Kapitel 2

60 7 0
                                    

Mit dem Rücken an die Kücheninsel gelehnt betrachtete ich das kochende Wasser im Topf. Wie widersprüchlich, dass man Wasser in einem Topf kocht, wenn man doch in Wasser lebt, nicht? Aber dafür gab es spezielle Drucktöpfe, die den Wasserdruck so veränderten, dass der Inhalt des Topfes sich nicht mit der Außenwelt vermischen konnte. Für euch klingt das vielleicht komisch, aber naja, für uns war es das Normalste der Welt.

Die Suppe aus Seegras, Tomaten und Basilikum köchelte also vor sich hin. Und falls ihr euch fragen solltet, woher das Gemüse kam: Forscher hatten vor Jahren schon Gewächshäuser entwickelt, die es uns ermöglichten das Gemüse an der Luft wachsen zu lassen, ja sogar künstliches Sonnenlicht gab es für sie. Wie die Gärtner es an der Luft aushielten, wusste ich allerdings nicht.

Nach einer gefühlten Ewigkeit schien die Suppe gut zu sein. Versteht mich nicht falsch, ich liebte es zu kochen. Aber stundenlang vor einem Topf zu warten ist nicht gerade das Spannendste der Welt. Schnell deckte ich noch den Tisch, kleine weiße Tischdeckchen lagen auf dem dunklen Tisch, der gesäumt war von Wellenschnitzereien. So ziemlich jedes Möbelstück war mit speziellem Lack überzogen, sodass das Wasser ihm nicht schaden konnte. Was man nicht alles brauchte fürs Leben hier unter Wasser, nicht wahr? Die Teller aus Perlmutt standen in perfekten Abständen zueinander auf den Tischdeckchen und den Topf stellte ich auf eine Muschelplatte in der Mitte des Tisches. Natürlich legte ich jedem noch Besteck hin. Auf Manieren achtete meine Mutter schon seit ich denken konnte. Alles hatte seinen festen Platz, war es woanders, so wurde sie tadelnd.

Nachdem ich zu Tisch gerufen hatte kamen auch meine Eltern angeschwommen, ließen sich auf ihre üblichen Plätze fallen. Zu dritt saße wir da und ließen die Suppe auf unsere Teller fließen. Spezielle Kellenrohre ließen die Flüssigkeit aus dem druckverändernden Topf auf die ebenso spezifischen Teller fließen. Das Essen verlief recht schweigsam im Gegensatz zum Frühstück. Merkwürdigerweise. Natürlich hatte man sich nicht immer was zu erzählen, doch diese Stille behagte mir nicht. So war es schon letztes Jahr gewesen, als meine Eltern gehofft hatten, dass ich bei der Wahl auserwählt werden würde. Doch so war es nicht. Danach ging wieder alles seinen gewohnten Gang. Dieses Mal würde es wieder so sein. Ich würde nicht ausgewählt werden, und ich konnte in mein normales, stinklangweiliges Leben zurückkehren. Jaja, ich weiß. Man sollte sich wünschen, an die Oberfläche zu dürfen, aber wollte ich das wirklich?

Nach dem Essen deckte ich den Tisch wieder ab und schwamm in mein Zimmer. Mittlerweile war es schon 10 Uhr und damit Zeit zum Schlafen. Hier unten herrschten recht strenge Regeln, denn je dunkler es wurde, desto mehr Gestalten kamen aus den tiefsten Tiefen des Ozeans. Sicher habt ihr schon von gruseligen Fischen mit langen Zähnen gehört? Was wir außerhalb der Zäune und Bedachung zu sehen bekamen war sehr viel schlimmer. Um eben jene Wesen davon abzuhalten zu uns zu gelangen, war ganz Nixentia von einem Zaun geschützt, der regelmäßig elektrische Wellen nach außen aussandte. Und alle, die auch nur ein bisschen Verstand haben wissen, dass Wasser Strom leitet. Wir in Nixentia sind vor eben jenen Stromstößen geschützt, diverse Vorrichtungen wurden dafür getroffen als ein Kind mal zu nah an die Begrenzung schwamm und... nun ja. Wir selbst sehen die Zäune nicht, sie sind nicht wirklich materiell. Mehr wie ein Kraftfeld, hin und wieder hört man ein verzerrtes Summen, wenn die Stadt schläft.

In meinem Zimmer angekommen schwamm ich an einem Spiegel vorbei und ließ mich auf mein Bett sinken. Meine bläulichen Locken flatterten mir entgegen, zumindest bis ich sie runterkämpfte. Wie jede Nixe, konnte ich meine Haarfarbe zwischen zwei Farbtönen wechseln lassen, die mir von Geburt an bestimmt waren. Die meinen waren ein Königsblau und ein strahlendes rot. Es gab auch Nixen die ihre Flossen Farbe ändern ließen. Ähnlich wie beim Färben der Haare, nur dass es da künstlich durch Nadeln hervorgerufen wurde. Wie Tatoos, die die Menschen an Land hatten. Oh! Und falls ihr euch fragt wie wir uns kleideten: die Frauen trugen meist Kleider, die knapp über die Hüfte reichten. Die Männer ließen es ganz sein oder trugen Hemden. Eine komische Vorstellung muss das für euch sein. 

Im Gegensatz zu meinen Eltern hatte ich giftgrüne Augen. Generell sah ich ihnen nicht besonders ähnlich, wie ich des öfteren feststellte. Meine Mutter, mit ihrer moosgrünen Flosse hatte helle, ja fast durchscheinende Haut, während mein Vater zwar auch sehr helle Haut aufwies, dafür aber eine dunkelblaue, fast schon schwarze Flosse hatte. Gerade wollte ich meine Gedanken weiter schweifen lassen, als ich merkte wie meine Augenlieder schwerer wurden.

~

"Ember? Cate ist an der Tür" rief meine Mutter von dem Flur aus. Schnell schwamm ich zur Tür, griff nebenbei noch nach meiner Tasche und verließ das Haus. "Hey Cate" mit einer flüchtigen Umarmung begrüßte wir uns. "Hey Em. Wollen wir los?" Ich nickte, gab meiner Mutter einen Kuss auf die Wange, eine sehr veraltete Geste, genau wie sich zu umarmen, und verschwand mit Cate  in Richtung Innenstadt.

Die Innenstadt in Nixentia war riesig und unglaublich prunkvoll. Überall leuchteten Lichter und Musik dröhnte in den Ohren. Wir schwammen zu unserem gemeinsamen Lieblingsort, einem kleinen Park in der Nähe des Hauptplatzes. Dort gab es nicht viel, ein paar Blumen, ein paar Bänke hier und da, hin und wieder schwammen ein paar Tiere umher. Fast gleichzeitig ließen wir uns auf eine der Bänke sinken.
"Hey Em!", sie stupste mich an, "denkst du du könntest ausgewählt werden? Für die Welt da oben?" sofort wurde mein Blick wieder ernst. Ich zuckte die Schultern. "Wer weiß" ich hatte mich darauf eingestellt eine Wölfin zu werden. Und meine Pläne stieß ich nicht gern um. "Denkst du du wirst auserwählt?" mit einem Seitenblick zu ihr erfuhr ich alles. Hoffnungsvoll schaute sie mich mit ihren leuchtend blauen Augen an, ihre Schwanzflosse schnippte hin und her, ein Zeichen für ihre offensichtliche Aufregung. Man sah es ihr überdeutlich an, dass sie es noch kaum bis zur Entscheidung erwarten konnte.

"Ich hoffe es! Also, ich soll ein Papagei werden, dann würde ich irgendwann sowieso nach oben gehen. Aber das wäre doch eine tolle Übung für die Zukunft, denkst du nicht auch?" Ich dachte kurz darüber nach und rang mir ein Lächeln ab "natürlich wäre es das". Ich schaute auf die Turmuhr des Rathauses. 11:46 Uhr. In exakt 14 Minuten würde bekannt gegeben werden wer die glücklichen Personen waren, die an die Oberfläche durften. Hatte ich die Wichtigkeit von Pünktlichkeit in Nixentia schon erwähnt? Kamst du hier zu spät, hättest du dir auch gleich ein Schild mit den Worten "ich gehöre nicht dazu" auf die Stirn kleben können.
11:50 Uhr.
Nur noch 10 Minuten... "Em. Hallo? Em?!" Ich hatte wohl nicht zugehört. Ich liebte Cate, aber manchmal redete sie wirklich wie ein Wasserfall. Da schaltete ich hin und wieder mal auf Durchzug. "Hm?" sie schüttelte nur den Kopf. "Ich habe gefragt, ob du denkst, dass Rick da sein wird?" ihre Augen nahmen einen verträumten Ausdruck an. Rick war ein Junge an unserer Schule, immer ein offenes schwarzes Hemd um die Schultern, immer von Mädchen umkreist. Ich mochte ihn nicht. Er warf mir immer solch komische Blicke zu, bis ich sie erwiederte und ihn geradezu anstarrte. Keine Ahnung warum ich das machte. Aber danach ließ er es immer sein. Meistens verschaffte mir das sogar ein bisschen Genugtuung. "Keine Ahnung" das war gelogen. So ziemlich jeder kam zu solchen Veranstaltungen. Kamst du nicht... nun ja, dann konntest du das Stirnschild wieder ankleben.
11:57 Uhr.
"Ich halts nicht mehr aus Em! Noch 3 Minuten. Dann könnte sich unser Leben völlig verändern!" Cate kreischte mir zwar ins Ohr aber ich musste lachen. Kennt ihr die Gerüchte über Sirenen? Mit ihrer Schönheit und ihren tödlichen Stimmen? So ähnlich war es bei uns. Stimmen so glatt wie Seide, die Schönheit, die fast nicht mehr als solche angesehen wurde, weil wir sie als natürlich empfanden. Nur, dass wir keine Menschen mit unseren Stimmen in den Tod schickten. Da waren unsere entfernten Cousins und Cousinen wohl die Einzigen. Naja und vielleicht Cate mit ihrer schier unendlichen Kreischerei. Über den Gedanken schmunzelnd schaute ich auf sie Uhr.
11:59 Uhr.
Nur noch eine Minute, dann würde sich das Schicksahl zweier Nixen völlig verändern.
Und da erschien Kiles Gesicht auf dem riesigen Monitor über dem Turm. Die Uhr zeigte genau 12:00 Uhr. Auf die Sekunde genau.


____________________________________________________________

~1380 Wörter

Hellooooo und auch willkommen zurück xD Damit wären wir auch schon fertig mit dem zweiten Kapitel. Wouhhh

Naja jedenfalls, kommentiert gern :)

Bis denne und peace out hehe

PS: Sry falls ihr Rechtschreibfehler findet, ich war eindeutig zu faul nochmal drüber zu lesen hehe

Du hast das Ende der veröffentlichten Teile erreicht.

⏰ Letzte Aktualisierung: Aug 24, 2020 ⏰

Füge diese Geschichte zu deiner Bibliothek hinzu, um über neue Kapitel informiert zu werden!

NixentiaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt