Das Wildtier

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Ich warf den Rucksack von meinen Rücken und machte mich daran die Decken vorsichtig heraus zuziehen. Sie waren nicht sehr dick, aber da wir eh am Feuer übernachten würden ist das nicht weiter schlimm. Ich sammelte ein paar Steine und legte sie in einen Kreis auf den Boden um unsere spätere Feuerstelle zu markieren. Aus den Rucksack den meine Mutter vorsichtig in die Höhle gestellt hatte zog ich einen kleinen Topf und stampfte Richtung Ausgang um etwas Schnee zuholen. Flaschen mitzunehmen wäre bei diesen Temperaturen dämlich gewesen. Wasser gefriert schon nach kurzer Zeit. So mussten wir uns am Schnee bedienen, aber davon gab es ja reichlich! Ich ging nach draußen und schaufelte etwas Schnee in den Topf, als eine große Gestalt auf mich zulief. Erst wollte ich schreiend weglaufen, aber wenn das ein Raubtier ist würde ich nur seine Jagttriebe wecken. Ich warf mich, samt Topf, in den Schnee und schnell verschwand ich in den weißen Massen. Die Gestalt war ziemlich groß und lief auf vier Beinen. 'Definitiv ein Wildtier!', dachte ich. Aber ob es jetzt tatsächlich ein Raubtier ist konnte ich nicht sagen. Der Schnee schränkte meine Sicht viel zu stark ein und so musste ich einfach liegen bleiben und hoffen das es, ohne mich zu bemerken, weiter geht. Die Schritte verstummten und ich bliebt noch einige Minuten reglos liegen. Meine Beine fühlten sich bereits Taub an, was bei diesen Temperaturen ja auch kein Wunder war. Nach einigen weiteren Minuten, ohne Anzeichen dieses Tier könnte noch in meiner Nähe sein, stand ich schließlich auf und schüttelte mich. Der Topf fühlte sich an als wäre er in meinen Händen festgefroren und ich beschloss so schnell wie möglich zurück im die Höhle zu gehen. Meine Mutter war noch nicht zurück also kuschelte ich mich in eine der Decken um wenigstens ein wenig an Körperwärme zurückzugewinnen. Langsam spürte ich die Gefühle in meinen Gliedmaßen zurückkehren und ich ließ den Topf, der immer noch auf meinen Schoß lag, zu Boden gleiten. 'Ein wildes Tier war dort draußen und ich weiß in welche Richtung es gegangen ist. Wenn Mama wieder da ist muss ich ihr davon erzählen...Das könnte unsere letzte Hoffnung sein!', dachte ich und lehnte mich zurück. 'Ich bin heute schon so lang gelaufen und es ist so unendlich Kalt', dachte ich und schloss die Augen. Ich spürte den kalten Boden unter meinen Körper und hörte ein paar leise Schritte in der Höhle bevor ich einschlief. Ein paar Stunden später wurde ich angestupst. Langsam und etwas schwerfällig öffnete ich meine Augen. Ich schaute in das Gesicht meiner Mutter. Sie hatte das Feuerholz bereits in den Steinkreis geworfen und meinen Kopf anscheind vorsichtig auf ihren Schoß gezogen. 'Fast ein Stück Normalität in diesen Chaos', dachte ich und beobachtete meine Mutter dabei wie sie zwei Steine immer wieder aneinander stieß um einige Funken auf das Holz regnen zulassen. Ein Stück Stoff trohnte auf den Berg von Feuerholz, denn mit nur ein paar Funken würde sie es niemals schaffen Holz zu entzünden. Sie nutzte ein Fetzen ihrer Kleidung als Futter für das Feuer, so das es später auf das Holz überspringen würde. So zumindest in der Theorie. Ab und an sah ich sogar ein paar Funken um die Steine herum tanzen und schlussendlich fing der Stofffetzen Feuer. Erst nur der Fetzen und dann sprang das Feuer tatsächlich auf das Holz über. Mama hat es geschafft sie hat Feuer gemacht! Ich beobachte die Flammen ein wenig, wie sie