we goin' ✈️

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"Alles in Ordnung Yoongi?", fragte mich Namjoon und sah von seinem Reiseführer auf. Für einen Moment nahm ich meinen Kopf von der kühlen Fensterscheibe und sah ihn ausdruckslos an. Er hatte mich aus meinem Tagtraum gerissen.

"Wir fahren seit Ewigkeiten, da darf man schonmal ein bisschen träge werden", rechtfertigte ich meine Laune und streckte mich etwas.

Seit heute Morgen um fünf waren wir beide auf den Beinen und haben einen endlosen Flug nach Spanien hinter uns gebracht, wo wir uns für zehn Tage eine kleine, aber gemütliche Finca gebucht hatten. Aufgrund der ganzen Kosten teilten wir uns diese mit zwei anderen jungen Männern, welche ebenfalls Ferien im Urlaubsland schlechthin machten.

"Nicht mehr lange", munterte mich mein Wohngenosse aus Seoul auf und reichte mir eine Wasserflasche, aus welcher ich dankbar einige Schlucke nahm. Die Landschaften hatten mich vorhin so sehr fasziniert und beeindruckt, doch langsam wurde ich müde von ihnen und sie langweilten mich. Palmen und Steinmauern wechselten sich mit weiß getünchten Häusern ab und schlussendlich hatte ich das Gefühl, dass unser Reisebus, welcher gefüllt mit Rentnern und Wanderern war, nurnoch im Kreis fuhr.

"Schau mal, bis nach Granada sind es nurnoch etwa hundert Kilometer", meinte Namjoon begeistert und streckte mir seine Landkarte ins Gesicht. Ich hielt sie mir etwas auf Abstand und fuhr unsere Route mit dem Finger nach.

Granada — wie sehr hatten wir beide uns auf diese Stadt gefreut. Seitdem wir in der siebten Klasse zusammen ein Referat über die spanische Stadt mit historischem Hintergrund gehalten haben, war es unser gemeinsamer Traum dort einige Tage verbringen zu dürfen, welchen wir uns nun, einige Jahre später, endlich erfüllten.

"Ich freue mich so sehr auf den Sierra Nevada National Park", schwärmte Namjoon, faltete die Karte wieder zusammen und verstaute diese in seinem überdimensionalen Wanderrucksack. "Und ich freue mich auf eine kalte Dusche und auf ein weiches Bett", seufzte ich und lehnte meinen Kopf wieder an der Scheibe an. "Hoffentlich kommen wir bald an. Ich kann nicht mehr sitzen."

Die Bustüren schlossen sich hinter uns und der Bus setzte sich in Bewegung. Eingewirbelt von Staub griff ich nach meinem Rucksack und nach meinem Koffer und zog alles hinter mir her. Mittlerweile ist die Nacht über Spanien hereingezogen und hat alles in einen dunklen Glanz gehüllt. Namjoon ging wieder mit seiner Karte vorraus um uns zu der Finca zu führen. "Mh, nein das ist falsch", murmelte er und drehte und wendete seine Karte. Wir standen in einer Sackgasse. Lange Rede, kurzer Sinn, wir hatten uns verirrt aber zum Glück gab es Naver und Google Maps, welche uns aus der Misere herausführten.

"Oh mein Gott", meinte Mian, einer unserer Mitbewohner und wischte sich eine Lachträne aus dem Augenwinkel, während er unserer Geschichte lauschte. Jae, seine Reisepartner, stand in der Küche und wärmte uns etwas zu Essen auf. Die beiden kannten sich von einer Studienreise und hatten nach all der Zeit Kontakt gehalten. Jae kam aus Amerika und Mian aus China. Er sprach jedoch glücklicherweise fließend Englisch und Namjoon packte eifrig seine Sprachskills aus während ich neben ihm saß und nur einige Sätze verstand.

"Wir haben uns schon gefragt wann ihr ankommt", meinte Jae und stellte zwei große Schüsseln Paella auf den Tisch. "Wir haben uns verirrt", erklärte ich ihm in meinem brüchigen English und fing hungrig an zu essen. Namjoon tat es mir nach und bald herrschte gefräßige Stille am Tisch.

"Wieso verirrt?", fragte Mian überrascht. "Granada ist doch eigentlich relativ übersichtlich und alles ist ausgeschildert." Ich warf einen kurzen Blick zu meinem Freund und dachte kurz nach um die richtigen Worte zu finden. "Er kann keine Karten lesen", meinte ich schließlich und von Namjoon kam ein trockenes Husten.

Mian und Jae tauschten ein Grinsen untereinander aus und nickten dann. "Ja, für euch beiden scheint Spanien auch ein Kulturschock zu sein. Ihr kommt aus Seoul hab ich vom Vermieter erfahren. Und Granada und Seoul sind ein mächtiger Unterschied." "Ursprünglich kommt Yoongi aus Daegu und ich aus Ilsan", erklärte Namjoon und schob seine leere Schüssel von sich. "Nur wegen der Uni sind wir beide nach Seoul. Aber es hat sich gelohnt." Er lächelte freundlich und stand dann auf. "Wir hatten eine lange Reise hinter uns, weshalb wir uns jetzt zurückziehen."

"Gute Nacht", meinte Mian und lächelte freundlich. "Schlaft ruhig aus, kommt erstmal an und erkundet alles wenn ihr morgen früh wach werdet", erklärte Jae. "Mian und ich werden wahrscheinlich den ganzen Tag unterwegs sein, also lasst euch nicht stören."

"Vielen Dank", bedankte ich mich erneut und stieg dann vor Namjoon die Treppenstufen zu unseren Zimmern hoch. "Also dann Yoongi, gute Nacht", wünschte mir Namjoon, klopfte mir auf die Schulter und ging in sein Zimmer.

Ich ging ebenfalls in meinen Raum und setzte mich aufs Bett. Langsam trat die Müdigkeit ein, weshalb ich mich schnell umzog und dann an das bodenlange Fenster trat. Weiter hinten konnte man die Kapelle sehen, welche im dunklen von riesigen Scheinwerfern angestrahlt wurde. Überall funkelten die Lichter sie Sterne an Nachthimmel. Von draußen erklang das Zirpen von den Grillen.

Was eine wunderschöne Stadt Granada doch war.

- blueside // myg x jhs Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt