsam weh, da er so fest drückte, als er plötzlich ein Klicken der Tür vernahm.
Er drehte sich  herum, und nahm eine  Angriffshaltung ein.
Auch Sam sprang auf, mit einen Brotmesser bewaffnet.

Beide starrten gespannt auf die Tür, als diese aufgestoßen wurde.

„Hallo, Dean."



Destiel-make up for lost timeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt