Das Ziel

692 49 37
                                    

Es waren einige Wochen vergangen, mittlerweile war es Dezember. Der Schneefall war zurück gegangen, der Schnee war nur noch etwa Knöcheltief.
Langsam gewöhnte er sich an den Vampir. Er zuckte nicht mehr jedes mal zusammen, wenn der Vampir plötzlich hinter ihm stand und es war auch zur Routine geworden, mitten in der Nacht durch den Vampir geweckt zu werden, wenn dieser wieder einmal im Schlaf um sich schlug und nach einem der Alpträume das Bedürfnis hatte, zu kuscheln. Wenn er nach Hause kam hatte der Vampir meistens etwas für ihn gekocht - der Vampir war im Gegensatz zu ihm ein großartiger Koch - und die Wohnung war immer aufgeräumt und geputzt. Der Vampir war ein stiller Zeitgenosse. Er verrichtet sämtliche Arbeiten Vormittags, wenn er nicht da war und schlief meistens schon auf der Couch, wenn er aus dem Cafe zurück kam. Er trug ihn dann immer auf seine Matratzt- der Vampir weigerte sich, ein Bett anzunehmen- küsste ihn auf die Stirn und blieb bei ihm, bis er wieder im Tiefschlaf war. Erst dann guckte er, was es zu essen gab und ging nach dem essen noch etwa eine halbe Stunde fern sehen. Jeden Sonntag schnitt er sich den Unterarm auf um dem Vampir Blut zukommen zulassen. Jeder Tag, jede Woche verlief gleich. Er war wieder in dem Kreislauf gefangen, aus dem der Vampir ihn für einige Tage gerissen hatte. Und genau dies wollte er nun ändern. Es war ein Mittwoch morgen, es war sechs Uhr. In einer halben Stunde würde er fertig geduscht haben und am Tisch sitzen. Der Vampir würde aufstehen und zu ihm kommen. Würde ihm Gesellschaft leisten, während er aß und hinterher den Tisch abräumen, während er sich die Zähne putzte und sich anzog. Um viertel vor Sieben würde er loslaufen um pünktlich um sieben an dem Cafe zu sein.

Doch nicht heute. Um viertel nach sechs war er fertig geduscht und trocknete sich ab, bevor er einige Whattsapp Nachrichten beantwortete und darauf wartete, dass der Vampir aufstand.
Um Punkt halb stand der Vampir in der Küche.

,,Komm her."

Verwirrt sah der Vampir ihn an, kam aber zu ihm getappt. Immer noch verwirrt betrachtete er das Messer, mit welchem er sich nun den Unterarm aufschnitt.

,,Komm. Trink"

Der Vampir schüttelte nur müde den Kopf.

,,Komm schon Cracker. Du wirst es brauchen, wir haben heute viel vor!"

,,Guck nicht so. Ich sehe doch, dass du es brauchst. Du hast mir doch selber gesagt, dass du von zu wenig Blut schläfrig wirst."

Vorsichtig kam der Vampir zu ihm und lies sich auf seinem Schoss nieder, bevor er sich an ihn lehnte und seinen Arm zu seinen Lippen führte. Immer wieder leckte er das Blut auf und begann an dem Schnitt zu saugen.

Der Vampir lies von seinem Arm ab und leckte noch einmal über den Schnitt. Innerhalb von Sekunden schloss sich der Schnitt.

,,Ich komme heute etwas früher wieder, du musst nicht kochen."

Der Vampir sah ihn aus seinen warmen Augen an.

,,Weißt du, ich dachte immer, alle Vampire hätten rote Augen, einschließlich dir. Aber bei genauere Betrachtung sind deine Augen eher braun als rot."

Erschrocken sprang der Vampir auf und lief in den Flur, wo der nächste Spiegel hing. Er starrte sich in die Augen und fletschte seine Zähne. Erleichtert atmete er aus, als seine spitzen Eckzähne sichtbar wurden.

,,Hey. Was ist los?"

Doch der Vampir schüttelte den nur den Kopf. Er zeigte stumm auf die Uhr.

,,Oh mein Gott! Ich muss los! Und ich muss mich auch noch umziehen!"

Er stürmte aus dem Flur, zog sich an, schnappte sich Handy, Schlüssel und Portmonee und stürmte aus der Wohnung

_________________________

You are not dangerous!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt