Klarheiten und andere Hinderniss

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Der Nachtschatten glitt nahezu lautlos durch die Luft, den Küstenstreifen von Berk mit seinem besten Freund auf dem Rücken, patrouillierend. Nahe den Docks sah das Oberhaupt eine schwarzhaarige, hünenhafte Gestalt sitzen.

„Hey Kumpel, ich glaube, wir haben gerade einen Fremdling ausgemacht. Hast du den schon mal gesehen?"

Die Stimme Hicks' triefte vor Ironie, denn er wusste nicht, was er davon halten sollte, dass sein bester Freund ihm seit Wochen komplett aus dem Weg ging. Ohnezahn kommentierte mit einem belustigten Knottern und stellte neugierig seine Ohren im Wind auf.

„Was meinst du, mein Kleiner, erschrecken wir die treulose Tomate 'ne Runde?" Hicks tätschelte seinem Drachen den Kopf, der prompt seine gurgelnde Lache verlauten ließ und sein Maul zu einem eigentümlich aussehenden Grinsen verzog, was Hicks zwar nicht sehen konnte, aber die Laute waren eindeutig eine Zustimmung.

„Dann los, mein Freund."

Ohnezahn änderte den Kurs, so dass er sich Eret von hinten im Gleitflug nähern konnte. Odin sei Dank stand der Wind günstig, und so kamen Drache und Reiter schließlich unbemerkt hinter dem Zielobjekt am Boden an.

„Es steht eine hohe Strafe darauf, sich einfach in diesem Hoheitsgebiet niederzulassen! Darf ich fragen, wer du bist, Fremder, und was du hier willst!" Das Oberhaupt hatte sich demonstrativ, mit verschränkten Armen, im Rücken seines besten Freundes aufgebaut. Dieser wurde aus seinen Gedanken gerissen und fuhr wie ein Schneller Stachel herum.

„Wwwwooooooaaaaah, hast du sie noch alle, mein Herz ist grad stehen geblieben ..." Eret fasste sich an die Brust und keuchte, wie Fischbein, nach einem Rundlauf um die Insel. Hicks griente bloß zufrieden.

„Strafe muss sein!", ließ dieser gleich darauf verlauten und Ohnezahn blubberte erneut äußert vergnügt, um den Worten seines Reiters Nachdruck zu verleihen.

„Ihr habt vielleicht Nerven", der Hüne war kreidebleich und immer noch extrem kurzatmig.

„Du offensichtlich nicht", Hicks bekam das schadenfrohe Grinsen nicht aus seinem Gesicht, „und da du hier grad eh nur so rumsitzt und 'ne Stulle isst, musst du bestimmt nicht jetzt, gleich, sofort, irgendwo, überhaupt ganz plötzlich hin, und kannst dich kurz mit mir unterhalten."

Die Schadenfreude wich abrupt aus dem hübschen Gesicht, stattdessen wurde die Mimik des Chefs beinahe schon provokant herausfordernd.

Eret schluckte, denn er wusste, dass er tatsächlich nicht mehr fliehen konnte. Hicks hingegen setzte sich ein wenig irritiert, mit einigem Abstand zu Eret auf den Baumstamm, den dieser okkupierte und beobachtete seinen besten Freund. Eret rückte, trotz der Distanz zu Hicks, noch weiter von diesem ab, was augenblicklich mit einer schnippischen Bemerkung des rotbraunen Wuschelkopfs bedacht wurde.

„Bin ich giftig oder ansteckend?"

„Häh?", Eret sah ihn an, wie ein fremdartiges Wesen, dass eine andere Sprache spricht.

„Das war eine ernst gemeinte Frage. Du gehst mir aus dem Weg, siehst mir nicht in die Augen und verschwindest jedes Mal in Wechselflügler Manier. Und gerade bist du von mir weg gerückt. Also liegt diese Vermutung doch nahe."

„So ein Schwachsinn ...", kam die beiläufig klingende Antwort. Zumindest sollte sie beiläufig klingen, aber Eret war kein guter Schauspieler. In ihm breitete sich just eine unschöne Nervosität aus, während das Objekt seiner Begierde, welches nicht wissen sollte, dass es begehrt wurde, ihn mit hochgezogener Augenbraue und gerunzelter Stirn eindringlich ansah, natürlich wissend, dass was im Busch war. Schweißperlen bildeten sich am schwarzen Haaransatz und Eret war bereits wieder ein Wrack.

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