Ding Dong Deng.
Jungkook packte in windeseile seine Sachen zusammen, sprang auf, drängelte und schlengelte sich an der Studentenmasse vorbei zum Ausgang. So schnell hatte er noch nie die Flucht ergriffen, aber er wollte vermeiden, dass ihn Yeontan und Minjoon folgen und ansprechen konnten. Eigentlich wollte er jegliche Unterhaltung, egal mit wem, vermeiden, doch die beiden standen derzeit ganz oben auf seiner Besser aus dem Weg gehen Liste.
Taehyung POV
Wie hatte es Jungkook geschafft unbemerkt den Raum zu verlassen. Und warum? Hatte er etwa etwas bemerkt? Dabei hatte Taehyung seinen ganzen Charm spielen lassen und sein nettestes Lächeln ausgegraben. Auch Jimin hatte sich von seiner Schokoladenseite präsentiert und diese zog jeden in seinen Bann. Doch Jungkook war wohl eine härtere Nuss, als sie angenommen hatten.
Sein Telefon klingelte. Auf dem Bidlschirm erschien der Name Nervensäge 3.
"Was?" krächzte Taehyung in den Hörer.
"Hey, ich bin immer noch dein Hyung, also mal ganz ruhig."
Er atmete einmal tief durch.
"Was willst du, Hoseok Hyung."
"Schon besser, geht doch. Yoongi Hyung und ich wundern uns, warum wir weder etwas sehen noch etwas hören können."
Shit, er hatte vergessen die Brosche an seinem Shirt anzubringen, die sowohl als Mikro wie auch als Sehhilfe dienen sollte. Er zog die kleine Brosche aus seiner Hosentasche befestigte sie in Brusthöhe und richtete sich wieder an seine Kollegen.
"Entschuldigt, habe ich ganz vergessen. Könnt ihr was sehen?"
"Wir sehen genug" schallte Min Yoongis Stimme am anderen Ende. "Was wir aber nicht sehen, ist ein gewisser Junge. Wo zur Hölle ist Jungkook?"
"Bin ich sein Aufpasser. Woher soll ich das denn wissen, er ist sofort abgehauen als die Klingel ertönte."
"Tae, du solltest ihn doch im Auge behalten. Wir sollen so schnell wie möglich herausfinden, wo sich das "Geschenk" verbirgt und ihn dann umlegen."
"Ich weiß. Ich kann ja aber wohl kaum schon am ersten Tag fragen, ob ich ihn nach Hause begleiten kann. Dann kann ich ihn auch gleich umlegen und selber suchen. Also kommt runter, ich habe alles im Griff. Ich mache diesen Job ja nicht zum ersten Mal."
"Gut, beeile dich aber und sag auch Jimin, dass sich mehr ins Zeug legen soll."
"Hmm, wird gemacht. Tschau"
"Hey, warte, wir..........". Taehyung hatte aufgelegt, denn ihm war gerade gar nicht danach sich von seinen gelangweilten Kollegen irgendwelchen Scheiß anzuhören.
In Taehyungs Kopf schwirrten gerade unzählige Fragen herum. Zum einen wollte er endlich wissen, was dieses "Geschenk" sein soll, dass Jungkook angeblich in seinem Besitz hatte. Zum anderen ist ihm beim ersten Kontakt mit Jungkook aufgefallen, dass dieser sehr zurückhaltend und ängstlich wirkte, als hätte er sich vor Taehyung gefürchtet. Und dann hatte er auch noch so komisch reagiert, als Taehyung ihn auf seine Zeichnung ansprach.
Irgendetwas stimmte hier ganz und gar nicht, das hatte Taehyung im Gefühl.
Doch jetzt musste er erstmal besagten Jungen wiederfinden, der wie vom Erdboden verschwunden schien. Er hatte bereits den Campus und die Mensa abgeklappert, aber keine Spur von ihm. Jimin war leider ebenso erfolglos bei seiner Suche bis Taehyung ein Gedanke kam.
"Hey, Jimin. wo würdest du hingehen, wenn du ungestört sein möchtest. Irgendwo, wo wenige Leute herumschwirren und du alleine sein kannst."
"Naja, da gäbe es natürlich viele Orte, aber ich denke ich würde in die Bibliothek gehen."
Die beiden schauten sich vielsagend an. Es war ein Versuch wert.
Auf dem Weg zur Bibliothek, die 7 km vom Unigebäude entfernt war, musste Taehyung immer wieder an Jungkook denken, denn irgendetwas störte ihn an diesem Auftrag. Der Junge wirkte unschuldig, wer also würde wollen, dass ihm etwas grauenhaften zustößt. Er konnte es nicht mit seinem Codes vereinbaren. Taehyung hatte zwar schon vorher gemordet, aber er wusste immer woran er war. Es waren keine Unschuldige, sondern Vergewaltiger, Dealer, Mafiabosse etc., doch Jungkook war ein schüchterner, ruhiger, unauffälliger Student, der sich bestimmt noch nie etwas zu Schulden kommen lassen hatte. Taehyung zweifelte an dieser ganzen Aufmachung. Er sollte sich mit Jungkook anfreunden, Zugriff zu seinem Haus bekommen und in Erfahrung bringen, wo Jungkook das "Geschenk" versteckt hatte. Und dann. Dann sollte er ihn eiskalt foltern und töten. Taehyung merkte, wie sich sein Magen zusammenzog, aber er versuchte seine Gefühle zu unterdrücken. Sie waren hier definitv fehl am Platz und er würde diesen Job ebenso gewissenhaft ausführen, wie die anderen auch. Er war immerhin einer der besten auf seinem Gebiet und das durfte nicht von einem Studenten, den er nicht einmal kannte, aufs Spiel gesetzt werden.
"Hey, Tae." Jimin tippte ihm sanft auf die Schulter und deutete dann mit seinem Kopf auf eine Gestalt, die sich hinter einem Berg an Büchern verbarg, doch Taehyung konnte auch so erkennen, dass es der gesuchte Junge war.
"Was macht er denn da so ganz alleine.?", fragte ihn Jimin, der es sich gerade auf dem Boden gemütlich machte, dennoch aber Jungkook in Sicht behielt.
Sein Freund konnte manchmal wirklich naiv sein. "Jiminnie, nicht jeder ist ein Social Butterfly und findet Kraft in der Interaktion mit Menschen. Manche sind halt lieber alleine und lesen. Ein Buch fördert die Kreativität und das Denkvermögen."
"Und du kannst in eine Realität verschwinden.", fügte Jimin bei.
Es war ein einfacher Satz, eine Feststellung, doch warum fühlte sich Taehyung dann beim Anblick von Jungkook so schlecht. Er fühlte etwas, dass er erst wenige Male gefühlt hatte. Mitleid. Jungkook war ganz alleine. Jimin hatte wahrscheinlich unbewusst recht. Jungkook flüchtete sich in eine andere Welt, aber warum? Wie schlimm konnte sein Leben sein, dass er ein anderes vorzog.
Dann zog ihn jemand am Arm und Taehyung erahnte was folgen würde.
"Jimin, warte, nicht." flüsterte er noch, doch es war bereits zu spät. Binnen Sekunden standen die beiden, wenn auch ein wenig unsortiert, da Taehyung gegen einen stehenden Jimin geprallt war, vor einem Berg voller Bücher und einem konzentrierten Jungen, der die beiden gar nicht bemerkte.
Jimin räusperte sich dezent und Taehyung stupste ihn wütend an, doch Jungkook hatte bereits seinen Kopf gehoben und schaute die beiden fragend an.
"Hey", prustete Jimin los. "Jungkook, nicht wahr?"
Er nickte leicht, doch Taehyung konnte ihm ansehen, dass er sich ganu ung gar nicht komfortabel fühlte.
"Ähm, ich wollte dich nicht stören. Was liest du denn da?"
"Ein Buch?". Taehyung hatte nicht erwartet, dass sich hinter dem ernsthaften Jungen auch eine humorvolle Seite befindet. Jedenfalls hatte es Taehyung humorvoll aufgenommen und auch Jimin konnte sich ein Lächeln nicht unterdrücken.
"Ah, sehr witzig. Wie heißt denn das BUCH?"
"The Hiden Reality: Parallel Universes and the Deep Laws of the Cosmos"
"Wow, ja, ähm, dass hört sich ja wirklich interessant an." Auch ohne ein Gedankenleser zu sein, konnte man sehen, dass dieser Satz genauso gespielt war, wie Jimins Lachen und Taehyung schämte sich in diesem Moment für seinen besten Freund.
Doch Jungkook ignorierte Jimins Aussage gekonnt und ließ seinen Blick wieder ins Buch fallen. Jimin hingegen blieb hartnäckig und versuchte erneut Jungkooks Aufmerksamkeit zu gewinnen.
"Eigentlich wollten wir dich fragen", dabei zeigte er auf sich und Taehyung " ob du uns vielleicht die Uni zeigen könntest. Du weißt schon, wir sind neu hier und würden gerne das Gelände erkunden und da dachten wir uns, dass du die geeignete Person für den Job bist.". Am liebsten hätte Taehyung Jimin jetzt eine verpasst und ihn lautstark angeschrien, doch in Anbetracht der Anwesenheit Jungkooks, legte er dies vorerst auf Eis und versuchte so unschuldig wie möglich zu wirken. Fast hätte er über sich selbst gelacht. Taehyung und unschuldig?
"Ich?"
Jimin nickte viel zu übetrieben.
"Ich denke nicht, dass ich geeignet bin. Warum fragt ihr nicht einfach jemanden vom Asta oder so, die machen das bestimmt gerne."
"Die kennen wir doch gar nicht. Du bist derzeit die einzige Person, die wir mit Namen ansprechen können." Jimin wusste auch wirklich nicht, wann er den Mund halten sollte.
"Ähm, ich". Jungkook wusste wohl auch nicht wie er auf diese Anfrage reagieren sollte, doch Jimin schnitt ihn bereits mitten im Satz ab.
"Super, dann ist das ja beschlossene Sache. Wir freuen uns nicht wahr, Yeontannie?".
Er nickte, doch er kam nicht umhin, die wirklich finsteren Augen zu bemerken, die ihn gerade verfolgten. Sie waren wirklich groß und leuchtend, wie Rehaugen, doch sie spiegelten andere Emotionen wider. Trauer, Einsamkeit. Taehyung schüttelte sich innerlich. Woher will er denn bitte wissen, was in Jungkook vorging und von dem Audruck der Augen auf die Gefühlslage eines Menschen zu schließen war erbärmlich, aber Taehyung konnte dennoch den ganzen Tag an nichts anderes denken.
Letzenlich hatte Jungkook kleinbei gegeben und sich auf ein Treffen mit ihm und Jimin eingelassen. Morgen um 14 Uhr. Seine Kollegen waren bereits extatisch als sie gehört hatten, dass die beiden es geschafft hatten Jungkook zu einem Treffen zu überreden.
"Jackpot" hatte Namjoon gerufen und Jin hatte sich in Taehyungs Arme geworfen und ihn durchgeschüttelt.
War es falsch von ihm, dass er diese Freude nicht 100% mitempfinden konnte? War es falsch von ihm, seine Gedanken und Zweifel nicht zu äußern und sie stattdessen in sich hineinzufressen. Taehyung hatte aber Angst, dass er von diesem Fall abgezogen werden würde, dann war er gescheitert und das Wort scheitern kam nicht in Kim Taehyungs Wörterbuch vor.
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You're Next (Taekook)
FanfictionKim Taehyung ist 22 Jahre alt und von Beruf Auftragsmörder. Gemeinsam mit seinen Kollegen Kim Seokjin, Min Yoongi, Jung Hoseok, Kim Namjoon und Park Jimin führt er Morde aus, die von unbekannten Auftraggebern veranlasst wurden. Er stellt keine Frage...