» Das schlimmste Ende «

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Prolog  

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 Er weinte- bei Gott, wie er weinte. Für das Mädchen, das niemals hätte existieren sollen.

„Es tut mir leid. Es tut mir so leid!"
Ihre Worte hallten durch den niedrigen Gang wie ein verzweifeltes Gebet. Zitternd hob sie den Arm und der erste Schuss fiel.
Nathaniel warf sich gegen die Scheibe. Die Hände flach auf das kalte Glas gepresst rief er ihren Namen. Sie durfte das nicht tun! Sie musste fliehen! Musste mit ihm laufen.

Noch ein Schuss schleuderte sie geradewegs auf ihn zu. Er duckte sich nicht einmal, seine eigenen Reflexe überlagert von dem überwältigenden Instinkt sie aufzufangen. Doch er konnte sie nicht erreichen. Sie hatte ihn fortgesperrt.
Ihr Leben für seines. Ein Handel, dem er nie zugestimmt hatte. In blindem Zorn rüttelte er am Rahmen, gleichgültig ob ihn jemanden bemerken würde. Er musste dort rein! Doch außer dem leisen Zittern der Scheibe tat sich nichts.

Der dritte Schuss ließ ihn die Überreste seiner letzten Mahlzeit hochwürgen. Der bittere Gestank füllte Mund und Nase, mischte sich mit dem metallenen Geruch ihres verteilten Blutes. Er musste zu ihr.
Hilflos sank er an der Wand herunter und starrte ihren Körper an. Starrte die Männer an, die nicht einmal ein Wort der Warnung hatten verlauten lassen. Sie eilten zu der anderen Leiche, nahmen Puls und Vitalzeichen.
Nathaniel hätte ihnen die Antwort auch so geben können.

Sie waren alle tot. Seine Freunde, seine Familie. Stückweise hatte man ihm alles genommen, wofür er stets gekämpft hatte.
‚Lauf und sieh nicht zurück'. Er hatte nicht auf sie gehört. Wie auch, wenn jedes Wort aus ihrem Mund eine bittersüße Lüge gewesen war. ‚Ich bin direkt hinter dir.'
Lügen, um ihn zu retten. Lügen für eine bessere Welt, die er mit niemandem teilen konnte.
Er rezitierte ihre Namen. Leise. Atemlos. Während er wartete.
„...Sterlin, Jeter, Viola."
Sie hatten ihm seine Schwester genommen.

Er wiederholte die Liste, bis andere Männer kamen und ihren Körper forttrugen. Bis die Luft in seinem Versteck schal wurde und er nichts weiter hatte, um darüber zu wachen. Er hatte sie im Stich gelassen.

In seinen Gedanken ging er durch, was sie ihm alles gesagt hatte. Was sie ihm gezeigt hatte. Ohne nachzudenken, zogen seine Finger ihren kleinen Ring aus seiner Tasche. Er wusste nicht, warum er ihn behalten hatte. Doch in seinem schimmernden Anblick formte sich neue Entschlossenheit, die ihn wieder auf die Füße trieb. Er wusste nicht wie, aber wusste, dass er es beenden musste.

Er würde sie alle retten. Jeden, der sein Leben für ihn gelassen hatte.

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"Voted und lernt die viel freundlichere, witzigere und charmante Protagonistin kennen!"- Queenie

"Das ist aber ein kurzer Prolog." - Ich weiß. Das sollte eigentlich auch eine Kurzgeschichte werden, die mir schrittweise ausgeartet ist :D

Der Firefly EffektWo Geschichten leben. Entdecke jetzt