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Lautes, losgelöstes Gelächter tönte durch die Wohnung und hallte von den dicken Wänden wieder. Es drang bis zu mir ins Musikzimmer vor, in dem ich das gröbste zusammensammelte, was wir für eine Aufnahme gebrauchen konnte.

Mir wurde gleich warm ums Herz und ich konnte das Lächeln, welches mein Gesicht erhellen wollte, nicht unterdrücken. Das Kribbeln, das mich schon begleitete seit sie hier eingetroffen war, war mal stärker und mal schwächer und nahm nun wieder Überhand. Ich fühlte mich wie ein kleiner Junge, der das erste mal so richtig verliebt war und langsam begann ich mich damit abzufinden.

Mit ihr schien sowieso nichts richtig normal zu sein, weil das schon praktisch ihren Charakter ausmachte. Obwohl sie nun schon ein paar Stunden hier war und wir entweder geredet oder doch ein paar Videos gesehen hatten, da ich ihre Neugierde geweckt hatte. Ich konnte sie noch immer nicht richtig einschätzen, wusste nicht, was als nächstes passieren würde.

Am faszinierendsten war jedoch die Tatsache, wie sie an Youtube heranging. Sie hatte durchaus schon davon gehört und das ein oder andere mal zufällig gesehen. Aber sie versuchte gleichzeitig mit aller Macht Kritik daran auszuüben, als wollte sie unbedingt etwas finden, das davon abhielt sich weiter damit zu beschäftigen. Als wollte sie unbedingt verhindern, dass sie mehr Spaß daran fand, als sie sollte.

„Was machst du?" rief ich dann doch, um ihre Belustigung einschätzen zu können und lief mit der kleinen Kiste in den Händen, in der die Kamera den meisten Platz beanspruchte, den fröhlichen Geräuschen entgegen.

„Ich gucke nur, was du alles so im Internet preisgibst. Ist wirklich spannend." hörte ich sie weiter lachen und ich konnte mir nicht im geringsten vorstellen, was sie damit meinte. Beschleunigte mit schnellem Puls meine Schritte, um so schnell wie möglich wieder im Wohnzimmer zu sein und genauer zu sehen, was sie tat.

Ich runzelte die Stirn und blieb im Rahmen der Tür stehen, als ich Toni, Nia und mich selbst auf dem großen Bildschirm erblicken konnte. Wir hoben unsere Gläser hoch, nahmen jeweils einen Schluck und grinsten uns gegenseitig an. Ich wusste ganz genau, welches Video das war. Ich würde diesen Dreh sicherlich nie wieder vergessen können und dass es ausgerechnet Mila nun zuteil wurde, gefiel mir kein bisschen.

Peinlich war nicht das richtige Wort, um das zu beschreiben. Es gab da zwar ein paar Dinge, die ich so nicht hätte sagen oder formulieren müssen und hauptsächlich war ich derjenige gewesen, der sich in den Mist ritt. So oft, wie ich mich da rechtfertigen und etwas richtig stellen wollte und musste, hatte ich es noch nie tun müssen. Und auch wenn ich mir mittlerweile sicher sein konnte, dass sie gar nicht so verklemmt war, wie man es ihr im ersten Moment zutraute und durchaus ab und zu selbst einen zweideutigen Humor vorzuweisen hatte, war es mir unangenehm.

Genauer klären konnte ich es nicht. Ich hielt es, wie ich es dort dem Rest auch unterbreitete und ans Herz legte, wichtig offen darüber zusprechen. Es war ein Thema, welches sonst immer als Tabu angesehen wurde, obwohl es auch nur etwas ganz natürliches war. Aber dennoch hatte es etwas sehr eigenartiges, sie dabei zu beobachten, wie sie sich das alles ganz gemütlich lauschte. Aufhalten konnte ich sie jetzt eh nicht mehr.

Ein Seufzen entwich meinem Mund und bedacht ging ich auf sie zu. Für einen Augenblick hatte ich das Gefühl, sie würde ihre gesamte Umwelt wieder ausblenden und mich gar nicht bemerken, als ihr Kopf dann plötzlich doch zu mir schnellte und sie mir solch ein sanftes Lächeln schenkte, dass ich mich sofort wieder beruhigte.

„Um die grammatikalische Frage mal zu beantworten. In diesem Fall ist beides richtig. Ohne 'es' ist nur verbreiteter, glaube ich." brachte sie schließlich hervor, während ich sie nur ein weiteres Mal irritiert anblicken konnte. Mir fehlte jeglicher Bezug zu dieser Aussage, bis Toni im Video, das im Hintergrund noch immer lief, sich bewusst und mit einem Seitenblick zu mir selbstständig korrigierte.

Diese eine Nacht - RezoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt