4. Die Liebe fällt ins Wasser

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Till und Lasterbalken trugen den Franzosen, der sich inzwischen wieder genug gesammelt und unter Kontrolle hatte, immer noch, als sie zu den Anderen stießen. Man begrüßte sie lachend und so manch einer seiner Kollegen gab einen blöden Kommentar über Jeans momentane Situation.

„Ach, SO schleppt man also einen Franzosen ab", lachte Elsi, der aufgeregt um das Dreiergespann herumsprang.

„Na klar. Nur so", antwortete Jean und hatte dem Bandjüngsten dem Mittelfinger gezeigt um zu verdeutlichen, was er von dieser Aussage wirklich hielt. „Wusstest du das etwas noch nicht?"

„Man muss einen Franzosen erst anlocken, dann fangen und dann trägt man ihn, wohin man ihn am liebsten will. Und meistens, wenn du dominant und selbstsicher genug bist, sind sie dann sogar fügig", nickte Till zustimmend und er bekam sofort einen leichten Tritt gegen die Seite von besagtem Franzosen. Doch der Lockenkopf lachte nur und zuckte mit dem Kopf zu Etwas hinter ihm. „Lasterbalk, sollen wir?"

„Auf jeden Fall. Vielleicht kühlt das ja sein Gemüt ab", lachte der Größere und erst jetzt, da er dorthin getragen wurde, bemerkte Jean den kleinen Pool an ihrem Bus. Er hatte keine Ahnung wo dieser herkam, geschweige denn wo seine Kollegen das Wasser dafür herbekommen hatten, aber das war momentan auch nur Nebensache.

Er wusste doch genau, was seine Beiden Träger da vorhatten, weswegen er auch anfing, sich wieder heftig zu wehren. Doch es hatte keinen Zweck, denn ein gekränkter Elsi kam den Beiden zur Hilfe, wie auch Luzi, der keine Gelegenheit auslassen würde, einen seiner Kollegen zu ärgern.

„Lasst mich los, ihr Spinner!"

„Na gut", säuselte Lasterbalk und mit Schwung, landete der kleinere Trommler im kleinen, rechteckigen Pool.

Ein unmännlicher Schrei entwich Jean, nachdem es laut geplatscht hatte. Das Wasser war praktisch eiskalt und er nun klitschnass. Doch sein Aufschrei wurde von dem lauten Lachen seiner Kollegen überdeckt, die sich köstlich amüsierten und ihn einfach da liegen ließen.

Jean begann zu schmollen und begab sich in eine sitzende Position, wobei er seine Arme vor der Brust verschränkte. Er tropfte förmlich, doch machte keine Anstalten sich zu bewegen. Dann würde sein bestes Stück halt abfrieren. Pech! Vielleicht würden seine Hormone dann auch nicht mehr verrücktspielen und er hätte auch keinen Liebeskummer mehr. War doch möglich.

Gerade als er diesen Entschluss gefasst hatte, schob sich eine Hand in sein Sichtfeld. Etwas verwirrt blickte Jean auf diese und folgte dann dem bebänderten Arm bis hin zum Gesicht der Person, die er eigentlich meiden wollte. Doch entgegen aller Erwartungen, war auf Aleas Gesicht nur ein leichtes Lächeln zu sehen und in seinen Augen lag ein sanfter Ausdruck.

Zögerlich ergriff der Halbfranzose seine Hand und ließ sich auf die Beine stellen. Er war auch schon halb aus dem Pool gestiegen, da rutschte er auf dem feuchten Boden aus und fiel genau gegen den muskulösen Kampfsportler, der ihn auffing.

„Vorsicht!" lachte der Sänger direkt in sein Ohr. Jean spürte, wie er rot wurde und verbarg schnell sein Gesicht in der Halsbeuge des Kleineren, der sogar seine Arme um ihn schlang. Das half aber nicht sein derzeitiges Gefühlschaos zu beseitigen, ganz im Gegenteil sogar. Was bedeutete das jetzt? Alea hatte ihre vorherige Konversation doch sicherlich nicht vergessen, oder? Oder hatte er es vielleicht nicht ernst genommen? Vielleicht hatte er es aber auch verdrängt oder ignorierte es, weil er ihre Freundschaft auch nicht verlieren wollte.

„Sorry", murmelte Jean peinlich berührt.

„Jean..." er wollte ganz offensichtlich noch etwas mehr sagen, doch da räusperte sich Jemand direkt neben ihnen.

„Seid ihr da fertig? Ich würde gerne etwas sagen." Nadia klang so herrisch wie eh und je.

Der Halbfranzose biss sich auf die Zunge, um stumm zu bleiben. Er nickte nur und stieß sich dann vom Sänger weg. Er mied den Blickkontakt und stiefelte zum nächstbesten Stuhl, um sich dort niederzulassen. Er nahm den Becher, den Till ihm zur Versöhnung hinhielt und trank einen Schluck, während Nadia ihren Freund auf eine Bank zog.

„Schatz", begann sie und stellte sicher, dass auch JEDER zuhörte. Das war mal wieder typisch, die Brünette stand nun mal gerne im Mittelpunkt, einer der Gründe, warum sie es nicht mochte, wenn Alea zu viel mit seinen Bandkollegen rumblödelte und sie dann ‚links liegen' ließ, wie sie es nannte. Auf den Gedanken mitzumachen, kam sie nicht. „Wir sind ja nun schon seit einiger Zeit zusammen. Und ich denke, wir passen sehr gut zusammen, wir ergänzen uns und verstehen uns fast schon blind..."

Prompt verschluckte sich Jean an seinem Getränk und musste stark husten. Da er drohte zu ersticken, hatte sich Lasterbalk schnurstracks von seinem Stuhl erhoben und prügelte nun schon fast auf seine Brust ein, um ihm zu helfen.

„Da... danke", hustete Jean und hob beschwichtigend die Hand, um seinem Trommlerkollegen ein Zeichen zu geben, dass er aufhören konnte. Dieser ließ auch sofort von ihm ab und der Halbfranzose stellte das Getränk erst einmal weg. Er könnte später nochmal trinken. Wenn dieses Trauerspiel vorbei war.

„Alles in Ordnung?" fragte Falk besorgt.

Jean, der seiner Stimme auf Grund des Hustenanfalls nicht traute, nickte und machte eine wegwerfende Handbewegung in seine Richtung. Er räusperte sich dann noch einmal und blickte auf, nur um sich sofort in ein vertrautes Paar dunkelbrauner Augen zu verlieren, die ihn besorgt ansahen. Nadia hingegen, stand kurz davor ihn mit ihrem Blick zu töten.

„Also", forderte Nadia wieder die Aufmerksamkeit ein, „wo war ich... ach ja... Schatz, ich finde, wir sind bereit, den nächsten Schritt zu gehen. Deshalb, willst du mich heiraten?" Sie blickte ihn erwartungsvoll an und hatte auch schon eine kleine Box aus der schwarzen Handtasche hervorgezogen.

Doch Alea erstarrte. Er sah seine Freundin mit einem durchdringenden Blick an und dachte offensichtlich nach. Entweder das, oder aber sein Kopf war leer. Die restlichen Saltaten waren genauso überrascht und es herrschte Totenstille, während man auf die Antwort des Sängers wartete.

„Wow..." hauchte Alea schließlich. „Weißt du... ich... es tut mir leid, aber..." Er schaute schnell über seine Schulter zu Jean, der seinen Blick traf. „Aber mir ist klar geworden, dass man das, was wir haben, nicht als Beziehung bezeichnen kann. Du nimmst nur, bist nie mit Etwas zufrieden und das allerschlimmste, du willst mich verändern und kontrollieren. Und deshalb, und es tut mir wahnsinnig leid, dass du es ausgerechnet jetzt erfährst, möchte ich Schluss mit dir machen und dass du aus meiner Wohnung ausziehst. Denn... ehm, wir passen eben NICHT so gut zusammen, wie du meinst. Und wir verstehen uns auch nicht blind. ICH weiß, was du wann willst, aber weißt du auch, wonach mir der Sinn steht? Ich glaube nicht. Es tut mir Leid, Nadia, aber es ist aus."

„WAS?" schrie sie empört und sprang von der Bank auf. „Das ist ein Witz, oder?"

„Nein", Alea schüttelte den Kopf. „Ich meine das verdammt ernst."

„Du feiges Arschloch!"

„Nadia", versuchte der Sänger sie zu beruhigen, aber die Brünette war außer sich.

„Fass mich nicht an!" sie nahm den nächstbesten Becher, kippte das Getränk über den fassungslosen Sänger, schnappte sich ihre Handtasche und drehte sich um zum Gehen.

„Die Wohnung gehört mir, denk dran. Und WEHE es fehlt Irgendetwas, wenn ich nach Hause komme!" rief nun ein ebenfalls aufgebrachter Sänger ihr hinterher. „Sonst hetze ich meinen Anwalt auf dich! Und wage es dich nicht, deine Wut an der Band auszulassen, sonst lernst du mich mal richtig kennen!" Es war selten, dass Alea sich erlaubte, so die Kontrolle zu verlieren. Das war also ein klares Zeichen dafür, dass er wirklich kaum noch Etwas für die Brünette empfand.

Nadia zeigte ihm den Mittelfinger, schritt aber weiter mit zornigen Schritten und drehte sich auch nicht mehr zu ihm um. Ihr Stolz und ihre Würde waren verletzt worden. So war sie sich ihrer Sache doch so sicher gewesen. Wie sie nun nach Hause kommen würde – immerhin war sie im Bus mitgefahren – stand offen, interessierte jedoch Niemanden so wirklich.

Alea seufzte und fuhr sich mit der Hand durch die nun nassen Haare. „Ich geh mal duschen, bevor es anfängt zu kleben." Es schenkte seinen erstaunten Kollegen ein Lächeln, es war noch nicht mal gespielt und zeigte, dass es ihm doch recht gut ging, und verschwand dann im Nightliner. Er hatte sogar ein wenig erleichtert ausgesehen

Und nun, da wieder Ruhe eingekehrt war, konnte Jean auch wieder sein Getränk in die Hand nehmen und trinken.

„Warum habe ich das Gefühl, dass du etwas damit zu tun hast?" murmelte Lasterbalk in die Runde und sofort lagen alle Augen auf dem unbeeindruckten Franzosen.

„Frag Alea", sagte dieser nur und lehnte sich zurück und schloss die Augen. Er musste erst seine Gedanken ordnen und dann würde er weiter sehen. Aber jetzt, brauchte er Ruhe.

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