Kapitel 1

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„Sage."

„Sage, bitte wach auf."

„Warum weinst du denn?"

„Sage?"

Ich kenne diese Stimme. Sie gehört einem Mann. Einem jungen Mann mit blonden Haaren. Einem Mann mit grauen Augen. Einem Mann den ich liebe. Einem Mann namens Luca Gibson. Einem Mann den ich meinen Freund nennen darf.

Luca.

„Bitte hör auf zu weinen."

Ich spürte, wie ich langsam wach wurde. Ich spürte die Tränen auf meiner Wange, die nicht aufhörten zu fließen.

Sie werden niemals richtig aufhören.

Sie sind ein Teil von mir.

„Sage?"

Er spricht meinen Namen mit so viel Gefühl aus.

Er liebt mich.

Ich liebe ihn.

Das Einzige, was unser Glück trübt, ist meine Vergangenheit.

Eine Vergangenheit, die ich niemandem wünsche.

Ich spürte, wie Luca mich in den Arm nahm. Wie er versuchte, meine Tränen von meinen Wagen zu wischen. Wie er versuchte, mir zu helfen.

Als ich meine Augen öffnete, sah ich direkt in seine. Jetzt konnte ich es nicht mehr zurückhalten. Ich fing an zu schluchzen. Ich war schweißnass und lag in seinen Armen, weil er sich nicht darum scherte, wie ich aussah. Es ist ihm wichtiger, dass es mir gut geht. Seit er von allem weiß, läuft das fast täglich so ab.

Ich habe einen Alptraum, indem ich den Missbrauch meines Stiefvaters wieder und wieder durchlebe. Luca wacht davon auf, weckt mich auf. Wir sitzen beide im Bett. Wir umarmen uns. Er tröstet mich. Ich heule seinen Oberkörper voll. Doch all das stört ihn nicht, denn er liebt mich.

Wir wohnten seit meinem Geburtstag zusammen in einem Haus. In unserem Haus. Es ist inzwischen fertig eingerichtet und wir fühlten uns hier wohl. Alan ist noch immer im Gefängnis und wird auch so schnell nicht entlassen werden. Meine Mutter, ihr neuer Freund und meine Schwester wohnen noch immer in Maine und ich werde sie in einer Woche zusammen mit Luca besuchen. Wenn wir wiederkommen, geht die Uni weiter genauso wie unser Job in der Bibliothek.

„Sage, bist du bei mir?"

Ich befreite mich von all den Gedanken und schaute ihn an.

„Ja", krächzte ich.

„Alan?"

Ich nickte.

„Oh Sage. Wovon?"

Ich umklammerte Luca und drückte mich fest an ihn. Er ist mein Fels in der Brandung. Keine Ahnung, wo ich ohne ihn gelandet wäre.

„Er hat-"

Meine Stimme brach.

Luca konnte sich denken, was ich sagen wollte. Er löste sich aus meiner Umklammerung, nahm mein Gesicht in seine Hände und küsste mich auf die Stirn. Der Kuss war so sanft, dass man ihn fast nicht gespürt hat.

Wir legten uns beide wieder hin und wanden uns einander zu. Er strich weiterhin meine Tränen fort. Wir schauten einander nur an. Wir sagten kein einziges Wort und doch half es. Meine Tränen wurden weniger, bis sie kurz drauf ganz versiegten.

Ein kleines Lächeln stahl sich auf mein Gesicht. Durch diese kleine Geste, begann Luca zu lächeln.

„Du hast das nicht verdient."
Ich nickte. Er hatte Recht und das wusste er. Niemand hat so etwas verdient.

Betrüge mich. Nicht.Where stories live. Discover now