Drown

Kapitel 7

Als ich noch klein war hatte mir Dad immer die spannenden Geschichten von Peter Pan und seinen Abenteuern im Nimmerland vorlesen müssen, weil Mum sehr oft Nachtschicht im Krankenhaus hatte.
Dabei hatte er mich immer
'kleine Giraffe' genannt, weil ich umbedingt die zum Text zugehörigen Bildchen ansehen wollte und meinen Hals deshalb ganz lang streckte um zwischen die Seiten spehen zu können. Ich spürte wie mir eine Träne aus dem Augenwinkel rann.
Es schien so lang her zu sein, wie eine Erinnerung aus einem anderen Leben und ich wurde von einer großen Sehnsucht gepackt. Schnell wischte ich sie mir aus dem Gesicht und begann damit die einzelnen Buchseiten durch zu Blättern, ich meinte einige der verblichen Bilder wieder zu erkennen. Liebevoll Strich ich mit meinem Daumen über die Zeichnung, in der sich Peter Pan gerade Todes mutig mit Captain Hook duiliert während er mit nur einem Bein auf der Reling stand. Erschrocken zuckte ich zusammen als sich eine große, schwere Hand auf meine Schulter legte.
Ich schloss das Buch, drückte es gegen meine Brust und drehte mich um.
Es waren die wässrigen Blau grünen Augen meines Vaters die mich treu aus ihren Tiefen Augenhöhen anschauten in die ich jetzt voller erstaunen blickte. "Dad!" Meine Stimme zitterte. "Hallo meine süße." Er lächelte mich verschmitzt an und nahm mein Gesicht zwischen die Hände um mich zu betrachten.
Mein Gesicht dass sich ungefähr auf hüfthöhe befand... Doch bei seinem Anblick konnte ich keinen klaren Gedanken fassen.
"Seit dem letzten Mal bist du ja schon wieder ein Stückchen gewachsen und wunder schön bist du auch noch geworden." Dass stimmte nicht, ich war wieder so klein und mein Gesicht so rund und pausbäckig wie damals. Ich brachte keinen Ton heraus, doch dafür kniete er sich zu mir runter und drückte mir einen Kuss auf die Stirn. Jetzt lächelte auch ich.
"Soll ich dir daraus vorlesen?"
Fragte er jetzt ernster, doch ich verstand erst nicht was er meinte, bis ich seinem Blick zu meinen verschlungenen Kinderarmen folgte in denen ich immer noch Peter Pan an mich drückte. Verlegen nickte ich und legte ihm das Buch zögerlich in die Hand. Er erhob sich wieder und nahm mich mit der anderen Hand auf seinen Arm. Ich konnte sein mildes parfüm riechen dass er immer trug und fühlte mich geborgen und sicher. Er trug mich rüber zum weißen Sofa, klopfte die Kissen zurecht, ließ mich in eines von ihnen hineinsinken und setzte sich neben mich. Dann schlug er das Buch auf, räusperte sich und begann mit tiefer Stimme zu lesen. Seine Worte ümhüllte mich wie eine warme Decke, sie drangen in mich ein und streichelten meine Seele.
Ich merkte wie ich müde wurde, doch bevor mir meine Augen zu fielen stockte er mitten in einem Satz, legte dass Buch bei Seite und sagte:
"Kein Kind der Welt könnte ich mehr lieben als dich mein Giraffenhälschen, ich hoffe dass weißt du. Aber du musst jetzt aufwachen... Hörst du?" Was? Ich hatte keine Ahnung was er meinte. Seine Stimme wurde lauter und eindringlicher.
"Cali wach auf!" Plötzlich war ich alles andere als müde. Meine Umgebung begann zu verschwimmen, Dad begann zu verschwimmen. Nein das durfte nicht passieren! Aus Leibes Kräften rief ich seinen Namen und versuchte nach ihm zu greifen aber da war nichts mehr nach dem ich hätte greifen können, Dad war weg. Stattdessen hörte ich jetzt eine andere Stimme die mir aus weiter Ferne etwas zu rief. Nein... nicht aus weiter Ferne sondern aus 'Genau vor der Badezimmertür'. Badezimmertür... Badezimmer? Verwirrt öffnete ich meine Augen und nahm verschwommen das schwache Licht der Beleuchtung war, welches durch das Wasser schimmerte.
Panik stieg in mir auf. Ich merkte wie mein Körper verzweifelt nach Luft rang sich meine Lunge aber nur schmerzhaft begann mit Wasser zu füllen. Zitternd tasteten meine Hände nach dem Badewannenrand an dem ich mich hochziehen könnte.
Ich bekam sie zu greifen und zog mich mit letzter Kraft in eine Sitzende Position. Ich hörte wie ich dabei die gesammten Bodenfliesen mit Wasser bespritze, doch dass war mir für den Moment egal. Röchelnd versuchte ich ein zu atmen, aber stattdessen hustete ich nur das Wasser aus meiner Luftröhre. Sauerstoff... ich brauchte dringend Sauerstoff!