Tag 0 - bevor alles begann

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"... zur Schule!"
Nelson's Augenlieder kämpften gegen die Trunkenheit des Schlafes während er sich im Bett aufsetzte. Seine Mutter hatte so laut geschrien, dass es ihn geweckt hatte.
"Nelson, komm schon! Wie oft muss ich dich noch rufen?"
Er zog die Rotze in der Nase hoch und kratzte sich an den Eiern. Verdammte Schule. Es war sein letztes Jahr und der Abschluss stand vor der Tür. Wenn es auch nur einen Funken Motivation in seinem Kopf gegeben hatte, dann hatte sein Immunsystem es als heranwachsender Hirntumor kathegorisiert und ausgemerzt.
Es klopfte. "Scheiße Nelson, Mutter ist Sekunden vom Herzinfarkt entfernt. Bist du am wichsen oder warum bekommst du deinen Arsch nicht aus dem Bett?", seine Schwester, liebreizend wie drei gefüllte Windeln.
"Verpiss dich! Ich komme!", brüllte er zurück und hatte soeben einen Grund gefunden noch mieser gelaunt zu sein. Er blickte auf sein Handy und sah, dass er tatsächlich verschlafen hatte. Sein Bus kam in knapp 20 Minuten.
"Wegen einer einzigen Deutschstunde in der wir nichts anderes machen als über Kurzprosa zu reden, die wir schon 1000 mal durchgekaut haben."
Nelson zog sich an und glitt die Treppe zur Küche hinunter. Eine Schüssel mit Haferbrei stand an seinem Platz am Esstisch, die er bei Seite schob und durch ein Glas Nutella und zwei Scheiben Weizentoastbrot ersetzte.
"Hey, was soll der Mist? Ich habe dir Haferbrei gemacht, Nelson!"
"Hab' ich dich darum gebeten?! Lass mich essen was ich essen will!"
Seine Mutter erwiderte etwas, aber es gelangte nicht in sein Gehirn durch. Er schmierte die zwei Brote, zog sich die Schuhe an und nahm das Frühstück auf den Bus mit. Das Erste, das er machen würde, wenn er mit der Schule fertig war, ist ausziehen. Am besten so weit weg wie möglich. Er wollte Physik studieren, auch wenn er wusste, dass das nur komische Vögel taten. Immer wenn er einen Physiker sah, verging im fast die Lust daran. Aber das waren nicht seine Vorbilder. Es gab für ihn keine Vorbilder. Er bewunderte zwar einige Entdecker, aber niemand hatte scheinbar die Gedanken, die ihn verfolgten. Seit Jahren spielte er mit dem Gedanken diese Welt zu verlassen.
Wie ein Blitz schoss ihm die Idee einer Parallelwelt in den Kopf als er vor dem Spiegel seine Zähne putzte. Er fragte sich was wäre, wenn die Person im Spiegel nicht wirklich er sondern jemand war, der dachte, dass Nelson das Spiegelbild war. Er war von dieser Theorie sehr angetan und spinnte den Gedanken weiter und weiter, bis sie ihn zur Antimaterie führte. Mit seinen 17 Jahren war er der dümmste Schüler des gesamten Bildungssystems. Wie viele Bundesländer es gab, wusste er nicht. Welche Parteien die Regierung bildeten, wusste er nicht. Wo Bangkok lag, wusste er nicht. Er freute sich, wenn er ein Komma richtig gesetzt hatte und alle Substantive groß geschrieben hatte. Mehr kümmerte ihn nicht. Aber in Physik, überrollte er selbst den Lehrer mit Fragen, bei dem ihm der Kopf zu brennen began. Sein Interesse widmete sich schließlich auch der Chemie, die ihm half manch dumme Gedanken zu verwerfen. Aber der gequirlte Scheiß den dieser Goethe von sich gab, war ihm gleich. Er hatte seine Kopfhörer mitgenommen und zog sie durch seinen Pulloverärmel, sodass er im Unterricht Musik hören konnte, indem er seinen Kopf auf die Hand stützte, aus dessen Ärmel der Kopfhörer herauslugte. Er zeichnete Skizzen von der Welt seiner Träume. Sich selbst, wie er in der Welt der gespiegelten Ereignisse lebte.

Das war vor 30 Jahren gewesen. Nelson hatte sein Physikstudium abgeschlossen und einen Doktor drangehängt. Er blieb bei der Universität um zu forschen. Es waren kleine, dennoch mühsam langweilige Aufgaben gewesen. Nebenher  schrieb er Bücher. Aus hunderten Seiten wurden tausende und abertausende. Er zahlte große Summen an Verläge um sie drucken zu lassen, aber scheinbar interessierte es niemanden was er zu sagen hatte. Bis eines Tages sein jetziger Chef und Freund, Thomas, eines seiner Werke in die Hand nahm und ihm einen Laborplatz anbot. 

Wenn vorwärts rückwärts wirdWo Geschichten leben. Entdecke jetzt