13 Zeit

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Den ganzen restlichen Tag dachte ich nur über das Gespräch mit Taehyung nach. Und dadurch fügte sich alles allmählich zusammen. Jungkooks Geschichte von gestern ergibt jetzt zum größten Teil Sinn. Wenn wir von meinem Wunschdenken ausgehen.

Jungkook hat angefangen ein Mädchen mehr zu mögen als andere. Das hat er, so wie ich, seinem besten Freund nicht gesagt. Doch irgendwann muss Taehyung das in den Sommerferien herausgefunden habe.

Er gab Jungkook bestimmt auch ernsthafte Vorschläge, wie man es anstellen könnte, dem Mädchen näherzukommen. Meinen Wunschvorstellungen nach, wäre ich das ja. Er weiß genau, dass ich schüchtern war oder auch immer noch bin. Mit seinem zurückgewonnenen Selbstbewusstsein und der neuen Haarfarbe hat er eindeutig meine Aufmerksamkeit bekommen. Aber er wusste ja nicht, dass er sie vorher auch hatte.

Wir haben gestern beide geklärt, dass wir das jeweils früherer und schüchterner Ich des anderen mochten. Nur wussten wir das ja vorher nicht. Wir waren beide so unwissend.

Taehyung hat versucht Jungkook mit mir zu verkuppeln. Aber die Idee mochte er nicht. Allerdings glaube ich, dass Jungkook und ich uns kein Stück näher gekommen wäre, wenn wir weiterhin so unsicher und schüchtern gewesen wären. Auch ohne Mijas und Taehyungs Hilfe wäre das nicht passiert.

Irgendwann muss er sich wohl zusammengerissen und mich nach einem Date gefragt haben. Das war bestimmt schwer für ihn. Und ich dummes Ding antwortete nicht auf seine Frage. Aber es kam überraschend und es war vor so vielen Menschen.

Wahrscheinlich dachte er, dass ich ihn nicht mag oder das Date nicht möchte, aber ich wollte es. Und ich bin so froh, dass er mich doch noch einmal gefragt hat. Das Date war total toll. Auch wenn es hier und da ein paar komische Momente gab. Genau wie beim letzten Date. Dass Jungkook aber nicht in der Schule auftauchte, war ebenfalls komisch.

Er meinte zwar, dass er morgen wiederkommt, aber irgendwie glaube ich nicht ganz, dass er krank ist. Das könnte auch sein, das gebe ich zu, aber ich denke, da steckt deutlich mehr dahinter.

Plötzlich klopft es an meine Tür. Erschrocken setzte ich mich auf. "Herein!" Die Tür öffnete sich und meine Mutter trat hervor. "Wo bleibst du denn? Dein Mittagessen steht seit einer dreiviertel Stunde unten auf dem Tisch." Ach stimmt. Meine Mutter hat mir ein, leider nicht mehr warmes, Mittagessen gemacht.

"Ich habe nachgedacht. Tut mir leid..." Mein Mutter merkte, dass ich über keine alltägliche Sache nachdachte und setzte sich zu mir auf mein Bett. "Worüber denkst du denn nach?" Als Antwort seufzte ich nur. Ich konnte meiner Mutter doch nicht aus dem Nichts heraus alles erzählen, was dieses Schuljahr passiert ist.

"Hat es etwas mit dem Jungen zu tun, der dich nach Hause gebracht hat?" Meine Mutter stellte die Frage, ohne neckischen Hintergedanken. Also wenn sie das gesehen hat, kann ich es ihr wohl doch erzählen. "Ja... Du erinnerst dich an Jungkook?" Sie nickte. "Das war doch der niedliche schüchterne Junge aus deiner Klasse. Er war immer das komplette Gegenteil von diesem... Taehyung?"

"Genau der. Er hat sich aber seit diesem Schuljahr verändert. An sich ist die Veränderung positiv, aber gestern ist uns beiden etwas klar geworden. Er hat mich gefragt, warum ich so selbstbewusst geworden bin. Doch darauf wollte ich nicht antworten, weswegen ich schwieg.

Dann hat er erzählt, warum er selbstbewusst geworden ist. Wegen eines Mädchens, das er beeindrucken wollte. Aber am Ende dieses Gesprächs ist klar geworden, dass er mich mehr mag, wenn ich nicht mein neues Ich bin. Ich habe ihm dasselbe gesagt. Und heute war er nicht in der Schule. Er sagte, er sei krank, aber da steckt doch bestimmt mehr dahinter..."

Ich war froh, dass ich mir das alles endlich von der Seele geredet habe. Das tat gut.

Meine Mutter wusste genau, was ich meinte. "Er hat dir bestätigt, dass er dich so mag, wir du bist und du hast ihm bestätigt, dass du ich so magst, wie er wirklich ist. Das war kein richtiges Liebesgeständnis, aber so etwas in der Art."

"Und nun glaube ich, dass es komisch zwischen uns werden könnte. Wir haben uns eigentlich gut verstanden. Außerdem habe ich beschlossen, wieder zu meinem alten Ich zurückzukehren. Und wenn er das auch tut, wäre es eigentlich auch gut, aber dann schweigen wir uns vielleicht nur noch an. Und das will ich nicht..."

Meine Mutter nickte verständlich. "Das verstehe ich. Gib Jungkook einfach ein bisschen Zeit, um über alles nachzudenken. Vielleicht braucht er Zeit, um sich seinen Gefühlen dir gegenüber klar zu werden."

Da hatte sie recht. Ich brauchte den ganzen Tag, um über alles nachzudenken. Jungkook geht es da bestimmt nicht anders.

"Und du musst bedenken, dass ihr beide schüchtern seid. Ich vermute, er weiß, dass du nie wirklich in der Lage wärst, den ersten Schritt zu machen. Also muss er über seinen eigenen Schatten springen und es machen. Nur liegt so etwas auch nicht in seiner Natur. Das weiß du und das weiß er.

Aber eins kann ich dir versichern: Wenn er deine Gefühle so erwidert, wie du es tust, dann werdet ihr beide zusammenkommen und glücklich werden. Auch wenn es seine Zeit dauert, am Ende wird es sich auf jeden Fall lohnen."

Dass meine Mutter mir so gut bei meinem Problem helfen konnte, hätte ich nie gedacht. Sie hat aber eindeutig recht. Irgendwann kommen wir zusammen. Und wenn ich lange darauf warten muss. Wir machen es in unserem Tempo.

"Geht es dir besser?" Langsam nickte ich. "Ja, das tut es." Meine Mutter umarmte mich einmal kurz und stand vom Bett auf. "Möchtest du, dass ich dein Mittagsessen noch einmal warm mache?"

"Ja, gerne."

"Dann komm aber gleich mit. Bevor du mir in den nächsten Gedankengang verschwindest, ja?" Ich sprang vom Bett auf. "Natürlich", antwortete ich kichernd und folgte meiner Mutter in die Küche.

Dort nahm sie meinen Teller und stellte ihn in die Mikrowelle. Sie tippte ein paarmal auf den Knopf für die 30 Sekunden und drehte sich zu mir um. "Jungkook ist wirklich keine schlechte Wahl." Innerlich verdrehte ich die Augen. Die ganze Zeit habe ich mich gefreut, dass sich mich deswegen nicht neckt, aber nun tut sie es doch.

Hätte ich keinen großen Hunger, würde ich mich leise aus dem Staub machen. Doch das konnte ich knicken. Aber wenn ich jemals mit Jungkook zusammenkomme, muss ich das ja auch ertragen. Verübeln kann ich es aber auch nicht. Sie wartet bestimmt seit meiner Geburt auf diesen Moment. Also darf sie den auch ausleben.

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1067 Wörter

~🌹LY🌹~

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