Ísvatn

68 5 1
                                    

Sváfa EyÞorsdóttir ging zu Kjell Sigurðssón, der den jungen Wallach Tvistur am Zügel hatte. Das schwarz gescheckte Islandpferd gehörte Sváfas Familie, sie betrieben eine kleine Isländerzucht im Süden Islands. Der 21-Jährige Kjell Sigurðssón war ein sehr guter Reiter und einer derjenigen, denen sie ihre besten Pferde für Rennen zur Verfügung stellten. Er war großer Bestandteil ihres Hofes und half auch bei Touristenausritten mit.

'Viel Glück!', wünschte Sváfa Kjell Sigurðssón und klopfte dem Islandpferd auf die Schulter, 'Pass mir gut auf ihn auf.'

Tvistur war der 19-Jährigen besonders ans Herz gewachsen. Inoffiziell gehörte er ihr, aber offiziell gehörte der Wallach ihren Eltern. Doch Sváfa machte dies nichts aus, auch nicht, dass Tvistur von Kjell auf Eistöltturnieren geritten wurde.

'Mach ich.', antwortete Kjell.

'Du weist wie gefährlich Rennen auf Naturstrecken sein können.', erinnerte Sváfa ihn. Kjell nickte.

Während Kjell mit Tvistur zur Startlinie ging, gesellte sich Sváfa zu der kleinen Anzahl an Zuschauern. Sie war heute die einzige Unterstützung für Kjell Sigurðssón und Tvistur, da ihre Eltern auf dem Hof zutun hatten.

Das Rennen fand klassisch auf einem eingefrorenen See statt. Der See war mehr länglich als breit und deshalb gut für das Rennen geeignet. Dieses Event war kein großes Turnier, eher eines, das aus Spaß veranstaltet worden war. Einerseits deshalb und andererseits weil der See zwar eher länglich aber nicht lang genug war, war die Strecke nur 100 Meter anstatt 250 Meter lang. Des weiteren starten 11 anstatt den normalerweise nur 4 Pferden gleichzeitig. Trotz dessen nahmen einige der wertvollsten Pferde Islands beim Rennen teil.

Der Startton ertönte und das Rennen ging los. Die 11 Pferde liefen los, aber sie liefen zu dicht aneinander.

Denn nach gerade einmal etwa fünf Metern, brach der Schimmel, der außen lief, ins Eis ein. Und mit ihm alle anderen. Lediglich 2 Reiter konnten sich und ihre Pferde retten. Einer da er zu spät gestartet war und der andere da er auf der anderen Seite ganz außen gelaufen war.

Für einen Moment waren alle Anwesenden in einer Schockstarre, ehe die Ersten zum Unfallort liefen. Alle Reiter waren bereits von ihren Pferden gestiegen und einige Versuchten schon ihre Pferde aus dem Wasser zu holen, indem sie an den Zügeln zogen.

Sváfas Blick suchte nach Tvistur. Er war in der Mitte gelaufen und befand sich dementsprechend nun - zusammen mit einem anderem Pferd - in der Mitte des Eisloches. Sie rannte los um zu helfen. Denn erst mussten die anderen Pferde, die den Eisrand versperrten aus dem Weg geschafft werden, ehe sie Tvistur aus dem Wasser herausholen konnte.

'Und ich hab es noch gesagt!', murmelte sie vor sich hin, 'Ich hab es nochgesagt!'

Sváfa rannte zu einem fuchsfarbenen Pferd, griff nach dessen Zügel und kniete sich auf das leicht überschwemmte Eis. Sofort kroch das Wasser durch ihre Hose. Ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken.

'Soll ich den Sattel abmachen?', fragte sie den Mann, der neben ihr versuchte ein weiteres Pferd aus dem Eiswasser zu holen. Der Mann warder Besitzer beider dieser wertvollen Pferde, das wusste sie, da er einer der befreundeten Züchter ihrer Eltern war.

'Bjarki! Soll ich den Sattel abmachen?', fragte sie noch einmal über die anderen rufenden Stimmen hinweg. Es herrschte ein reges Gewusel, alle schrien durcheinander, dazu noch die lauten plantschenden Geräusche, wenn die Pferde versuchten panisch aus dem Wasser zu kommen.

'Was... wozu?', antwortete Bjarki Einarssón fast schon wütend. Sváfa wusste, dass er nicht auf sie wütend war, sondern das ihm die Situation überforderte. '...ja!', sagte er schließlich.

Ísvatn | EiswasserWo Geschichten leben. Entdecke jetzt