Kapitel 6

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Was?! Ein Baby? Okay, damit hatte ich nun wirklich nicht gerechnet, sie hatten doch eben erst geheiratet.
Ich freute mich für Dad und sein Familien Glück, aber gleichzeitig kam in mir auch ein ungewohntes Gefühl von Wut auf. Wie konnte er Mum nur so ungeniert davon berichten und sie dann mit dieser überwältigenden Informationen alleine lassen?
Dad hatte sich noch nie so viele Gedanken über sein Handeln und mögliche Folgen gemacht was oft ja auch gut war, weil er deshalb sehr einfach gestrickt war aber in Fällen wie diesen war er wirklich nicht zu beneiden.
"Sie bekommen ein kleines Baby, sein Baby..." Sie stützte Ihren Kopf in ihre Handflächen und schluchzte.
Tränen tropften von ihrem Gesicht auf die Tischplatte und ich wiederstand dem häftigen Drang sie aus hygienischen Gründen mit einem Tuch weg zu wischen.
Aber Mum war jetzt wichtiger und so legte ich stattdessen teilnahmsvoll eine Hand auf ihren Rücken, wie sie es immer bei mir tat.
Es schenkte vielleicht nicht ganz so viel Trost wie eine Umarmung, aber wenigstens fühlte man sich nicht so alleine. Ich hatte erwartet dass sie sich anfangen würde für ihre Gefühle und Tränen zu rechtfertigen wie sie es immer tat, aber diese Nachricht konnte man offenbar nicht mit den anderen vergleichen.
Sie war wie erstarrt, keine Bewegung, kein Ton noch nicht mal eine winzigste Regung in ihrer Mimik.
Die Tränen die nicht direkt auf die Tischplatte tropften, bildeten rinsale quer über ihre Wangen und viele davon endeten an ihrer roten Nase von der ihre einzigste Regung ausging, ein leises schniefen. Überfordert mit der Situation begann ich samf mit meiner Hand über ihren Rücken zu streichen, denn ich wußte nicht was ich hätte sagen sollen.
So saßen wir mindestens eine halbe Stunde Wortlos da, bevor mein Magen laut das knurren anfing und ich mir widerwillig eine Zimtschnecke vom Teller nahm. Nachdem ich ein paar bissen gegessen hatte, sagte ich immernoch kauend: "Die schmecken wirklich gut, hast du was anders gemacht als sonst?" Ich hatte gelogen sie schmeckten genau so wie sonst auch immer, trocken, zu süß und für meinen Geschmack auch etwas zu zimtig , aber meine Worte hatten ihre Wirkung wenigstens nicht verfehlt. Mum lachte, es war ein echtes Lachen, ich glaube sie wußte inzwischen dass weder Liam noch ich ihre Zimt Schnecken leiden konnten, doch sie ging nicht weiter darauf ein, stand auf, wischte sich die letzten Tränen weg und küsste mich auf den Kopf. Erleichtert meine Mum vorerst wiederbelebt zu haben atmete ich Tief aus. Sie begann das Abendessen vorzubereiten und so verkrümelte ich mich ins Badezimmer, da ich der Meinung war nach all dem Stress des heutigen Tages eine Auszeit verdient zu haben. Ich entledichte mich meiner lockeren Boyfriend Jeans, dem senfgelben crop top und meiner Unterwäsche und kletterte rasch in die Wanne. Augenblicklich bekam ich eine Gänsehaut, während dass Wasser meine Knie und meine Handgelenke samft umspielte.
Der heiße Wasserdampf beschlug die kleine Luken förmige Fensterscheibe und den großen Spiegel an der Wand gegenüber. Mein Atem und mein Herzschlag verlangsamten sich und die Anspannung fiel von mir ab, so dass ich mich mindestens fünf Kilo leichter fühlte.
Ich schloss meine Augen und lauschte dem Rascheln der Apfelbäume vor dem Fenster. Das letzte an dass ich dachte bevor ich in einer schlafartigen parallel Welt verschwand war: 'vermutlich würde es heute Abend Regen geben.'
Ich bildete mir auch schon ein, prasselnde Tropfen zu hören die erst leise und dann immer lauter gegen die Hauswand und Fenster zu prallen schienen. Es wurde immer lauter und lauter, bis ich nur noch ein Ohrenbetäubendes Rauschen hören konnte. Erst jetzt erkannte ich, dass es von einem Riesigen Wasserschwall kam den es hinter dem großen, verschnörkelten Fenster Tsunami artig herabregnete.
Doch langsam klarte der Blick durchs Fenster auf und der Regen wurde zu pulvrigem Niesel. Sogar die Sonne kam heraus und brach sich tausendfach in den winzigen Wasserteilchen in der Luft.
Ich konnte nichts anderes tun als das nasse Fenster an zu starren, dass aussah als wäre es mit Diamanten besetzt in denen sich das Licht zu funkelnden Regenbögen verwandelte. Das Diamantenfenster flutete den gesamten Raum mit warmen Licht. Widerwillig gelang es mir meine Aufmerksamkeit vom Fenster ab zu wenden, damit ich mich weiter umschauen konnte. Ich ließ meinen Blick über das edele weiße Sofa mit den golden Füßen, der alten stehlampe mit den bunten Kringel Mustern auf dem Schirm, der kleinen gemütlichen Essniesche mit dunkel roten sitzpolstern und einer weißen Tischdecke und den zwei großen Bücherregalen aus dunklem Holz in denen sich verstaubte Bücher stapelten. Neugierig ging ich auf eines der zwei Bücherregale zu und wandte meine Aufmerksamkeit einem kleinen grünen Buch zu welches aus der Bücherreihe weit hervor ragte. 'Peter Pan von James Matthew Barrie' stand mit goldenem Kursivdruck auf dem Seiteneinband.
Ich zog es vorsichtig aus der Reihe und klappte den Abgefigerten Buchdeckel zur ersten Seite auf.
Sie war leer bis auf eine kleine Handgeschriebene Notiz in der Oberen linken Ecke. 'Für meine süße Giraffe, von deinem Dad.'
Die Erkenntnis überrollte mich wie ein tosendes Gewitter.
Ich befand mich in unserer Alten Wohnung und dieses Buch gehörte mal mir.

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