Kapitel 5

12 1 0
                                    

Ich stellte meinen Rucksack in eine Ecke des Flurs und streifte meine weißen - inzwischen wohl eher gräulichen Chucks von meinen Füßen. Ich hörte Schritte in dem Gang zu unseren Schlafzimmern und kurz darauf stand Liam im offenen Türbogen zum Flur und schaute mir genervt entgegen.
Liam ist mein kleiner großer bruder, er ist zwar erst 15, aber bereits einige Zentimeter größer als ich.
Wer uns nicht kennt, würde vermutlich nie auf den Gedanken kommen, dass wir Geschwister oder auch nur verwandt sind.
Während er dunkel braunes, glattes Haar hatte, dass in großem Kontrast zu seinen hell blauen Augen stand, hatte mein Haar die farbe von Straßenköter blond, welches mir in Wellen bis auf die Schultern fiel. Meine Nussbraunen Augen die ich von Mum geärbt hatte, strahlten außerdem viel mehr Wärme aus als seine. Auch unsere Gesichtszüge hätten nicht unterschiedlicher sein können. Er, ein Spitzes Kinn, hervor stehende Wangenknochen und eine rundliche Stupsnase, die sich seit Kleinkind alter nicht verändert zu haben schien. Ich, ein Kinn mit einem grübchen in der Mitte, kundliche Kinderwangen und eine schmale Nase. Weil sich auch unser character nicht im geringsten glich, hatten wir uns schon oft gefragt, ob er nicht doch adoptiert worden ist.
Aktuell steckte er auch noch, ganz zu Mum's und meinem Bedauern in einer echt nervigen Phase.
Ständig blockierte er das Bad um sich zu 'stylen' dabei sah er nach dem reingehen fast genau so aus wie beim rauskommen und wen man ihn darauf ansprach brachte er nur ein paar gereizte Sprüche wie: "Naja bei mir nützt dass stylen wenigstens was, bei dir kommt jede Hilfe zu spät." Zudem konnte man ständig hören wie er die Lautstärken regeler seiner Musikbox bis zum Anschlag aufdrehen und seine furchtbare ACDC Musik hörte. Da er schon lange kein so gutes Verhältnis zu Dad hatte beschimpft er ihn in letzter Zeit sehr oft und ließ häftig die Türen knallen wenn er mitbekam dass Mum mit ihm Telefonierte. Ja... und dieser junge war mal süß.
"Da würde ich nicht rein gehen."
sagte er und deutete mit einer lässigen Handbewegung in Richtung Küchentür. "Ich habe Mum ja schon oft im Ausnahmezustand erlebt aber dass... Super Arsch muss esheute wieder ganz besonders gut hinbekommen haben." Ich legte nachdenklich meinen Kopf schief während ich auf meiner Unterlippe rum knabberte und darüber nach grübelte was Dad denn zu wunderbares erzählt haben könnte. "Okay danke." sagte ich, während ich beschloss seine Warnung in den Wind zu schlagen und trotzdem in die Küche zu gehen, aber da war Liam schon wieder verschwunden natürlich nicht ohne einen Moment später seine Zimmertür geräuschvoll zufallen zu lassen.
Ich atmete drei mal tief durch und machte mich schon mal auf einen Lotto Gewinn im Wert von eine Million Dollar, einen eigenen Düsenjet oder  eine Privat Insel gefasst. Die Tür quietschte leise als ich sie öffnete um zu Mum in die brütend heiße Küche zu treten.
Augenblicklich schaute sie von unserer gemütlichen Sitzbank auf, an der sie saß. Ihr gerade noch zu tiefst betrübtes Gesicht welches in tiefen  falten lag wechselte seine Emotion so schlagartig zu einem künstlichen Lächeln, als hätte ich in ihr einen Schalter umgelegt.
Ihre Falten glätteten sich, sie riss ihre Augen unnatürlich weit auf und sie zeigte ihre Zähne.
"Ach hallo Mäuschen, na wie war die Schule? Anstrengend? Naja egal Schule ist eben Schule, schön siehst du heute wieder aus! Hast du Hunger? Komm setzt dich, ich habe Zimtschnecken gebacken."
Ehe ich einen weiteren Atemzug tuhen konnte, gab sie mir einen Kuss auf die Wange, umarmte mich und verfrachtete mich neben sich auf einen Stuhl. Ihre Stimme Klang krazig und zerbrechlich und ihre Augen waren wieder aufgequollen, mehr als sonst. "Mum." Meine Stimme klang im Vergleich zu ihrer fest, fast schon wütend. Ich hasste es wenn sie so tat als sei alles in Ordnung zudem auch, weil sie eine grauenvolle Schauspielerin war. Sie drehte sich um und stellte mir einen Teller über geladen mit einem Berg von dampfenden Zimtschnecken vor die Nase. "Iss." Vorderte sie mich Lachend auf. "Sind dieses Mal vielleicht ja etwas zu viele geworden, aber dann kannst du Lizzi  morgen einfach noch welche in die Schule mitbringen." Etwas zu viele? Sie untertrieb gewaltig! Der Herd und die Arbeitsfläche waren übersät mit Tellern und Platten auf denen sich warme Zimtschnecken gegenseitig erdrückten. "Mum, was hat Dad erzählt?" Meine Stimme klang nun ernster und meine Augen fixierten sie durchdringend. "Mum." Wiederholte ich noch einmal ehe sie ihr Versteckspiel aufgab und sich kraftlos neben mich in die Polster fallen ließ. Ihr Lächeln war aus ihrem Gesicht gefallen und ihre Augen füllten sich langsam wieder mit Tränen.
"Cali, dein Dad bekommt wieder ein Baby."

DrownWo Geschichten leben. Entdecke jetzt