Diese eine Nacht - Rezo

Er -1

„Es gibt nur zwei Möglichkeiten. Entweder du gehst das Risiko halt mit ihr ein, obwohl überhaupt gar keins besteht, weil sie nach deiner Aussage keine Ahnung hat. Oder aber du schickst es ihr wirklich nur und kriegst genau das nicht, was du dir eigentlich wünschst." sagte er ernst und ich wusste, was er von mir erwartete.

Auch wenn ich es ungern zugab, er hatte recht. Es war leichtsinnig genug gewesen, sie einfach hier hergeholt zu haben, obwohl ich sie nicht einmal kannte und gerade weil ich sonst so vorsichtig und paranoid war, war es so unwirklich. Sie jetzt ein zweites Mal einzuladen konnte also nicht so viel schlimmer sein und ich bekam die Chance endlich das zu klären, was mich so sehr verwirrte und sich mir einfach nicht erschließen wollte.

Unsicher blickte ich zu Toni, der mich sanft und bestimmend anlächelte und ich überlegte tatsächlich ob es eine gute Idee gewesen war, es ihm zu erzählen. Mir war nichts anderes übrig geblieben, nachdem wir die Aufnahme mehrere Male neu starten mussten, weil ich den Einstieg oder oder meinen Text verpatzte. Auf seine Nachfrage hatte ich nur mit unwichtigen Floskeln geantwortet, weswegen er nach einer Weile alle aus dem Wohnzimmer geschmissen und mich so lange mit ernster Miene betrachtet hatte, dass ich letztendlich doch eingeknickt war.

Ich hatte mit der wunderschönen Stelle am Fluss angefangen, die ich nie richtig wahrgenommen hatte und eben dieser Frau, die mittels einer Nacht mich völlig durcheinander gebracht hatte. Ich konnte nicht einmal sagen, was mich dazu geritten hatte, sie kurz zu mustern und ihrem Summen zu lauschen, schließlich selbst meine Stimme zu erheben. Konnte mir selbst nicht erklären, wie es dazu gekommen war,dass wir plötzlich miteinander tanzten und sangen, als wären wir schon jahrelang befreundet. Noch weniger verstehen konnte ich, dass sie meinem Angebot, mit zu mir nach Hause zu gehen, obwohl sie nicht wusste, was ich vorhatte, nachgegangen war und sich letztlich ohne Vorbehalt darauf eingelassen hatte.

Die Berührungen, die meinerseits meistens wirklich unbeabsichtigt waren, das Kribbeln, welches mich jedes Mal aufs Neue erschüttert hatte und auch der Wunsch, dem Drang danach sie zu küssen nachzugeben, verschwieg ich. Doch während ich mich in meiner Erzählung immer wieder verhaspelt hatte, war sein Grinsen ein Stückchen breiter geworden, sodass ich mir fast sicher war, dass er schon längst Bescheid wusste.

„Und unter welchem Vorwand bitte?" fragte ich provozierend nach, um ein wenig Zeit zu schinden. Wenn ich ehrlich war traute ich mich einfach nicht, denn ich hatte bisher zwar schon einiges erlebt und genug verschiedene Erfahrungen gesammelt. Aber nie hatte es sich so derart intensiv angefühlt wie mit ihr und das machte mir Angst.

Ein verdammt schräges und schelmisches Lächeln schlich sich auf seine Lippen und mit einer einzelnen Handbewegung forderte er mein Handy an. Zumindest riss er mir dieses regelrecht aus meinen Pfoten, sobald es auch nur in seine Reichweite gelangt war und hielt es mir nur für einen kurzen Moment hin, damit ich es ihm entsperren und ihren Kontakt öffnen konnte. Etwas, was ich nur widerwillig tat.

Ich konnte noch immer nicht fassen, dass wir überhaupt unsere Nummern ausgetauscht hatten. Nachdem ihr Gesang vollständig aufgenommen war, hatte ich sie noch zu ein paar filmerischen Elementen überreden und vor die Kamera ziehen können. Wie ich darauf gekommen war, wusste ich nicht, aber ich wollte ihr das Rundumpaket eines Videos bieten und dementsprechend hatte ich sie anschließend auch gefragt, wie ich sie denn am besten anschreiben konnte, um es ihr auch schicken zu können.

Seitdem schwirrte irgendwo tief in mir die Hoffnung herum, dass das alles nicht der größte Fehler gewesen war, den ich hätte tun können. Die Nummern konnte ich wesentlich einfacher ändern, selbst wenn das schon viel zu viel Aufwand war. Doch ich war gerade erst eingezogen und liebte diese Wohnung, ich wollte sie jetzt nicht schon wieder hergeben müssen.