11 Wendepunkt

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"Lina?" Jungkook holte mich aus meinen verzweifelten Gedanken.

Ich kann ihm nicht erzählen, dass ich das gemacht habe, um ihm irgendwie näher zu kommen. Das geht nicht. Vielleicht empfindet er noch nicht dasselbe, wie ich. Außerdem bin ich das Mädchen und er der Junge. Ich finde, er sollte den Anfang machen. Ich... ich... kann das nicht...

"Dann möchte ich dir etwas Persönliches erzählen." Gerettet, aber... was will Jungkook mir erzählen?

"Ich war mit meinem Leben, so wie es war, sehr zufrieden. Ich hatte die besten Freunde auf der Welt, hatte eine tolle Klasse, in der ich eher unauffällig war und ich wurde eigentlich nie richtig geärgert wegen irgendetwas an mir. Aber irgendwann gab es in meinem Leben einen großen Wendepunkt.

Dieser Wendepunkt hat mich mein ganzes Leben überdenken lassen. Es ist so, als hätte ich schon immer einen Fehler gemacht, der kein richtiger war, aber irgendwie doch." In dem Moment nahm er seinen Kopf von meinem und auch seine Hand verließ meine. Es fällt ihm sichtlich schwer davon zu erzählen.

"Tae hat mir damals ein wenig geholfen, das angebliche Problem loszuwerden. Es hat sogar geklappt. Aber manchmal... da bin ich meinem alten Ich verfallen. Ich konnte nichts dagegen tun. Aber Tae hatte knapp drei Wochen Zeit mein Selbstbewusstsein so weit aufzubauen, dass ich problemlos einen Schultag überlebe.

Du erinnerst dich bestimmt noch, dass ich bis zur neunten Klasse total schüchtern war, oder?" Vorsichtig nickte ich. Er seufzte. "Ich habe mir die Haare gefärbt in der Hoffnung, das würde mich etwas einzigartiger machen. An sich wollte ich nur etwas Aufmerksamkeit erregen.

Aber nicht bei irgendwem. Nein, ich wollte, dass ein bestimmtes Mädchen mich bemerkt. Irgendwie hatte ich immer das Gefühl, sie bemerkt mich nicht wirklich. Damals wusste sie bestimmt nur, dass ich der Junge bin, der mit Tae befreundet ist."

Ich hatte mir Hoffnungen gemacht, dass er vielleicht mich meinen könnte, aber das alles trifft nicht wirklich auf mich zu...

"In der ersten und auch noch in der zweiten Klasse war ich genauso wie Tae. Das glaubst du mir vielleicht nicht, aber es war so. Aber in der dritten Klasse gab es einen kleinen Wendepunkt. Ein Klassenkamerad ist mit einem Mädchen zusammen gekommen. Es war das erste Pärchen in der Klasse. Da wurde mir zum ersten Mal richtig bewusst, dass man mit Mädchen auch mehr als eine Freundschaft haben kann.

Ab da wurde ich schüchtern gegenüber Mädchen und später sogar allen gegenüber. Selbst bei meinen Freunden, aber das hat sich mit der Zeit gebessert. Ich finde es gar nicht so schlimm so selbstbewusst zu sein, aber manchmal möchte ich wieder wie früher sein..."

Jungkook hat entfernt dasselbe erlebt wie ich. Er hat mir gerade etwas sehr persönliches erzählt, daher ist es nur gerecht, wenn... ich das auch mache.

"Ich habe mich auch nicht ganz freiwillig verändert." Überrascht davon, dass ich nun doch rede, sah Jungkook mich an. Mein Blick galt dem Boden.

"Mija wollte, dass ich selbstbewusster werde. Man könnte sagen, es gab auch ein meinem Leben einen Wendepunkt. Und Mija hat damit zu tun. Sie meinte, dass ich selbstsicherer werden solle. Also sind wir zum Friseur, haben dort meine Haare abgeschnitten und danach sind wir in ihren Lieblingsladen, wo wir meine neuen Klamotten her haben.

Anfangs war es sehr schwer für mich, so selbstbewusst zu sein, aber ich entdeckte so viele Vorteile. Im Nachhinein bin ich Mija so dankbar dafür. Aber auch ich möchte manchmal einfach die alte Lina und schüchtern sein." Nach meinem Monolog seufze ich.

"Du hast mir als schüchternes, süßes Mädchen mehr gefallen. Dein Selbstbewusstsein lässt dich anders wirken, viel erwachsener. Das gefällt mir zwar auch, aber... dein altes Ich mochte ich lieber."

Ungläubig sah ich zu ihm. Er lächelte. Augenblicklich wurde ich rot und sah wieder zu Boden.

Er mag mich. Jungkook mag mich! Oder zumindest mein früheres Ich. Aber er mag mich, wie ich bin. Ohne mein gespieltes Selbstbewusstsein. Er mag mich wirklich.

"Du hast recht Jungkook. Mein altes Ich gefiel mir einfach besser, auch wenn ein bisschen mehr Selbstvertrauen nicht schaden kann.

Aber dasselbe gilt für dich. Früher warst du die einzige Person die mich irgendwie verstanden hat. Wir haben nie miteinander geredet, aber du wolltest auch nicht sprechen und groß auf dich aufmerksam machen. Das habe ich sehr geschätzt an dir.

Mich hat es zu Anfang des Schuljahres sehr überrascht, dich so selbstsicher zu sehen. Ich mochte dich schüchtern nämlich mehr. Dein neues Ich ist auch süß, aber dein altes war mir lieber."

Ich hob meinen Blick wieder. Vor mir saß ein rot gewordener Jungkook, dessen Mund leicht offen stand. "A-Also magst d-du mich so w-wie ich wirklich bin?" Sogar mehr als das... "Ja, tue ich." Jetzt wurde auch ich rot.

Jungkook wandte seinen Blick von mir ab. Ich tat es ihm gleich.

Irgendwie haben wir uns doch beiden eine Art Liebesgeständnis gemacht. Ich sagte, dass ich ihn mag und er, dass er mich auch mag. Zwar so wie wir früher waren, aber wir mögen uns. Das weiß ich und das weiß er.

Nur finde ich, dass das nicht die richtige Zeit ist, um richtige Liebesgeständnisse von sich zu geben. Die Atmosphäre war... einfach nicht richtig.

Plötzlich spürte ich, wie Jungkook meine Hand nahm und aufstand. Er lächelte mir schwach zu. Ich stand von der Bank auf. Für einen Moment blieben wir nur so stehen. Aber Jungkook hatte wohl einen Plan, wo wir beide hingehen sollten.

Ich wusste nicht wohin er mich führte, aber ich vertraute ihm. Jungkooks Hand zu halten, wo ich weiß, dass er mich auch mag, ist etwas ganz anderes. Mein Herz pochte immer noch wie verrückt, aber es fühlte sich einfach besser an.

Schweigend gingen wir die vielen Straßen entlang. Und irgendwann fiel mir auf, wo wir waren. Doch da standen wir schon vor meinem zu Hause. Fragend sah ich ihn an.

"Ich wollte dich nach Hause bringen. Und ich hoffe, dass dir unser Date trotz meiner halben Lebensgeschichte schön war. Vielleicht können wir das ja irgendwann noch einmal machen. Mir hat es gefallen. Es war schön, dass ich das alles endlich einer Person anvertrauen konnte. Danke, Lina."

Er ließ meine Hand los, aber nur um mich zu umarmen. Ich zögerten nicht einen Augenblick ihn zurück zu umarmen. "Mir hat unser Date auch gefallen. Und ich würde mich freuen, wenn wir das einmal wiederholen könnten."

Wir lösten uns von der Umarmung. Einmal noch lächelten wir uns schwach an und dann ging ich zur Haustür. Ich kramte den Schlüssel aus meiner Tasche und öffnete die Tür. Bevor ich die Tür wieder schloss, winkte ich Jungkook zu. Er winkte zurück.

Ich schloss die Tür und versuchte meine unregelmäßige Atmung unter Kontrolle zu bringen. Der Tag war einer der besten überhaupt. Jungkook mag mich, er würde sich über ein weiteres Date mit mir freuen und mein Selbstbewusstsein ist nicht notwendig. Morgen werde ich wieder meine alten Klamotten anziehen. Nur meine Haare wachsen nicht so schnell nach.

Aber das kann mir im Moment egal sein. Denn mein Leben war gerade einfach perfekt.

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1164 Wörter

~🌹LY🌹~

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