¶ [Kapitel 8] - Sleep well

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"Ich zeige dir mal deinen Schlafplatz, ja?"
Nach Langem hin und her hatte Lotta endlich eingewilligt, für diese Nacht bei ihm zu bleiben. Obwohl sie Paddy nicht wirklich kannte, höchstens den komischen Kauz, der mit seiner Familie enorme Berühmtheit erlangte, fühlte sie sich hier sicherer, als auf der verschneiten Straße. Immerhin konnte sie sich nicht vorstellen, dass er ihr irgendetwas antun würde.

Er trat vor ihr die hölzerne Treppe hinauf und Lotta folgte ihm. Vor einer Tür, die nicht anders aussah, als die als die anderen machte er Halt. "Also, hier ist sowas wie ein Gästezimmer, schätze ich." Selbst ein wenig verunsichert öffnete er dir Tür und schaltete das Licht an. In der rechten Ecke stand ein kleines, aber gemütlich aussehendes Bett, das mit einem Bezug, auf dem Blumen abgebildet waren, bezogen war. Daneben stand ein kleiner Nachttisch, auf dem eine schon etwas ältere Lampe wartete.
E

in Kleiderschrank trohnte auf der anderen Seite des Raumes, ansonsten war hier nicht viel. Die Gardinen am Fenster waren zugezogen.

"Entschuldige bitte, ich war schon ewig nicht hier drin", verlegen strich er mit der Hand über den Schrank, wodurch sich eine Wolke Staub in der Luft verbreitete. "Irgendwie ist mir das jetzt schon ziemlich unangenehm. Komm mal mit", bat er sie und schaltete das Licht wieder aus.

Sanft griff er nach ihrem Arm und führte sie zu dem Zimmer, das sich gleich daneben befand. Darin sah es fast nicht anders aus, jedoch lag hier kein Staub auf den Möbeln. "Du kannst gern in meinem Bett schlafen, ich nehme mit der Couch vorlieb", er deutete auf das Bett, das wirklich einladend aussah. "Das ist nicht nö..-", er unterbrach sie. "Keine Widerrede."

Seufzend sah sie ihn an, wusste aber, dass es keinen Sinn hatte, gegen ihn anzukommen. "Danke", sagte sie leise und wankte verunsichert von einem Fuß auf den anderen. "Kann ich dich.. Also.. Umarmen?", fragte sie vorsichtig. Ohne eine Antwort darauf zu geben, zog Paddy sie in seine Arme und strich ihr sanft durch ihre langen, braunen Haare. "Sleep well", hauchte er, bevor er sie zum Bett begleitete, sie fürsorglich zudeckte und danach aus dem Raum verschwand.

Lotta wusste nicht genau, was sie in diesem Moment fühlen sollte. Er machte auf sie einen noch ziemlich desorientierten Eindruck, war aber trotzdem nicht davor gescheut, ihr zu helfen. Sie kannte ihn aus früherer Zeit, der Name Kelly war ihr sehr wohl ein Begriff. Jedoch hatte sie sich nie wirklich damit auseinander gesetzt.

Von diesem langen Tag war sie wirklich hundemüde. Ihre Augen fielen zu, als würden Gewichte daran hängen, aber trotzdem fand sie keine Ruhe. Was war, wenn Sarah nach ihr suchte? Das brachte weder ihr, noch Paddy etwas. Wenn sie durch irgendeinen Grund hier auftauchte, oder Lotta irgendwo aufstöberte, dann war ihr Leben vorbei. Immerhin hatte Sarah das Sorgerecht für sie und, wenn sie nicht zu ihr zurück gehen wollte, dann würde sie in ein Heim kommen. Dieser Gedanke bereitete ihr eine enorme Gänsehaut.

Immer wieder wälzte sie sich in dem gemütlichen Bett umher, doch sie konnte trotzdem nicht einschlafen. Vorsichtig griff sie im Dunkeln nach ihren Krücken und stolperte irgendwie aus diesem Zimmer hinaus, bis sie wieder vor der Treppe stand, die für sie jetzt enorm groß erschien.

Das Licht wollte sie nicht anschalten, um Paddy nicht zu wecken. Trotzdem hatte sie Angst, auf halben Wege zu fallen, wenn sie die Stufe nicht erwischte. Also setzte sie sich geradewegs auf die erste Stufe und sauste auf der kalten Holztreppe hinab.

Sie versuchte so leise, wie nur möglich in die Küche zu gelangen. Dort suchte sie überall nach einem Glas, bis sie es in einem der alten Hängeschränke fand. Lotta stellte sich auf ihren gesunden Fuß und griff danach, taumelte aber und bevor sie sich versah lag sie, mit dem zerbrochenem Glas auf den Boden.

"Shit", fluchte sie und verzog das Gesicht. Plötzlich hörte sie das Klacken des Lichtschalters und Schritte. Ihr Herz schlug schneller. Paddy öffnete die Tür und, als er sie da liegen sah, kniete er sich schnell zu ihr herab. "Damn, girl", rief er panisch und half ihr, sich aufzusetzen. "Ist alles okay?"

Lotta strich sich ihre Haare aus dem Gesicht und lehnte sich mit dem Rücken an die Theke. Sie nickte und spürte, wie ihr die Farbe ins Gesicht schoss. Diese Situation war ihr mehr als unangenehm und bestätigte ihr nur noch mehr, wie unfähig sie war. Nicht einmal ein Glas konnte sie sich vernünftig aus dem Schrank nehmen, ohne irgendetwas zu zerstören.

"Entschuldigung", krächzte sie und spürte den drängenden Kloß, der sich in ihrem Hals breit machte. Paddy schnappte sich in der Zeit Besen und Kehrschaufel und beseitigte das kleine Missgeschick, über das er nur Schmunzeln konnte. Natürlich hatte es ihm einen ungeheuren Schrecken eingejagt, aber er war mehr als froh darüber gewesen, dass weiter Nichts passiert war.

Lotta begann zu Zittern. Normalerweise hätte sie anhand ihrer Selbstzweifel schon längst wieder zur Klinge gegriffen und jetzt war das Ganze schon länger, als 24 Stunden her. Genau das, war der Schmerz, den sie in solchen Situationen spüren musste, aber das konnte sie jetzt nicht.

"Hey, geht's dir nicht gut?", erkundigte sich Paddy, nachdem er das zerbrochene Glas entsorgt hatte. Er sah, wie sie zitterte und konnte sich ebenfalls erklären, warum.

"Kannst du mir die Klingen geben?", sie flehte ihn regelrecht an. "Bitte." Unverstanden stand er auf und verließ den Raum, ohne auch nur ein Wort zu sagen.

Out of the dark [Michael Patrick Kelly]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt