Es war spät am Abend und die meisten Spielmänner waren unterwegs zu den Tavernen gewandert, um mit den Fans und anderen Bands und Schaustellern zu feiern. So sah es eigentlich immer aus. Sie saßen erst am Nightliner zusammen und begannen den Abend mit Vorglühen und dann ging es in die nahgelegenen Schenken und Tavernen. Manchmal trennten sich die Saltaten in kleinere Grüppchen auf und manchmal feierten sie Alle zusammen, je nach Lust und Laune.
Nur ein gewisser Halbfranzose hatte keine Lust darauf gehabt und war beim Bus geblieben, trotz Zureden von Lasterbalk und den Anderen. Er hatte sich irgendwann neben den Pool gesetzt und seine Unterarme, auf den aufgeblasenen, blau-weißen Gummirand gelegt. Und auf seine Arme dann sein Kinn gestützt. Mit einer Hand kreierte er fast schon abwesend Kreise im Wasser und er schaute diesen Kreisen einfach nur zu.
„Du bist wirklich schwer zu finden manchmal", flüsterte eine bekannte Tenorstimme in die Dunkelheit und einen Moment später, ließ sich ein gewisser, blonder Sänger neben ihm nieder.
„Wieso? Ich war doch die ganze Zeit hier", meinte Jean verwirrt, blickte aber nicht auf, sondern starrte weiterhin auf das kühle Nass.
„Eben nicht", behauptete der Sänger.
„Hm... war eben mal ganz kurz auf Toilette..." nuschelte Jean gedankenverloren.
„Na siehst du, jetzt kommt es heraus!" lachte Alea und stieß mit seiner Schulter freundschaftlich gegen Jeans, der ENDLICH seinen Blick vom Wasser nahm und dem Blonden zuwarf. Er bettete stattdessen seine Wange auf seinem Arm und wartete.
„Alles okay?" fragte Alea auch sogleich.
„Ja... wieso fragst du?"
„Du warst nicht beim Konzert dabei und jetzt sitzt du hier ganz alleine und starrst Löcher in die Luft", erklärte er sich.
Der Halbfranzose seufzte. „Ich musste einfach mal alleine sein... und nachdenken."
„Über was?"
Jean zögerte, doch sah keinen Grund dazu, zu schweigen oder zu lügen. Sein größtes Geheimnis hatte er heute ja schon gelüftet, mehr schaden konnte er nicht mehr anrichten. Also gab er ein schlichtes, „Dich", von sich. „Und Nadia... und mich."
„Über die drei Dinge habe ich auch eine ganze Menge nachgedacht", gestand der Sänger. In seinem Blick lag etwas, das Jean nicht identifizieren konnte.
„Und zu welchem Ergebnis bist du gekommen?" zu seiner großen Überraschung, war er auf einmal ganz ruhig und fast schon gelassen. Tief in seinem Innern, war er zu dem Entschluss gekommen, dass Alea ihn nicht von sich wegstoßen oder ihn hassen würde. Sonst hätte er ihm nicht aus dem Pool geholfen und auch nicht aufgefangen.
„Nun, zum Einen hattest du recht mit Nadia. Inzwischen glaube ich auch, dass sie mich nie wirklich geliebt hat, sondern dass ich mehr ein Statussymbol für sie war, etwas zum Angeben. Und im Nachhinein... also, ich habe sie SCHON geliebt... aber... nicht genug. Verstehst du, was ich meine?"
„Ich denke schon", nuschelte Jean.
Alea machte ein nachdenkliches Geräusch. „Wenn ich ehrlich bin, dann war diese Beziehung eigentlich schon eine ganze Weile vorbei, ich wollte es nur nicht wahr haben. Den kleinen... Schubser habe ich wohl gebraucht, danke dafür."
„Kein Problem", nuschelte Jean erneut in seinen Bart, während sein Blick immer noch auf dem Ziegenbärtigen lag. „Immer wieder gerne..."
„Und deswegen bin ich auch zu dir gegangen. Du bist immer ehrlich und nimmst nur selten ein Blatt vor den Mund, wenn es drauf ankommt." Nun war es Jean, der daraufhin ein nachdenkliches Geräusch machte. „Apropos ‚Blatt vor dem Mund'..."
„Ja...?" fragte er zögerlich und wandte schnell seine Augen ab, als Alea seinen Blick suchte.
„Du weißt, worauf ich hinaus will..."
„Ja", bestätigte der Franzose das, was Alea eigentlich schon wusste. Er seufzte und stemmte sich hoch, in eine kniende Position. Einen Moment länger starrte er noch auf das Wasser, doch dann zwang er sich in diese vertrauten, dunkelbraunen Augen zu blicken, die schon wieder so unleserlich waren. Das waren sie doch sonst nie, also warum ausgerechnet jetzt? „Und ich meinte es ernst."
Irgendetwas löste sich in dem Sänger, als er diese Worte hörte. Sein Körper entspannte sich – Jean hatte erst gar nicht bemerkt, wie angespannt sein Gesprächspartner doch gewesen war – und seine Gesichtszüge wurden auch sanfter. In seine Augen trat eine gewisse Wärme.
„Du liebst mich also?"
Dieses Mal zögerte er keine Sekunde: „Ja."
„Huh", er schnaubte amüsiert, „ich hatte noch nie etwas mit einem Mann. Also... noch nichts Ernstes, höchstens küssen und ein bisschen... fummeln..." er schnaube erneut, „und jetzt habe ich sogar einen Franzosen."
„Was?" der Schwarzhaarige blinzelte verdutzt. Bildete er sich das nur ein, oder wurde Alea gerade ein wenig rot? Es war schwer zu erkennen, im schwachen Licht der Lampe, die irgendwo hinter ihnen auf dem Tisch stand und Jean bisher stumm Gesellschaft geleistet hatte.
„Lass es uns probieren", der Sänger grinste, sein verschlagenes Grinsen, das schon so manche Herzen gebrochen hatte.
Jeans Herz setzte kurz aus und er wollte sich dem Anderen schon an den Hals werfen, doch da kam ihm ein hässlicher Gedanke, sodass er nur Eines erwidern konnte: „Nein..."
Dem Blonden entgleisten sämtliche Gesichtszüge, mit der Antwort hatte er nicht gerechnet. „Was? Wieso nicht? Ich dachte du..." sein Blick war schon fast bettelnd.
Doch Jean schüttelte betrübt den Kopf. „Ich will kein Platzhalter sein. Und auch kein Spielzeug für Zwischendurch... das... da bin ich mir mehr wert... auch wenn ich dich liebe."
„A... aber..." stammelte der Sänger und sah ihn aus großen Augen an.
„Lass gut sein", meinte der Trommler in einem sanften Ton. Er kam ein wenig auf den verdatterten Mann zugerutscht und legte seine Hand auf dessen Wange, während er sich nach vorne beugte und auf die freie Wange einen kurzen, keuschen Kuss drückte. Kurz schloss er die Augen und genoss die Nähe und sog den Geruch des Anderen ein, bevor er sich schließlich komplett zurückzog und aufstand. „Ich werde es schon überleben, es ist ja nur ein bisschen Liebeskummer."
Er zuckte unbekümmert mit den Schultern und schenkte seinem Bandkollegen noch ein kleines, beschwichtigendes Lächeln, bevor er sich dann umwandte, um in den Bus zu gehen. Er wollte sich hinlegen und entspannen. Nach so viel emotionaler Aufregung durfte er das wohl. Das, und er wollte sich selbst davor bewahren, seine Meinung doch nochmal zu ändern und es später bereuen zu müssen, wenn Alea dann doch genug von ihm hatte. Das würde sein Herz nur noch mehr zerbrechen, als es jetzt der Fall war.
Und Alea blieb einfach dort sitzen und starrte dem Trommler hinterher, wie ein Hund, dessen Herrschen gerade aus der Tür gegangen war, ohne sich zu verabschieden. Was sollte das gerade?
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Wo die Liebe hinfällt
RomanceLiebe kommt oft unerwartet. Man kann sie nicht planen. Manchmal vergeht die Liebe so schnell, wie sie gekommen ist und manchmal, trifft sie einen besonderen Menschen, den man schon lange kennt. (Spielmann x Spielmann - Alea x Jean)