Cemetery

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Ich wachte auf. Alles was ich sah, war ein helles weißes Licht, das sich mit der Zeit zu einem klaren Bild formte.
Ich blickte um mich. Es war trüb und grau. Alles um mich herum wirkte so... trist. Aber wo war ich?
Ich setzte mich auf. Bäume und Blumen standen unter dem verregneten Himmel. Ist es ein Park? Aber ich fühlte mich nicht frei. Ich fühlte mich gefangen... und traurig. Ich spürte die Trauer um mich herum. Nein es war kein Park... es war ein Friedhof. Ich erkannte nach und nach immer mehr Gräber. Graue Steine, schwarze Steine, weiße Steine oder nur ein neues hölzernes Kreuz.
Auf einmal hörte ich Stimmen. Leise Stimmen. Ich schaute mich um. Ich konnte niemanden sehen, also folgte ich den Stimmen, bis sie lauter und lauter wurden.
Dort vorne stand ein neues hölzernes Kreuz. Vor ihm ein tiefes Loch... ein Sarg... und ein paar Menschen. Es waren nicht sehr viele, doch ich... ich kannte sie.
Meine Mutter...
Mein Vater...
Mein Bruder...
Meine beste Freundin...
Es war meine Familie... und da wurde mir klar, vor wessen Grab ich hier stand. Ich las die Inschrift des Kreuzes.
„Und so nehmen wir Abschied von Marie-Luise, geliebte Schwester, Tochter und Freundin. Mögest du in Frieden ruhen."
Es war mein Grab... und es war meine Beerdigung.
Ich sah meine Oma...
Meinen Opa...
Tante...
Onkel...
Meine Cousinen...
Und meine anderen Freunde...
Aber einen konnte ich nicht sehen...
Wo war er? Wo war mein bester Freund?
Ich konnte mich nicht erinnern, was passiert war. Ich wusste nur, dass wir uns gestritten hatten. Und dass ich weggelaufen bin.
Ich lief zum Tor und rannte die Straße hinunter.
Ich rannte zu seinem Haus. Ich konnte durch sein Fenster in sein Zimmer blicken. Er wusste nicht, dass ich da war...
Er saß da und lachte... mit seinen Freunden.
Er war glücklich. Als wäre nichts passiert. Als würde es ihn nicht kümmern, was passiert war oder was in diesem Moment passierte. Vielleicht wusste er es nicht... aber wieso wusste er es nicht?
War ich nicht wichtig genug? Oder existiere ich für ihn nicht mehr? Habe ich je für ihn existiert? War ich ihn je so wichtig?
Ich ging langsam ein paar Schritte rückwärts. Ich drehte mich um und mir wurde schwindelig. Ich fiel zu Boden und mich überkam wieder dieses weiße Licht... bis alles schwarz wurde...

Als ich wieder erwachte, wusste ich nicht mehr wo ich war... aber ich wusste wieder, was passiert war. Ein weißes Zimmer... und meine Mutter hielt meine Hand... durch das Fenster neben der Tür erkannte ich meine beste Freundin...
Als meine Mutter sah, dass ich wach bin brach sie in Tränen aus und nahm mich in den Arm.
„Alles wird gut mein Schatz. Du bist sicher."
Ich erinnerte mich, wie ich zur Tür rausrannte, weg von dem Streit...weg von meinem besten Freund.
Ich wollte die Straße überqueren... doch ich passte nicht auf, denn es war mir egal, ob da nun ein Auto käme oder nicht. In diesem Moment war mir alles egal. Und erst als ich das Auto wenige Meter vor mir sah, war es mir nicht mehr egal...
Und dann? Der Traum... das Krankenhaus.
„Was ist passiert Mama?"

„Du bist vor ein Auto gerannt. Du hast ein paar Tage um dein Leben kämpfen müssen. Aber jetzt bist du wieder da. Wir waren jeden Tag hier. Dein Vater, dein Bruder... ich... deine Freunde..."

„Was ist mit ihm? War er auch da?"

„Nein... du bist jetzt seit zwei Wochen hier... aber er war nicht da..."

„Hat er nach mir gefragt? Wollte er wissen, wie es mir geht?"

„Nein... aber das ist jetzt egal. Du bist hör und dein Leben kann weiter gehen."

Ja... es könnte weiter gehen, denn eigentlich ist nichts vorbei... und doch wusste ich, dass er gegangen war. Ich wusste, dass wir vorbei waren... er hatte sich für diesen Weg entschieden... und nun muss ich meinen Weg finden... aber wie sollte ich das, jetzt wo er nicht mehr da war? Wie sollte ich einen Weg finden, nach allem, was in den letzten Tagen passiert ist?
Auch wenn es möglich ist... war es für mich unmöglich.

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