langsam von Zweig zu Zweig schlängelten und all das Holz zu verschlingen drohten. Langsam auch wurde es in der Höhle immer wärmer und ich atmete erleichtert aus. Ich hob vorsichtig den Kopf und richtete mich auf. "Danke Mama", war das erste das ich heraus brachte und streckte meine Hände den Flammen entgegen. Nicht mit der Absicht sie ihnen Ebenfalls als Nahrungsquelle zur Verfügung zustellen, sondern nur um mich daran zu wärmen. Der Schnee, im Topf neben den Feuer, wurde schnell flüssig. "Hast du gut geschlafen meine Kleine?", die Stimme meiner Mutter riss mich aus den Gedanken. "Ja Mama!", quiekte ich fast schon. "Deine Sachen waren voller Schnee als ich wiederkam", kam es von ihr. Ich schluckte kurz bei den Gedanken an das wilde Tier dort draußen, es war sicher so groß wie ein Bär oder ein Elch. "Ich wollte Schnee holen...", begann ich meine Erzählung. "Erst dachte ich du würdest zurück kommen...", ich stockt ein wenig. "Aber das warst nicht du. Es war ein großes Wildtier und ich hatte Angst! So groß wie ein Bär oder ein Elch", ich sah in ihr Gesicht. Ihr blick verriet mir das sie ebenfalls darüber nachdachte. Eine so große Beute birgt Gefahren, Bären haben riesige Klauen und scharfe Zähne. Elche hingegen haben weder Klauen noch Zähne, aber ein riesiges Geweih und ein Tritt vom deren Hufen kann menschliche Knochen brechen. "Welche Richtung?", war ihre einzige Frage. Von unseren Haus aus sind wir immer Richtung Süden gelaufen an mehr konnte ich mich nicht orientieren. Unser Haus lag also Nördlich von dieser Höhle, das Tier ist nach links weg. Ich versuchte weiter angestrengt darüber nachzudenken. 'Westen?', dachte ich. "Westen!", wiederholte ich meine Gedanken so laut wie möglich und nickte meiner Mutter zu. Sie stand auf und ging zu ihren Rucksack. Wollte sie den Tier jetzt wirklich nachjagen? Doch als ich sie weiter aufmerksam beobachtete, bemerkte ich das sie ihre Axt vollkommen ignoriere. Sie zog etwas eingerolltes und längliches aus ihrer Tasche und setzte sich wieder neben mich. "Das hier ist eine Karte!", erklärte sie mir. "Eigentlich habe ich dir beigebracht dich am Himmel zu orientieren da du nicht immer eine Karte dabei haben wirst...", sie schwieg kurz und rollte die Karte aus so das ich einen Blick drauf werfen konnte. "Aber besondere Situationen erfordern besondere Maßnahmen", sagte sie schließlich und wir betrachten gemeinsam die Karte. "Ich habe sie selbst vor einigen Jahren anfertigen lassen",sie fuhr mit den Fingern über einige markante Stellen. Unser Haus war eingezeichnet und ganz im Osten waren ebenfalls mehre Häuser eingezeichnet. "Dort ist ein Dorf, aber bis dahin schaffen wir es nicht mehr", sie zeigte auf eine Stelle weiter im Westen. Dort waren einige Tiere drauf abgebildet unter anderen auch eine Elch. "Bären halten um diese Jahreszeit lieber Winterschlaf, das heißt du wirst einen Elch gesehen haben", stolz fuhr sie mit ihrer Hand über meinen Kopf und widmete sich dann wieder der Karte. "Hier verbringen sie den Winter", jetzt stockte sie. "Wir werden versuchen ihn davor abzupassen und zu erlegen. Das ist unsere letzte Chance", sie strich mir weiter beruhigend über den Kopf. "Aber jetzt Schlaf erstmal mein Engelchen und morgen machen wir uns auf den Weg zum Kristallsee, dem Winterhort der Elche."

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jun 14, 2018 ⏰

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Die Jägerin - Anna und ihre GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt