Teil 1

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Behäbig tragen mich meine ausladenden Schwingen durch die klare Nacht. Über mir funkeln die Sterne im weiten Himmelszelt. Ich drehe mich um mich selbst. Die kleinen Punkte verschwimmen zu verwaschenen Schlieren vor meinen Augen, ich kneife sie zusammen um mehr erkennen zu können. Die Weite des Universums. Die Lichter weit unter mir. Zwischen den Bäumen. Mit einigen kräftigen Schlägen gleite ich wieder ruhig mit den warmen Winden und lasse mich vorsichtig zur Erde sinken. Einige Äste bleiben an meinen Flughäuten hängen, doch die meisten brechen unter meiner gewaltigen Masse. Dumpf schlage ich unter den dunklen Eichen auf, die Krallen bohren sich in das weiche Moos. Einige Mondstrahlen fallen durch das Blätterdach, spiegeln sich, wie in einem See, funkelnd in meinen Schuppen. Die Bäume drängen sich links und rechts von mir eng zusammen und ich schiebe mich durch das Dickicht. Alles weicht mir aus, ich wirke wie eine uralte Legende. Ein wahr gewordenes Märchen. Unwirklich, fern und bedrohlich. Der Boden erbebt nach jedem Schritt, es grollt.
Die Bäume schließen ihre Zweige über mir, bis ich in Dunkelheit ersticke. Harte Rinde schabt über meinen düsteren Panzer, doch nichts hält mich in dieser Nacht auf.

Nachtgetaumel der SillivenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt