3.Auch Seals reden über Gefühle

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Jons Sicht:

Auf dem Weg zum Lagerraum kam in mir ein mulmiges Gefühl auf. Ja, ich habe Fehler gemacht die letzten Wochen, aber ich habe die Zeit wenigstens überstanden. Seit Bones Tod, habe ich es nicht geschafft darüber hinweg zu kommen. Es ist fast 6 Wochen her und fühlt sich noch immer an wie gestern. Er war mein Partner. Ja, Travis mag mein bester Freund sein, aber Bone und ich, wir waren wirklich Brüder, natürlich ohne Blutsverwandtschaft. Wir haben uns vertraut, alles erzählt und standen immer auf derselben Seite. Wir waren eben unzertrennlich und für mich ist er nun mal unersetzlich.
Jason scheint das alles ziemlich locker weg zu stecken, obwohl er unter seinem Kommando gestorben ist. Außerdem war er der erste unseres Teams, den wir je verloren haben. Auf der Beerdigung hat unser lieber Papa Bär nicht eine Träne vergossen.
Jason hat diesen Neuen angeschleppt, Tim. Der ist ein richtiger Lauch und leiden kann ihn eh Keiner. Er wird immer ein Lückenfüller bei Team 8 bleiben. Ich verstehe nicht wieso Jason mir nicht einfach Travis als Partner zugeteilt hat...

Als wir im Lagerraum angekommen sind, setzt Jason sich auf die Kiste mit den automatischen Waffen, statt sie herauszuholen. Er setzt sich einfach hin und schaut mich fragend an. Völlig verwirrt bleibe ich vor ihm stehen. Ein paar Augenblicke passiert nichts. Dann breche ich mit einem Seufzen die Stille.
"Ja Papa? Was willst du hören?"
Er schweigt mich einfach an. Sein Blick wirkt enttäuscht.
"Ich weiß, dass ich zum dritten Mal zu spät bin, tut mir doch leid."
Wieder kein Ton von seiner Seite.
"Was soll ich denn noch tun? Vor dir auf die Knie fallen und um Entschuldigung flehen?"
Er bleibt einfach still. Diese Stille wirkt sich auf mich ziemlich provozierend aus.
"Komm schon Papa, sag was."
Er schaut mir nun tief in die Augen und steht auf. Plötzlich umarmt er mich und drückt mich fest an sich.
"Simba, es tut mir wirklich leid." Sein Tonfall ist traurig, er klingt den Tränen nahe. Ich verstehe nicht, was im Moment passiert und bleibe versteinert stehen.
"Tut mir leid, dass ich Bone nicht beschützen konnte, dass wir ihn verloren haben. Ich weiß, dass es meine Schuld ist."
Ich raffs nicht mehr und kann einfach nichts dazu sagen.
Er löst die Umarmung auf und bleibt dicht vor mir stehen. Als ich ihm in die Augen blicke erkenne ich dort Tränen. In Jasons Augen? Ich weiß wirklich nicht was gerade geschieht.
"Weißt du Simba, ich verstehe, dass du dich verarscht fühlst und versucht deinen Schmerz in Alkohol oder Frauen zu ertränken. Ich bin der Letzte der dich davon abhalten will, aber ich mach mir Sorgen um dich."
Langsam erkenne ich worauf er hinaus will. Ich bin ihm wichtig. Er sorgt sich doch um mich. Jason war für mich seit Beginn der Ausbildung wie ein Vater-Ersatz. In den letzten Wochen hatte er mir kaum geholfen, aber jetzt erkenne ich, dass er doch möchte, dass ich mein Leben wieder in den Griff bekomme.
"Ich will dir helfen Simba, aber ich muss mich auf dich verlassen können. Du musst pünktlich erscheinen oder wenigsten anrufen, und sagen, dass du dich verspätest."
"Mach ich in Zukunft versprochen."
Er grinst jetzt. "Du kannst ja doch noch sprechen." Ein lautes Lachen kommt aus seinem Mund.
"Simba, ich weiß es ist schwierig für dich, aber wir sind Alle immer für dich da. Wenn du reden willst ruf an, egal wann, zu welcher Uhrzeit oder wo. Ich bin da für dich."
Jetzt umarme ich ihn. Diese Worte sind wirklich beruhigend.
"Danke Papa, tut mir leid, dass ich so ein Arsch zurzeit bin."
"Schon okay, ich verzeih dir."
Er drückt mich und ich fühle Tränen in meinen Augen hochkommen. Es bedeutet mir viel, dass er mir versichert immer für mich da zu sein. Mit meiner Oma kann ich über die Arbeit nicht reden. Auch Tod oder Sex sind Themen, über die man mit seiner Großmutter nicht freiwillig sprechen will.
"Ich werde bestimmt darauf zurückkommen, auf dein Angebot zu reden meine ich."
"Das hoffe ich Simba."
Ich löse die Umarmung und streiche mir die Tränen aus dem Gesicht.
"Danke, dass du abseits der Anderen mit mir gesprochen hast."
Wieder höre ich Jasons lachen. "Denkst du wirklich ich will, dass die anderen sehen wie wir weinen? Das war unserer Moment, okay Junge? Den haben wir gebraucht."
Ich nicke dankend.
Jason beginnt nun Waffen aus der Kiste zu holen und sie in eine Tasche zu packen. Ich helfe ihm dabei und nehme ihm die Tasche ab. "Ich erzähl dir jetzt was, worüber ich die Anderen noch nicht informiert habe Jon."
Wechselt er von Simba zu Jon wirds ernst, aber erst bei Jonathan muss ich mir Sorgen machen. Fragend sehe ich ihn an. "Und das wäre?" Sein Blick wird nun wieder ernster. "Morgen Mittag fliegen wir nach Tschad. Dort hat sich eine kleine Terrorgruppe zusammengetan, die wir auslöschen sollen."
"Wieso sagst du mir das vor den Anderen."
"Es ist so Jon, ich kann dich nur mitnehmen, wenn du mit Tim zusammenarbeiten kannst."
Ich bin entsetzt. "Das ist nicht fair! Ich bin wichtig fürs Team, ihr braucht mich als Rücken-Deckung."
Auf Jasons Stirn breiten sich Falten aus. "Damit hast du recht, aber wir könnten es ohne Sniper hinbekommen. Ich will dein Leben nicht aufs Spiel setzten, also nehme ich dich nur mit, wenn du mir bis morgen bewiesen hast, dass du Tim vertraust und ihr zusammenarbeiten könnt."
Verarscht der mich jetzt? Ich soll ihm das bis morgen beweisen? Bitte, das bekomme ich hin. "Gut, das mach ich, lass mich mit ihm Schießen und weißt du was, ich lade ihn einfach ein nachher mit in die Bar zu kommen."
Jason schaut mich nun ungläubig an. "Wirklich Simba?"
"Natürlich Papa, das bekomm ich hin!" Wieder beginnt er zu Lachen. Sein Lachen ist ansteckend, also beginne auch ich zu lachen. "Da bin ich aber froh. Komm lass uns jetzt zurück gehen, die anderen wundern sich bestimmt wo wir so lange sind und liegen faul rum."
"Ja, dass denke ich auch. Wahrscheinlich denken sie, dass du mir richtig die Leviten liest."
"Das ist gut möglich." Jason nimmt eine der Taschen mit den Waffen und läuft los. Ich laufe ihm hinterher.

Am Strand angekommen fällt mir auf, dass Jason sich die Schuld für Bones Tod gegeben hat. Er war nicht schuld. Wir sind in einen Hinterhalt geraten und wurden als Geiseln genommen, nur ich und Bone. Sie wussten wo wir platziert sind, haben uns einfach geschnappt. Wie sie unseren Standort heraus gefundenen haben, wissen wir bis heute nicht, aber Jasons Schuld war es nicht. Sie haben uns damals vor sich Knien lassen und Jason erpresst er solle sich mit allen unseren Brüdern ergeben, als er meinte, dies sei nicht möglich haben sie Bone neben mir einfach in den Kopf geschossen. Es hätte auch mich treffen können. Hätte Jason die Lage nicht gerettet und mich befreit wäre ich mit Sicherheit auch draufgegangen.

"Du bist nicht an Bones Tod schuld Papa."
Er schweigt erst einen Moment, dann dreht er sich um und schaut mir tief in die Augen.
"Danke Simba, es bedeutet mir viel, dass du das so siehst."

SEALS - auch harte Kerle können liebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt