1. Kapitel | 1. Teil

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11 Jahre zuvor (Aurora 6 und Thomas 11)

°Aurora°

"AuroraLouise Victoria Letizia Coleman! Komm sofort hier her!" brüllte mein Vater durch das ganze Haus, er klang, wie so oft, wüten und genervt.

Etwas verängstigt betrat ich das große, moderne Arbeitszimmer. Schüchtern blicke ich in seine strengen eisblauen Augen, die mich zornig anstarrten. "Was du heute beim Ballett abgeliefert hast war einfach nur erbärmlich! Ich will Leistung sehen und nichts anderes! Hast Du mich verstanden?!".

Ich antwortete nicht sondern starrte stur aus den Boden vor mir.

Ein plötzlicher Knall ließ mich zusammenfahren. Meine Wange brannte höllisch, er hatte mich geschlagen, schon wieder, zu dritten Mal in dieser Woche und heute war Donnerstag. Vorsichtig fuhr ich mir meiner Hand über meine Wange bis hinunter zu meiner Lippe, sie war aufgeplatzt und blutete stark.

"Ob du mich verstanden hast?!" schrei er.

"Wieso Papa, wieso?" Ich sah ihn verletzt an und wartet auf eine Antwort, die einiger maßen logisch war, oder war es normal sein einziges Kind zu schlagen?

"Warum ich dich schlage? Willst du wissen?" er musterte mich als wäre ich Dreck, ein unnützes Lebewesen alles nur nicht seine Tochter. "Ich bin Andreas Coleman einer der reichsten Männer Europas und schwerer Industrieller. Da ist es selbstverständlich das meine Tochter auch immer eine hervorragende Leistung hervorbringt. Und nicht so was wie heute!"

Und schon wieder ein Schlag ins Gesicht.

"Und sowas nenne ich meinen Vater!" spuckte ich ihm ins Gesicht.

So schnell wie es meine kleinen Beine erlaubten rannte ich aus seinem Arbeitszimmer durch das Haus hinaus auf den Hof. Ich musste einfach weg und werde auch nicht zurückkommen. So schnell es nur ging verließ ich das Grundstück. Ich rannte durch die Stassen von London. Immer weiter und weiter ohne ein bestimmtes Ziel vor Augen zu haben. Einfach nur weg.

Nach einer Stunde hatte ich einen kleinen Park erreicht. Trotz des schönen Wetters waren nicht viele Leute dort; nur ein paar Jungs spielten Fußball auf der Wiese.

Völlig Kaput und müde ließ ich mich aus eine Bank am Rande der Wiese fallen. Ich zog meine Beine eng an meinen Körper in umschlang sie mit meinen Armen. Ich dachte über die Geschehnisse der letzten Stunden nach: mein Vater hat mich geschlagen, ich war geflüchtet und hatte jetzt auch keine Ahnung mehr wie ich wieder nach Hause kommen sollte.

Tränen kamen in mir auf und ich vergrub mein Gesicht in meinen Knien. Warum musste ich in eine der reichsten Familien Europas hinein geboren sein, zu einem Vater, der mich schlägt, wenn ich nicht die Gewünscht Leistung bringe? WARUM? Ich ließ meinen Tränen freien Lauf und kauerte mich noch enger an die Bank. Auf einmal spürte ich eine Hand an meiner Schulter. Erschrocken zuckte ich zusammen, traute mich aber nicht aufzuschauen. Was wenn das mein Vater oder sein Bodyguard sind?

"Hey. Was hast du? Ich tue dir nichts." meinte ein beruhigende Jungen Stimme. Ich sagte nichts, sondern blickte nur langsam auf. Vor mir saß eine Jungen mit Rot-Blondem Haar und Rehbraunen Augen, die mich besorgt musterten, er trug eine Fußballhose und ein Shirt, ich ging davon aus, dass er bis eben noch Fußball gespielt haben muss.

"Was hast du denn da gemacht?" fragte er erschrocken und fuhr vorsichtig mit seinem Zeigefinger über meine Wange.


Ich wand beschämt dem Blick ab: „Mein Vater hat mich geschlagen".

Bei der Erinnerung daran musste ich erneut weinen. "Hey nicht weinen, bitte weine nicht." wollte mich der Junge beruhigen. Doch ich konnte mich nicht beruhigen.

Vorsichtig und ein wenig schüchtern schloss mich der Junge in seine Arme. Wie lange wurde ich schon nicht mehr umarmt? Es fühlte sich gut an, und glücklich darüber das sich überhaupt jemand für mich Interessiert, erwiderte ich seine Umarmung.

Nach einer gefühlten Ewigkeit ließ der Junge wieder von mir ab und streckte mir die Hand entgegen: „Ich bin übrigens Thomas. Thomas Bordie-Sangster, aber Freunde nennen mich nur Tommy." grinste er.

"AuroraLouise Victoria Letizia Coleman" meinte ich brachte ein lächeln zu Stande als er mir die Hand schüttelte.

"Ist es für dich okay, wenn ich mir deinen Namen aufschreibe? Oder hast du einen Spitznamen?" Tommy kratzte sich etwas verlegen am Hinterkopf.

"Du musst ihn wohl aufschreiben. Ich habe leider keinen Spitznamen." meinte ich traurig.

"Dann muss ich dir wohl einen geben....." meinte er und grinste, während ich ihn aufmerksam musterte.

Ich hatte noch nie einen Spitznamen meine Eltern nannten mich immer bei meinem vollen Namen.

"Was hält's du von Sternchen?" fragte Tommy etwas verlegen, "Ich meine, wenn er dir nicht gefällt wir können auch was anderes suchen! Ich mein etwas anderes wäre schwer zu finden und......" druckste er rum bevor er sich selbst unterbrach und mich musterte.

"Nein der Name ist schön er gefällt mir, aber dann darfst nur du mich so nenne" sagte ich und Thomas atmete erleichtert aus.

Er warf ein Blick auf seine Armbanduhr und zog scharf die Luft ein: "Schon 19.35 Uhr, findest du nicht, dass du langsam nach Hause must?".

"Doch aber ich habe mich verlaufen und außerdem will ich nicht unbedingt zu meinem Vater.". "Das kann ich verstehen, aber du musst, ich kann dich auch nach Hause bringen!" "Okay, wen es sein muss!".

Thomas stand auf und hielt mir die Hand hin um mir beim Aufstehen zu Helfen. So alt bin ich nun auch wieder nicht!

"Warte kurz hier ich frage mal kurz, ob Jacob mitkommt." meinte Tommy und ging zu der gruppe Jungs auf der Wiese. Nach kurzer Zeit kam er auch schon wieder, neben ihm ging ein dunkelhäutiger Junge ungefähr im selben Alter.

Als sie bei mir ankamen streckte mir der Junge so gleich die Hand entgegen und grinste: "Hi ich bin Jacob, und du bist?".

Etwas schüchtern lächelte ich ihn an: "Louise Aurora Victoria Letizia Coleman!". Jacob warf mir einen geschockten Blick zu den ich allerdings nicht erwiderte.

"Wo wohnst du denn?" Tommy wand sich jetzt an mich. "Hilton Street 200" meinte ich und sah zu Boden. "Da wo die ganz reichen Leute wohnen also." stellte Jacob mit einem Grinsen fest.

"Du Sternchen, kann es sein das dein Vater Andreas Coleman?" fragte nun Thomas. Ich nickte nur leicht und betrachtete meine Finger.

"Na dann ab zur Hilton Street" verkündete Jacob. Der Weg nach 'Hause' dauerte ca. eine Stunde. Ich muss wohl sehr lange gelaufen sein.

Jacob und Tommy alberten die ganze Zeit herum und wir hatten sehr viel Spaß. Ich hatte die beiden wirklich nach so kurzer Zeit in mein Herz geschlossen. Es tat gut mal was mit Kindern in meinem Alter zu machen, auch wenn mein Vater das nicht so gefallen sollte, er verbat mir jeglichen Kontakt mit Gleichaltriegen, damit ich mich voll und ganz auf meine Karriere konzentrieren konnte. Als wir leider dann doch irgendwann ankamen wurde ich ganz traurig.

"Tommy ich will da nicht rein." sagte ich und deutete die Einfahrt hinauf zu unserer riesigen Villa die in der zunehmenden Dunkelheit von ein paar Scheinwerfern beleuchtet wurde und so ein eigentlich wunderschönes Bild abgab.

"Du musst, komm schon" ermutigte mich Tommy. Traurig umarmte ich ihn noch einmal, Tommy drückte mich eng an sich.

Dann drehte ich mich um und ging langsam die Einfahrt hinauf. "Sternchen, bleiben wir in Kontakt?" Tommy stand dicht hinter mir. "Ja unbedingt" lächelte ich.

"Gut ich hol dich dann Morgen ab und dann wird Fußball gespielt." er umarmte mich noch einmal und als er mich los ließ flüsterte er mir noch hinter her: "Und keine Angst haben vor deinem Vater, wenn er dir was antut, sag mir Bescheid, ich beschütze dich."


Und das war der Tag, an dem ich einen Freund fürs Leben gewann.

The Helpless Girl | ft. Thomas SangsterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt