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19.12.

Nach und nach erlosch das Licht in den Schaufenstern und nach und nach leuchtete es durch die Vorhänge der umstehenden Wohnhäuser.
Von irgendwoher erfüllten die leisen Melodien kindlicher Weihnachtslieder die Straßen. Schneeflocken segelten sanft durch die Lüfte und verfingen sich in meinen Locken, wo sie langsam schmolzen.
Ich stapfte durch den Schnee, hörte ihn unter meinen Füßen knirschen. Es stand beste Chance auf eine weiße Weihnacht- die erste seit vielen Jahren.

Vorbei ging ich an den Geschäften, drehte die Schneekugel in meinen Händen.
Ich hatte sie für meine Cousine gekauft. Weil mir nichts anderes eingefallen war und der Verkäufer mir bereits stetig angedroht hatte, der Laden würde gleich schließen.

Jetzt fiel der falsche Schnee auf die Plastikhäuschen, wie der richtige es auch in der wahren Welt tat. Ich stellte mir vor, wie ein winziger Plastikmensch durch die winzigen Plastikstraßen seiner Wege ging, nicht bewusst, dass jene Wege nur bis hin zum Rand einer winzigen Glaskugel reichten. Er freute sich über die baldige Weihnacht und das damit verbundene Wiedersehen seiner Mutter. Seit er weggezogen war, trafen sie sich nur noch allzu selten. Er fand es schade, aber die Zeit und die Arbeit ließen es nunmal nicht anders zu.
Er hörte die Glocke der Kirche läuten und beeilte sich nach Hause zu kommen. Doch noch bevor er einen Fuß vor den Anderen setzen konnte, fiel sein Blick auf ein Mädchen, es saß nicht weit entfernt von ihm auf der Bank.
Ihre Haut war so blass und ihre Wangen so rosig, sie hätte eine Porzellanpuppe sein können. Das hellblonde Haar wehte, von kalten Brisen getrieben. Die Augen hatte sie zum Himmel gerichtet, alles hätte er für ihre Gedanken gegeben. Er kam näher und sie sah ihn an. Ihr Blick war erfüllt vom Singsang der Liebe, so laut, dass es ihm von seinem Standpunkt aus möglich war, jenen zarten Melodien zu lauschen.
,,Meine Elfe", flüsterte er, ging auf sie zu und benetzte die porzellanene Haut mit unzähligen seiner zärtlichen Küssen.
Er gab Liebe und er bekam sie. Er fühlte sich so vollkommen, wenn er mit ihr war, verlor sich darin, sie einfach zu beobachten.
Sie redeten über all ihre Sorgen und dachten, wie verstanden sie sich beim Anderen fühlten.
Sie liebten sich.


Doch es war einzig ein Traum, gefangen in einer Kugel aus Glas. Und so ging ich die Straße weiter bergab, mit nichts mehr als meinen Illusionen.

Das Mädchen aus Porzellan Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt