4.🌘

82 13 3
                                    

Tagelang schleppte ich mich durch die gegend. Ich fühlte mich komplett leer.
Wie ich es geschafft habe, Taehyungs Beerdigung zu überstehen weiß ich immer noch nicht.
Die halbe Schule, Taes Freunde und Familie standen auf dem Friedhof, das Wetter war verregnet und ich habe sicherlich genauso viel geweint, wie die Wolken am grauen Himmel.
Mir wäre es lieber gewesen, ich läge an Taetaes stelle in dem schlichten, schwarzen Sarg, welcher mit dunkellilaner Seide ausgekleidet war.
Es ist meine Schuld, dass mein Freund tot ist. Ich habe es nicht geschafft, ihn vom Gehen abzubringen.
Und jetzt ist er tot, diese Worte spukten mir immer wieder durch den Kopf.

Ich lag in meinem Bett, zwischen den großen Kissen, die mich vor dieser grausamen Welt verbargen und weinte. Alles erinnerte mich an meinen Freund. Sein Geruch, der noch an der Bettwäsche haftete, seine Klamotten, die er bei mir deponiert hatte, die Couch, auf der wir zusammen gekuschelt haben, die Küche wenn wir zusammen gekocht und gegessen haben und vorallem der Teddybär, den Tae mir zu meinem 17. Geburtstag geschenkt hat.
Wie soll ich nur jemals ohne Taehyung weiterleben?
"Taetae, ich vermisse dich so", schluchzte ich in mein Kissen.
Der Schmerz in meinem Herzen tat so unendlich weh, zeriss mich innerlich, aber es war immer noch besser, als gar nichts zu fühlen, weshalb ich ihn mehr als nur willkommen hieß.
Wie jeden Tag weinte ich mich in einen traumlosen Schlaf.

Tage, Wochen vergingen, ich ging zur Schule, arbeitete, ging nach Hause, existierte...
Mein Leben hat seit Taehyungs Tod sämtliche Farben verloren.
Der Schmerz des Verlustes ging allmählich in die gefürchtete Leere über und legte das schwarze Loch in meiner Seele frei, dass alle Emotionen und glücklichen Momente aufsaugte und für immer gefangen hielt.
Jeden Abend lag ich wach und versuchte verzweifelt einzuschlafen, doch meine Gedanken quälten mich, ließen mich nicht zur Ruhe kommen.
Du hättest sterben sollen, nicht Taehyung. Er hat es nicht verdient. Du hast gewusst, was passieren wird und hast es nicht verhindert. Du hast ihn einfach in den Tod rennen lassen.

Trigger Warnung!!!

Um halb drei morgens hielt ich es nicht mehr aus und kletterte aus dem Bett.
Meine Füße führten mich ins Bad, wo ich nach kurzem Suchen fand, was ich brauchte, um die Leblosigkeit aus meinem Herzen zu vertreiben.
Ich öffnete das Päckchen und holte vorsichtig eine der messerscharfen, hauchdünnen Rasierklingen heraus.
Ohne nachzudenken setzte ich an meinem noch unversehrten Unterarm an und zog durch.
Brennender Schmerz durchflutete mich und auf meinem Arm bildete sich ein roter Strich, aus dem langsam das Blut hervorquoll.
Immer mehr Schnitte fügte ich meinem Arm zu, bis ich zufrieden war. Unfähr ein Dutzend paralleler Wunden prangten auf meiner hellen Haut und brannten wie Feuer, aber es machte mir nichts aus. Ich war froh überhaupt etwas zu fühlen und für einem Moment an etwas anderes denken zu können.
Warum habe ich das nicht schon früher getan?

___________________________
480 Wörter

NightmaresWo Geschichten leben. Entdecke jetzt